Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.V. N o t i z e u. Ein Quatuor in Cmoll. -- Abdelkader's 2000 Pferde. -- Hannöversche Steck¬ briefe. -- Französische Ehrlichkeit. -- "Aus der Kanzlei in Oesterreich." -- Kalisch's "Buch der Starrheit." -- Jüngst, meldeten die Zeitungen, kamen in Genua, der Va¬ -- Die französischen Bulletins aus Algier können sich zwar -- Unlängst wurde ein lustreisender Engländer in der Nähe von V. N o t i z e u. Ein Quatuor in Cmoll. — Abdelkader's 2000 Pferde. — Hannöversche Steck¬ briefe. — Französische Ehrlichkeit. — „Aus der Kanzlei in Oesterreich." — Kalisch's „Buch der Starrheit." — Jüngst, meldeten die Zeitungen, kamen in Genua, der Va¬ — Die französischen Bulletins aus Algier können sich zwar — Unlängst wurde ein lustreisender Engländer in der Nähe von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271551"/> </div> <div n="2"> <head> V.<lb/> N o t i z e u.</head><lb/> <note type="argument"> Ein Quatuor in Cmoll. — Abdelkader's 2000 Pferde. — Hannöversche Steck¬<lb/> briefe. — Französische Ehrlichkeit. — „Aus der Kanzlei in Oesterreich." —<lb/> Kalisch's „Buch der Starrheit."</note><lb/> <p xml:id="ID_826"> — Jüngst, meldeten die Zeitungen, kamen in Genua, der Va¬<lb/> terstadt Fiesko's, zufallig vier hohe Häupter zusammen: Nicolaus,<lb/> Kaiser von Nußland; der König von Sardinien, der den Schweizer<lb/> Jesuitenfeinden so bereitwillig seine Gefängnisse öffnet; und die beiden<lb/> abgebrannten Majestäten, Don Miguel und Don Carlos. Um die<lb/> Gesellschaft ganz gemüthlich zu machen, fehlte nur noch Einer im<lb/> Bunde: der Herzog von Modena.</p><lb/> <p xml:id="ID_827"> — Die französischen Bulletins aus Algier können sich zwar<lb/> nicht mit den kaukasischen Armeeberichten messen, die in Se. Peters¬<lb/> burg nach jedem Feldzug veröffentlicht werden, aber eine kleine Fa¬<lb/> milienähnlichkeit eristirt doch zwischen den Erfolgen Rußlands und<lb/> Frankreichs. Die russischen Bulletins melden jeden Herbst, wie der<lb/> Kaukasus nun nicht länger werde widerstehen können, wie Schaun<lb/> Bey fast gefangen worden wäre und die „rebellischen" Tscherkessen bis<lb/> zum nächsten Frühling gewiß zu Kreuze kriechen müßten. Und im<lb/> nächsten Frühling, da man das Lied nicht weiter kann, fängt man's<lb/> wieder von vorne an. Eben so meldet die Pariser Tuba nach jeder<lb/> Campagne, daß Jugurtha-Avdelkader einsam und verlassen in den af¬<lb/> rikanischen Wüsten irre, ohne Vasallen, ohne Armee, ohne Obdach,<lb/> mit „höchstens" 2VW Pferden! Ein würdiger Gegenstand für die<lb/> lugubre Balladenharfe Victor Hugo's. In der nächsten Campagne<lb/> wird man auch diese 20l10 Pferde und Abdclkader selber fangen, in¬<lb/> dem man ihm Salz auf den Schwanz seines Rosses streuen wird.<lb/> Aber, seltsam, diese 2000 Pferde sind gar nicht umzubringen, es<lb/> müssen Heckepferde sein, denn in. jeder neuen Campagne kommt<lb/> Abdelkader wieder mit „höchstens 200V Pferden" davon. Dies er¬<lb/> innert uns an eine Geschichte aus der seligen Zopfzeit des siebenjäh¬<lb/> rigen Krieges. Die Oesterreicher meldeten nämlich nach jeder gewon¬<lb/> nenen oder Verlornen Schlacht, sie hätten Einen Todten, zwei Ver¬<lb/> wundete in. Darauf meldete das erste offizielle Journal, welches da¬<lb/> mals in Preußen und überhaupt in Deutschland existirte, bei Ge¬<lb/> legenheit eines Armeeberichts, die Anzahl der Todten und Verwun¬<lb/> deten auf preußischer Seite mit dem Postscript: Die Oesterreicher<lb/> haben wieder den bewußten Einen Mann verloren. — Das damalige<lb/> Regierungsblatt in Berlin hatte keine so würdige Haltung wie die<lb/> Preußische Staatszeitung, der es bei fünf Thaler Strafe verboten<lb/> sein soll, einen Witz zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_828" next="#ID_829"> — Unlängst wurde ein lustreisender Engländer in der Nähe von</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0290]
V.
