Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

brave Frau, und es thut mir leid um die arme" Kinder, die solch
eine Mutter verlieren mußten."

"Ja, Gott verzeih' ihr. Sie hat den dummen Streich, daß sie
einen Büchermacher geheirathet, schwer genug gebüßt! Was aber
die Kinder betrifft, nun, so ist eines ja schon versorgt, und die bei¬
den andern werden wohl auch noch unterkommen."

"Ja, das älteste hat der Schuhmacher im Keller dort zu sich
genommen, die andern sind inS Waisenhaus gebracht worden."

"Das hat lange genug gedauert. Der Magistrat wollte nichts
davon wissen, weil der Mann ein hergelaufener Mensch war, und
bei ihm zu Hause wollten sie auch nichts damit zu thun haben.
Also jetzt sind sie doch hier im Waisenhause/'

"Ja, die Stadt hat zuletzt für Alles aufkommen müssen, auch
für das Begräbniß der Frau. Nun, Gott hab' sie selig!"

So war es. Die Kinder im Waisenhaus und in fremder
Pflege, die Mutter auf öffentliche Kosten begraben, und der Vater
-- gute Nacht!

Das ist so eine Geschichte aus der deutschen Heimath.


Ernst Dronte.


brave Frau, und es thut mir leid um die arme» Kinder, die solch
eine Mutter verlieren mußten."

„Ja, Gott verzeih' ihr. Sie hat den dummen Streich, daß sie
einen Büchermacher geheirathet, schwer genug gebüßt! Was aber
die Kinder betrifft, nun, so ist eines ja schon versorgt, und die bei¬
den andern werden wohl auch noch unterkommen."

„Ja, das älteste hat der Schuhmacher im Keller dort zu sich
genommen, die andern sind inS Waisenhaus gebracht worden."

„Das hat lange genug gedauert. Der Magistrat wollte nichts
davon wissen, weil der Mann ein hergelaufener Mensch war, und
bei ihm zu Hause wollten sie auch nichts damit zu thun haben.
Also jetzt sind sie doch hier im Waisenhause/'

„Ja, die Stadt hat zuletzt für Alles aufkommen müssen, auch
für das Begräbniß der Frau. Nun, Gott hab' sie selig!"

So war es. Die Kinder im Waisenhaus und in fremder
Pflege, die Mutter auf öffentliche Kosten begraben, und der Vater
— gute Nacht!

Das ist so eine Geschichte aus der deutschen Heimath.


Ernst Dronte.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271487"/>
          <p xml:id="ID_634" prev="#ID_633"> brave Frau, und es thut mir leid um die arme» Kinder, die solch<lb/>
eine Mutter verlieren mußten."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_635"> &#x201E;Ja, Gott verzeih' ihr. Sie hat den dummen Streich, daß sie<lb/>
einen Büchermacher geheirathet, schwer genug gebüßt! Was aber<lb/>
die Kinder betrifft, nun, so ist eines ja schon versorgt, und die bei¬<lb/>
den andern werden wohl auch noch unterkommen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_636"> &#x201E;Ja, das älteste hat der Schuhmacher im Keller dort zu sich<lb/>
genommen, die andern sind inS Waisenhaus gebracht worden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_637"> &#x201E;Das hat lange genug gedauert. Der Magistrat wollte nichts<lb/>
davon wissen, weil der Mann ein hergelaufener Mensch war, und<lb/>
bei ihm zu Hause wollten sie auch nichts damit zu thun haben.<lb/>
Also jetzt sind sie doch hier im Waisenhause/'</p><lb/>
          <p xml:id="ID_638"> &#x201E;Ja, die Stadt hat zuletzt für Alles aufkommen müssen, auch<lb/>
für das Begräbniß der Frau.  Nun, Gott hab' sie selig!"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_639"> So war es. Die Kinder im Waisenhaus und in fremder<lb/>
Pflege, die Mutter auf öffentliche Kosten begraben, und der Vater<lb/>
&#x2014; gute Nacht!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_640"> Das ist so eine Geschichte aus der deutschen Heimath.</p><lb/>
          <note type="byline"> Ernst Dronte.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0226] brave Frau, und es thut mir leid um die arme» Kinder, die solch eine Mutter verlieren mußten." „Ja, Gott verzeih' ihr. Sie hat den dummen Streich, daß sie einen Büchermacher geheirathet, schwer genug gebüßt! Was aber die Kinder betrifft, nun, so ist eines ja schon versorgt, und die bei¬ den andern werden wohl auch noch unterkommen." „Ja, das älteste hat der Schuhmacher im Keller dort zu sich genommen, die andern sind inS Waisenhaus gebracht worden." „Das hat lange genug gedauert. Der Magistrat wollte nichts davon wissen, weil der Mann ein hergelaufener Mensch war, und bei ihm zu Hause wollten sie auch nichts damit zu thun haben. Also jetzt sind sie doch hier im Waisenhause/' „Ja, die Stadt hat zuletzt für Alles aufkommen müssen, auch für das Begräbniß der Frau. Nun, Gott hab' sie selig!" So war es. Die Kinder im Waisenhaus und in fremder Pflege, die Mutter auf öffentliche Kosten begraben, und der Vater — gute Nacht! Das ist so eine Geschichte aus der deutschen Heimath. Ernst Dronte.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/226
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/226>, abgerufen am 05.02.2025.