Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.fleißig in müßigen Stunden und ließ sich darin nicht stören,, selbst fleißig in müßigen Stunden und ließ sich darin nicht stören,, selbst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271601"/> <p xml:id="ID_937" prev="#ID_936" next="#ID_938"> fleißig in müßigen Stunden und ließ sich darin nicht stören,, selbst<lb/> als diese Unterhaltung zum Anlasse und Gegenstände anhaltenden<lb/> Zwistes mit seinem Vater geworden war, der sie ihm aus unbe¬<lb/> kanntem Grunde durchaus, aber vergebens, untersagen wollte. Die<lb/> Erfolglosigkeit des eigenen Verbotes einsehend, rief der Vater bei<lb/> der Gelegenheit, daß der Hilfövriester Franz Hirn aus Uräus bei<lb/> den einzelnen Familien zu Omes die österlichen Communionszettel<lb/> einsammelte, diesen zu Hilfe. Hirn, in der ganzen Umgegend wie<lb/> ein Heiliger geachtet, der aber auch wegen seines musterhaften Le¬<lb/> benswandels, besonders wegen des lobenswürdigen Gebrauches,<lb/> welchen er von seinem bedeutenden Vermögen zur Unterstützung der<lb/> Dürftigen machte, Achtung verdiente und von Jordan als ein kräftiger<lb/> Kämpfer gegen manchen Aberglauben gerühmt wird, theilte doch die bei<lb/> der Geistlichkeit vorherrschende Ansicht, daß das Tanzen Sünde sei und die<lb/> Spielleute ganz besonders der Fluch treffe, und ging daher auf die<lb/> Klagen, des Vaters über das Schwögeln, d. h. das Spielen auf<lb/> der Quer- oder Schwögelpfeife, bereitwillig ein. „Wie, du willst<lb/> dir die Hölle erschwögeln?" rief er dem am Tische sitzenden Syl¬<lb/> vester zu. Dieser an sich unscheinbare Vorfall ist sür diesen durch<lb/> den gewaltigen Eindruck, welchen er auf ihn machte, zum folgereichen<lb/> Ereignisse geworden. Die mit scharfem Blicke und in drohendem<lb/> Tone gesprochenen Worte durchführen ihn, seiner eigenen Versiche¬<lb/> rung gemäß, mit der vernichtenden Gewalt eines Blitzschlages und<lb/> haben sich seinem Gedächtnisse unauslöschbar eingeprägt. Der Name<lb/> der Hölle rief in ihm unwillkührlich die Vorstellung vom Gegen¬<lb/> theile, dem Himmel, hervor; all' sein Denken und Trachten war<lb/> von diesem Augenblicke auf das eine Ziel gerichtet, jener sicher zu<lb/> entfliehen und diesen unfehlbar zu erwerben; und aus, für immer<lb/> aus war es mit dem geliebten Spiele, welches er ohne Widerstreben<lb/> der Vorstellung zum Opfer brachte, welche von nun an sein ganzes<lb/> Gemüth erfüllte, einst unter dem großen Heere der Heiligen eben¬<lb/> falls mit einem Heiligenscheine zu glänzen. Alle Sonntage ging er<lb/> zu Beichte und Abendmahl, betete stets, wenn er allein war; in der<lb/> dunkeln Kammer, in finstern Wäldern, wo er am liebsten weilte,<lb/> warf er sich vor einem Bilde der der priesterlichen Lehre gemäß von<lb/> ihm über Alles verehrten, allvermvgenden Himmelskönigin, der Jung¬<lb/> frau Maria, nieder, welches er stets bei sich trug nebst einem Sea-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0340]
fleißig in müßigen Stunden und ließ sich darin nicht stören,, selbst
als diese Unterhaltung zum Anlasse und Gegenstände anhaltenden
Zwistes mit seinem Vater geworden war, der sie ihm aus unbe¬
kanntem Grunde durchaus, aber vergebens, untersagen wollte. Die
Erfolglosigkeit des eigenen Verbotes einsehend, rief der Vater bei
der Gelegenheit, daß der Hilfövriester Franz Hirn aus Uräus bei
den einzelnen Familien zu Omes die österlichen Communionszettel
einsammelte, diesen zu Hilfe. Hirn, in der ganzen Umgegend wie
ein Heiliger geachtet, der aber auch wegen seines musterhaften Le¬
benswandels, besonders wegen des lobenswürdigen Gebrauches,
welchen er von seinem bedeutenden Vermögen zur Unterstützung der
Dürftigen machte, Achtung verdiente und von Jordan als ein kräftiger
Kämpfer gegen manchen Aberglauben gerühmt wird, theilte doch die bei
der Geistlichkeit vorherrschende Ansicht, daß das Tanzen Sünde sei und die
Spielleute ganz besonders der Fluch treffe, und ging daher auf die
Klagen, des Vaters über das Schwögeln, d. h. das Spielen auf
der Quer- oder Schwögelpfeife, bereitwillig ein. „Wie, du willst
dir die Hölle erschwögeln?" rief er dem am Tische sitzenden Syl¬
vester zu. Dieser an sich unscheinbare Vorfall ist sür diesen durch
den gewaltigen Eindruck, welchen er auf ihn machte, zum folgereichen
Ereignisse geworden. Die mit scharfem Blicke und in drohendem
Tone gesprochenen Worte durchführen ihn, seiner eigenen Versiche¬
rung gemäß, mit der vernichtenden Gewalt eines Blitzschlages und
haben sich seinem Gedächtnisse unauslöschbar eingeprägt. Der Name
der Hölle rief in ihm unwillkührlich die Vorstellung vom Gegen¬
theile, dem Himmel, hervor; all' sein Denken und Trachten war
von diesem Augenblicke auf das eine Ziel gerichtet, jener sicher zu
entfliehen und diesen unfehlbar zu erwerben; und aus, für immer
aus war es mit dem geliebten Spiele, welches er ohne Widerstreben
der Vorstellung zum Opfer brachte, welche von nun an sein ganzes
Gemüth erfüllte, einst unter dem großen Heere der Heiligen eben¬
falls mit einem Heiligenscheine zu glänzen. Alle Sonntage ging er
zu Beichte und Abendmahl, betete stets, wenn er allein war; in der
dunkeln Kammer, in finstern Wäldern, wo er am liebsten weilte,
warf er sich vor einem Bilde der der priesterlichen Lehre gemäß von
ihm über Alles verehrten, allvermvgenden Himmelskönigin, der Jung¬
frau Maria, nieder, welches er stets bei sich trug nebst einem Sea-
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