Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

gemacht; ein Reisehandbuch von Italien gekauft und gierig ver¬
schlungen; die römischen Klassiker wurden nochmals durchflogen, und,
rin einem Plane Roms in der Hand, jeder Ueberrest der alten
Herrscherstabe genau bezeichnet, auf deren Trümmern ich erst recht
klassisch werden wollte. Mit der köstlichen Satyre des Horaz: "IIi-un
doree ol-t s-lar-t etc." sollte vom Capitol herab der Anfang gemacht
werden. Die Abbildungen eines pomphaften päpstlichen Aufzuges
und der kolossalen "K 8. ?ietro, welche ich schon als Kind
von meinem Vater erhalten, wurden aus einer alten Kiste hervor¬
gesucht und in meinem Stübchen aufgestellt. Ueber all' der Herr¬
lichkeit fand ich gar keine Zeit, meinen künftigen Beruf zu erwägen.
Selbst eine von Rom mir zugesendete "1ni'c"-mi"dio j>ro ".clmitteiKlis
inter Alumne" (^ullo^it <^vu"!t"i<!i et DuKili-lei <Jo lui'l":", welche
mir der Lieutenant nur gegen das Versprechen, sie Niemandem zu
zeigen, eingehändigt, machte mir keine langen Scrupel. Ein nicht
so argloser und mehr erfahrner Jüngling hätte vor den hier vorge¬
legten klauselvollen Fragen gestutzt. Mit mir wußte sie der Lieute¬
nant schnell ins Reine zu bringen. Wir setzten die Antworten neben
die lithographirte Inloi-nati", ich unterschrieb, und das Eremplar
wanderte zur vollkommnen, allseitigen Zufriedenheit retour.*) Der
Enthusiasmus meiner guten Eltern und Verwandten, die in meinem
Entschlüsse schon den ersten Schritt zur künftigen Heiligkeit sahen,
war am wenigsten geeignet, mich abzuschrecken von einem Gang, der,
trotz meines aufrichtigen Katholicismus und meines Feuereifers zu
einem höchst lächerlichen oder sehr kläglichen Ziele führen mußte, je
nachdem meine noch schlummernden Eigenschaften zu früh oder zu
spät erwachten! Mir fehlte der hellsehende, erfahrne Freund, den



) Hier lasse ich einige Fragen dieser Intorm-uio wörtlich folgen:
vo' minuni-^luinnoium v>vo "t col^oris ente", etsi nobilis, uti veut,
(nämlich der eintretende Zögling) et reli^"^ collegii institut-t juxta ""^--rio-
rum interprtitalionkm "erv-er" ?- Quoll juraie ,>-"rat"s sit, se, ni>j>vint<i stmliorum cursu non in .ritu",
nec a<I i"ris oivilis seu.Jia, shal in pstriam "<! skluwm animarum i>rov>i-
i^n<l!"n> edi-un ante ce>i,8titulum seu-Ili" oiiiin-tiinin terminum rväitnrum,
it" ^nimaruin S!rlnti eoixluokrv, ut xiro collegii vominoclo Su^srioridus
viclkiUur exue<Iirv? Qucxl savsr<Iotio midi"ri, eum Snpsrioribu" "et voi gloriam ol"um
kuvrit, i<Iqus juramknto poUivgr" veut? Die Auslegung der Klauseln folgt später.

gemacht; ein Reisehandbuch von Italien gekauft und gierig ver¬
schlungen; die römischen Klassiker wurden nochmals durchflogen, und,
rin einem Plane Roms in der Hand, jeder Ueberrest der alten
Herrscherstabe genau bezeichnet, auf deren Trümmern ich erst recht
klassisch werden wollte. Mit der köstlichen Satyre des Horaz: „IIi-un
doree ol-t s-lar-t etc." sollte vom Capitol herab der Anfang gemacht
werden. Die Abbildungen eines pomphaften päpstlichen Aufzuges
und der kolossalen «K 8. ?ietro, welche ich schon als Kind
von meinem Vater erhalten, wurden aus einer alten Kiste hervor¬
gesucht und in meinem Stübchen aufgestellt. Ueber all' der Herr¬
lichkeit fand ich gar keine Zeit, meinen künftigen Beruf zu erwägen.
Selbst eine von Rom mir zugesendete „1ni'c»-mi»dio j>ro «.clmitteiKlis
inter Alumne« (^ullo^it <^vu»!t»i<!i et DuKili-lei <Jo lui'l»:", welche
mir der Lieutenant nur gegen das Versprechen, sie Niemandem zu
zeigen, eingehändigt, machte mir keine langen Scrupel. Ein nicht
so argloser und mehr erfahrner Jüngling hätte vor den hier vorge¬
legten klauselvollen Fragen gestutzt. Mit mir wußte sie der Lieute¬
nant schnell ins Reine zu bringen. Wir setzten die Antworten neben
die lithographirte Inloi-nati», ich unterschrieb, und das Eremplar
wanderte zur vollkommnen, allseitigen Zufriedenheit retour.*) Der
Enthusiasmus meiner guten Eltern und Verwandten, die in meinem
Entschlüsse schon den ersten Schritt zur künftigen Heiligkeit sahen,
war am wenigsten geeignet, mich abzuschrecken von einem Gang, der,
trotz meines aufrichtigen Katholicismus und meines Feuereifers zu
einem höchst lächerlichen oder sehr kläglichen Ziele führen mußte, je
nachdem meine noch schlummernden Eigenschaften zu früh oder zu
spät erwachten! Mir fehlte der hellsehende, erfahrne Freund, den



) Hier lasse ich einige Fragen dieser Intorm-uio wörtlich folgen:
vo' minuni-^luinnoium v>vo «t col^oris ente», etsi nobilis, uti veut,
(nämlich der eintretende Zögling) et reli^»^ collegii institut-t juxta «»^--rio-
rum interprtitalionkm «erv-er« ?- Quoll juraie ,>-»rat»s sit, se, ni>j>vint<i stmliorum cursu non in .ritu«,
nec a<I i»ris oivilis seu.Jia, shal in pstriam »<! skluwm animarum i>rov>i-
i^n<l!»n> edi-un ante ce>i,8titulum seu-Ili» oiiiin-tiinin terminum rväitnrum,
it» ^nimaruin S!rlnti eoixluokrv, ut xiro collegii vominoclo Su^srioridus
viclkiUur exue<Iirv? Qucxl savsr<Iotio midi»ri, eum Snpsrioribu« »et voi gloriam ol«um
kuvrit, i<Iqus juramknto poUivgr« veut? Die Auslegung der Klauseln folgt später.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0157" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271418"/>
              <p xml:id="ID_376" prev="#ID_375"> gemacht; ein Reisehandbuch von Italien gekauft und gierig ver¬<lb/>
schlungen; die römischen Klassiker wurden nochmals durchflogen, und,<lb/>
rin einem Plane Roms in der Hand, jeder Ueberrest der alten<lb/>
Herrscherstabe genau bezeichnet, auf deren Trümmern ich erst recht<lb/>
klassisch werden wollte. Mit der köstlichen Satyre des Horaz: &#x201E;IIi-un<lb/>
doree ol-t s-lar-t etc." sollte vom Capitol herab der Anfang gemacht<lb/>
werden. Die Abbildungen eines pomphaften päpstlichen Aufzuges<lb/>
und der kolossalen «K 8. ?ietro, welche ich schon als Kind<lb/>
von meinem Vater erhalten, wurden aus einer alten Kiste hervor¬<lb/>
gesucht und in meinem Stübchen aufgestellt. Ueber all' der Herr¬<lb/>
lichkeit fand ich gar keine Zeit, meinen künftigen Beruf zu erwägen.<lb/>
Selbst eine von Rom mir zugesendete &#x201E;1ni'c»-mi»dio j&gt;ro «.clmitteiKlis<lb/>
inter Alumne« (^ullo^it &lt;^vu»!t»i&lt;!i et DuKili-lei &lt;Jo lui'l»:", welche<lb/>
mir der Lieutenant nur gegen das Versprechen, sie Niemandem zu<lb/>