N o t i z e u.
Ein Quatuor in Cmoll. — Abdelkader's 2000 Pferde. — Hannöversche Steck¬
briefe. — Französische Ehrlichkeit. — „Aus der Kanzlei in Oesterreich." —
Kalisch's „Buch der Starrheit."
— Jüngst, meldeten die Zeitungen, kamen in Genua, der Va¬
terstadt Fiesko's, zufallig vier hohe Häupter zusammen: Nicolaus,
Kaiser von Nußland; der König von Sardinien, der den Schweizer
Jesuitenfeinden so bereitwillig seine Gefängnisse öffnet; und die beiden
abgebrannten Majestäten, Don Miguel und Don Carlos. Um die
Gesellschaft ganz gemüthlich zu machen, fehlte nur noch Einer im
Bunde: der Herzog von Modena.
— Die französischen Bulletins aus Algier können sich zwar
nicht mit den kaukasischen Armeeberichten messen, die in Se. Peters¬
burg nach jedem Feldzug veröffentlicht werden, aber eine kleine Fa¬
milienähnlichkeit eristirt doch zwischen den Erfolgen Rußlands und
Frankreichs. Die russischen Bulletins melden jeden Herbst, wie der
Kaukasus nun nicht länger werde widerstehen können, wie Schaun
Bey fast gefangen worden wäre und die „rebellischen" Tscherkessen bis
zum nächsten Frühling gewiß zu Kreuze kriechen müßten. Und im
nächsten Frühling, da man das Lied nicht weiter kann, fängt man's
wieder von vorne an. Eben so meldet die Pariser Tuba nach jeder
Campagne, daß Jugurtha-Avdelkader einsam und verlassen in den af¬
rikanischen Wüsten irre, ohne Vasallen, ohne Armee, ohne Obdach,
mit „höchstens" 2VW Pferden! Ein würdiger Gegenstand für die
lugubre Balladenharfe Victor Hugo's. In der nächsten Campagne
wird man auch diese 20l10 Pferde und Abdclkader selber fangen, in¬
dem man ihm Salz auf den Schwanz seines Rosses streuen wird.
Aber, seltsam, diese 2000 Pferde sind gar nicht umzubringen, es
müssen Heckepferde sein, denn in. jeder neuen Campagne kommt
Abdelkader wieder mit „höchstens 200V Pferden" davon. Dies er¬
innert uns an eine Geschichte aus der seligen Zopfzeit des siebenjäh¬
rigen Krieges. Die Oesterreicher meldeten nämlich nach jeder gewon¬
nenen oder Verlornen Schlacht, sie hätten Einen Todten, zwei Ver¬
wundete in. Darauf meldete das erste offizielle Journal, welches da¬
mals in Preußen und überhaupt in Deutschland existirte, bei Ge¬
legenheit eines Armeeberichts, die Anzahl der Todten und Verwun¬
deten auf preußischer Seite mit dem Postscript: Die Oesterreicher
haben wieder den bewußten Einen Mann verloren. — Das damalige
Regierungsblatt in Berlin hatte keine so würdige Haltung wie die
Preußische Staatszeitung, der es bei fünf Thaler Strafe verboten
sein soll, einen Witz zu machen.
— Unlängst wurde ein lustreisender Engländer in der Nähe von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |