Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.richtet werden, und wenn im eigenen Hause keine Arbeit war, ward Sein Vater, wie seine Mutter Maria, auch eine geborne Jor¬ Auch die sittliche Erziehung Jordans wurde trotz der Redlich- richtet werden, und wenn im eigenen Hause keine Arbeit war, ward Sein Vater, wie seine Mutter Maria, auch eine geborne Jor¬ Auch die sittliche Erziehung Jordans wurde trotz der Redlich- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0338" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271599"/> <p xml:id="ID_930" prev="#ID_929"> richtet werden, und wenn im eigenen Hause keine Arbeit war, ward<lb/> Sylvester, als er schon etwas größer war, bei fremden Leuten zum<lb/> Tagelohne als Drescher oder Flachsbrecher vermiethet. Bei aller<lb/> dieser harten Arbeit und Anstrengung setzte es nur knappe Kost und<lb/> magere Bissen. Indessen rühmt es Jordan selbst diesen an sich un¬<lb/> freundlichen Verhältnissen nach, daß ihm bei solcher Beschäftigung<lb/> keine Art von Arbeit fremd geblieben, und daß die harten Geschicke<lb/> seiner Jugend zur Erstarkung und Befestigung seiner Gesundheit bei¬<lb/> getragen, ihn vor körperlicher Schwäche bewahrt und seinem Körper<lb/> eine Zähigkeit gegeben haben, die allen äußern Beschwernissen Trotz<lb/> zu bieten im Stande war. Um schon als Knabe und in späterer<lb/> Zukunft dem Vater und den Seinigen zur Beihilfe und zur Stütze<lb/> zu dienen, ward er vom neunten Jahre an, gleich seinem ältesten<lb/> Bruder Aloys, zur Erlernung des väterlichen Handwerkes, als<lb/> Schuster, angehalten und hat dasselbe bis in sein dreizehntes Jahr<lb/> in Gemeinschaft mit Vater und Bruder betrieben und vollständig<lb/> ausgelernt.</p><lb/> <p xml:id="ID_931"> Sein Vater, wie seine Mutter Maria, auch eine geborne Jor¬<lb/> dan, aus dem Dorfe Oberfuß, beide schlichte und fromme Leute<lb/> ohne ave Bildung, konnten ihrem Sylvester nicht einmal zum Lesen<lb/> und Schreiben Anleitung geben, und die Schule in dem Pfarrdorf<lb/> Aram, zu welchem Omes gehört, war, abgesehen davon, daß sie<lb/> nur zur Winterzeit geöffnet war, so schlecht bestellt, daß Sylvester,<lb/> als er sie in seinem siebenten Jahre einen Winter hindurch besuchte,<lb/> es nicht einmal im Lesen zu einiger Fertigkeit brachte. Indessen ge¬<lb/> lang es ihm in dem folgenden Sommer durch Beihilfe der dürftigen<lb/> Ueberreste, welche bei seinem ältern Bruder Aloys aus dessen Schul¬<lb/> unterrichte haften geblieben waren, aber nur in der Fähigkeit zum<lb/> Buchstabiren und in der Kenntniß einzelner geschriebener Buchstaben<lb/> bestanden, so wie durch Unterstützung fremder Leute, die als Kun¬<lb/> den zu seinem Vater kamen, und durch eigene Anstrengung, fertig<lb/> lesen zu lernen. Auf gleiche Weise erlernt« er das Schreiben, indem<lb/> er sich von jenen Kundleuten seines Vaters Buchstaben vorschreiben<lb/> ließ und sich selbst durch Abschreiben von Stellen aus den Bü¬<lb/> chern übte, wozu er jedoch nur die Sonn- und Festtage und selten<lb/> einmal eine Stunde an Werktagen benutzen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_932" next="#ID_933"> Auch die sittliche Erziehung Jordans wurde trotz der Redlich-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0338]
richtet werden, und wenn im eigenen Hause keine Arbeit war, ward
Sylvester, als er schon etwas größer war, bei fremden Leuten zum
Tagelohne als Drescher oder Flachsbrecher vermiethet. Bei aller
dieser harten Arbeit und Anstrengung setzte es nur knappe Kost und
magere Bissen. Indessen rühmt es Jordan selbst diesen an sich un¬
freundlichen Verhältnissen nach, daß ihm bei solcher Beschäftigung
keine Art von Arbeit fremd geblieben, und daß die harten Geschicke
seiner Jugend zur Erstarkung und Befestigung seiner Gesundheit bei¬
getragen, ihn vor körperlicher Schwäche bewahrt und seinem Körper
eine Zähigkeit gegeben haben, die allen äußern Beschwernissen Trotz
zu bieten im Stande war. Um schon als Knabe und in späterer
Zukunft dem Vater und den Seinigen zur Beihilfe und zur Stütze
zu dienen, ward er vom neunten Jahre an, gleich seinem ältesten
Bruder Aloys, zur Erlernung des väterlichen Handwerkes, als
Schuster, angehalten und hat dasselbe bis in sein dreizehntes Jahr
in Gemeinschaft mit Vater und Bruder betrieben und vollständig
ausgelernt.
Sein Vater, wie seine Mutter Maria, auch eine geborne Jor¬
dan, aus dem Dorfe Oberfuß, beide schlichte und fromme Leute
ohne ave Bildung, konnten ihrem Sylvester nicht einmal zum Lesen
und Schreiben Anleitung geben, und die Schule in dem Pfarrdorf
Aram, zu welchem Omes gehört, war, abgesehen davon, daß sie
nur zur Winterzeit geöffnet war, so schlecht bestellt, daß Sylvester,
als er sie in seinem siebenten Jahre einen Winter hindurch besuchte,
es nicht einmal im Lesen zu einiger Fertigkeit brachte. Indessen ge¬
lang es ihm in dem folgenden Sommer durch Beihilfe der dürftigen
Ueberreste, welche bei seinem ältern Bruder Aloys aus dessen Schul¬
unterrichte haften geblieben waren, aber nur in der Fähigkeit zum
Buchstabiren und in der Kenntniß einzelner geschriebener Buchstaben
bestanden, so wie durch Unterstützung fremder Leute, die als Kun¬
den zu seinem Vater kamen, und durch eigene Anstrengung, fertig
lesen zu lernen. Auf gleiche Weise erlernt« er das Schreiben, indem
er sich von jenen Kundleuten seines Vaters Buchstaben vorschreiben
ließ und sich selbst durch Abschreiben von Stellen aus den Bü¬
chern übte, wozu er jedoch nur die Sonn- und Festtage und selten
einmal eine Stunde an Werktagen benutzen konnte.
Auch die sittliche Erziehung Jordans wurde trotz der Redlich-
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