Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.rung erreichte den höchsten Grad, als am 1V. Januar, am Tage Jordan benutzte seinen bald entscheidend gewordenen Einfluß Jordans Kampf für die Einführung der constitutionellen Grund¬ Die nach dem Urtheile der Höfe und besonders der absoluten rung erreichte den höchsten Grad, als am 1V. Januar, am Tage Jordan benutzte seinen bald entscheidend gewordenen Einfluß Jordans Kampf für die Einführung der constitutionellen Grund¬ Die nach dem Urtheile der Höfe und besonders der absoluten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271661"/> <p xml:id="ID_1073" prev="#ID_1072"> rung erreichte den höchsten Grad, als am 1V. Januar, am Tage<lb/> nach der Einführung der neuen Verfassung, die Gräfin Reichenbach,<lb/> die sich bisher noch nicht wieder ins Land gewagt hatte, auf dem<lb/> Schlosse Wilhelmshöhe anlangte. Die Gräfin sah sich genöthigt,<lb/> dem Sturme zu weichen und Verließ Cassel auf immer. Der Chur¬<lb/> fürst wartete nur noch den Schluß des Landtags ab, um sich sodann<lb/> zu ihr nach Hanau zu begeben, wo er allen Bitten der Kasseler<lb/> Bürgerschaft, daß er in ihre Mitte zurückkehren möchte, widerstand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1074"> Jordan benutzte seinen bald entscheidend gewordenen Einfluß<lb/> auf das Volk, zur Beruhigung der Gemüther, zur Verhinderung ro¬<lb/> her Ausbrüche, überhaupt zur Handhabung der Ruhe und Ordnung.<lb/> Zur Beschwichtigung des aufgeregten Volksgeistes, der Ungeduld und<lb/> der mißtrauischen Besorgnisse wählte er, wie er selbst erzählt, vor¬<lb/> zugsweise seine Erholungsstunden, die er an öffentlichen Orten unter<lb/> verschiedenen Standesklassen zuzubringen pflegte. Bei solchen Gele¬<lb/> genheiten wirkte er durch allgemein verständliche Gespräche mehr für<lb/> öffentliche Ruhe und Ordnung, als er es in seiner Eigenschaft als<lb/> Deputirter thun konnte, indem die Verhandlungen des constituiren><lb/> den Landtags geheim waren und daher kein Mittel darboten, auf<lb/> das Volk einzuwirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1075"> Jordans Kampf für die Einführung der constitutionellen Grund¬<lb/> sätze in die Verfassungsurkunde, seine Unbeugsamkeit, die Volksgunst,<lb/> die er sich erworben hatte, alles dies war nicht geeignet, ihm daS<lb/> Wohlgefallen der Regierung zu erwerben. Die reaktionäre Partei<lb/> bezeichnete ihn schon um dieser seiner Wirksamkeit und Stellung wil¬<lb/> len als einen Revolutionär, während die revolutionäre Partei ihn<lb/> in der That als ein Werkzeug für ihre Zwecke betrachtete.</p><lb/> <p xml:id="ID_1076" next="#ID_1077"> Die nach dem Urtheile der Höfe und besonders der absoluten<lb/> oder, wie man jetzt zu sagen pflegt, konservativen Partei, und natürlich auch<lb/> der deutschen Bundesversammlung zu freisinnigen constitutionellen<lb/> Grundsätze des neuen churhessischen Verfassungswerkes schrieb man<lb/> vorzugsweise auf seine Rechnung, und seine moralische Macht über<lb/> das Volk, obwohl sie weder durch Ränke oder Umtriebe erschlichen,<lb/> noch anders als zur Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und Ge¬<lb/> setzlichkeit gebraucht wurde, sah man mit bedenklichen Augen an, um<lb/> so mehr, als man sie auch bei den Regierungshandlungen, namens</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
rung erreichte den höchsten Grad, als am 1V. Januar, am Tage
nach der Einführung der neuen Verfassung, die Gräfin Reichenbach,
die sich bisher noch nicht wieder ins Land gewagt hatte, auf dem
Schlosse Wilhelmshöhe anlangte. Die Gräfin sah sich genöthigt,
dem Sturme zu weichen und Verließ Cassel auf immer. Der Chur¬
fürst wartete nur noch den Schluß des Landtags ab, um sich sodann
zu ihr nach Hanau zu begeben, wo er allen Bitten der Kasseler
Bürgerschaft, daß er in ihre Mitte zurückkehren möchte, widerstand.
Jordan benutzte seinen bald entscheidend gewordenen Einfluß
auf das Volk, zur Beruhigung der Gemüther, zur Verhinderung ro¬
her Ausbrüche, überhaupt zur Handhabung der Ruhe und Ordnung.
Zur Beschwichtigung des aufgeregten Volksgeistes, der Ungeduld und
der mißtrauischen Besorgnisse wählte er, wie er selbst erzählt, vor¬
zugsweise seine Erholungsstunden, die er an öffentlichen Orten unter
verschiedenen Standesklassen zuzubringen pflegte. Bei solchen Gele¬
genheiten wirkte er durch allgemein verständliche Gespräche mehr für
öffentliche Ruhe und Ordnung, als er es in seiner Eigenschaft als
Deputirter thun konnte, indem die Verhandlungen des constituiren>
den Landtags geheim waren und daher kein Mittel darboten, auf
das Volk einzuwirken.
Jordans Kampf für die Einführung der constitutionellen Grund¬
sätze in die Verfassungsurkunde, seine Unbeugsamkeit, die Volksgunst,
die er sich erworben hatte, alles dies war nicht geeignet, ihm daS
Wohlgefallen der Regierung zu erwerben. Die reaktionäre Partei
bezeichnete ihn schon um dieser seiner Wirksamkeit und Stellung wil¬
len als einen Revolutionär, während die revolutionäre Partei ihn
in der That als ein Werkzeug für ihre Zwecke betrachtete.
Die nach dem Urtheile der Höfe und besonders der absoluten
oder, wie man jetzt zu sagen pflegt, konservativen Partei, und natürlich auch
der deutschen Bundesversammlung zu freisinnigen constitutionellen
Grundsätze des neuen churhessischen Verfassungswerkes schrieb man
vorzugsweise auf seine Rechnung, und seine moralische Macht über
das Volk, obwohl sie weder durch Ränke oder Umtriebe erschlichen,
noch anders als zur Aufrechthaltung der Ruhe, Ordnung und Ge¬
setzlichkeit gebraucht wurde, sah man mit bedenklichen Augen an, um
so mehr, als man sie auch bei den Regierungshandlungen, namens
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