zeigen, eingehändigt, machte mir keine langen Scrupel. Ein nicht<lb/>
so argloser und mehr erfahrner Jüngling hätte vor den hier vorge¬<lb/>
legten klauselvollen Fragen gestutzt. Mit mir wußte sie der Lieute¬<lb/>
nant schnell ins Reine zu bringen. Wir setzten die Antworten neben<lb/>
die lithographirte Inloi-nati», ich unterschrieb, und das Eremplar<lb/>
wanderte zur vollkommnen, allseitigen Zufriedenheit retour.*) Der<lb/>
Enthusiasmus meiner guten Eltern und Verwandten, die in meinem<lb/>
Entschlüsse schon den ersten Schritt zur künftigen Heiligkeit sahen,<lb/>
war am wenigsten geeignet, mich abzuschrecken von einem Gang, der,<lb/>
trotz meines aufrichtigen Katholicismus und meines Feuereifers zu<lb/>
einem höchst lächerlichen oder sehr kläglichen Ziele führen mußte, je<lb/>
nachdem meine noch schlummernden Eigenschaften zu früh oder zu<lb/>
spät erwachten! Mir fehlte der hellsehende, erfahrne Freund, den</p><lb/>
              <note xml:id="FID_15" place="foot">
                <p xml:id="ID_377"> ) Hier lasse ich einige Fragen dieser Intorm-uio wörtlich folgen:<lb/>
vo'</p>
                <p xml:id="ID_378"> minuni-^luinnoium v&gt;vo «t col^oris ente», etsi nobilis, uti veut,<lb/>
(nämlich der eintretende Zögling) et reli^»^ collegii institut-t juxta «»^--rio-<lb/>
rum interprtitalionkm «erv-er« ?-</p>
                <p xml:id="ID_379"> Quoll juraie ,&gt;-»rat»s sit, se, ni&gt;j&gt;vint&lt;i stmliorum cursu non in .ritu«,<lb/>
nec a&lt;I i»ris oivilis seu.Jia, shal in pstriam »&lt;! skluwm animarum i&gt;rov&gt;i-<lb/>
i^n&lt;l!»n&gt; edi-un ante ce&gt;i,8titulum seu-Ili» oiiiin-tiinin terminum rväitnrum,<lb/>
it» ^nimaruin S!rlnti eoixluokrv, ut xiro collegii vominoclo Su^srioridus<lb/>
viclkiUur exue&lt;Iirv?</p>
                <p xml:id="ID_380"> Qucxl savsr&lt;Iotio midi»ri, eum Snpsrioribu« »et voi gloriam ol«um<lb/>
kuvrit, i&lt;Iqus juramknto poUivgr« veut?</p>
                <p xml:id="ID_381" next="#ID_382"> Die Auslegung der Klauseln folgt später.</p>
              </note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0157] gemacht; ein Reisehandbuch von Italien gekauft und gierig ver¬ schlungen; die römischen Klassiker wurden nochmals durchflogen, und, rin einem Plane Roms in der Hand, jeder Ueberrest der alten Herrscherstabe genau bezeichnet, auf deren Trümmern ich erst recht klassisch werden wollte. Mit der köstlichen Satyre des Horaz: „IIi-un doree ol-t s-lar-t etc." sollte vom Capitol herab der Anfang gemacht werden. Die Abbildungen eines pomphaften päpstlichen Aufzuges und der kolossalen «K 8. ?ietro, welche ich schon als Kind von meinem Vater erhalten, wurden aus einer alten Kiste hervor¬ gesucht und in meinem Stübchen aufgestellt. Ueber all' der Herr¬ lichkeit fand ich gar keine Zeit, meinen künftigen Beruf zu erwägen. Selbst eine von Rom mir zugesendete „1ni'c»-mi»dio j>ro «.clmitteiKlis inter Alumne« (^ullo^it <^vu»!t»i<!i et DuKili-lei <Jo lui'l»:", welche mir der Lieutenant nur gegen das Versprechen, sie Niemandem zu zeigen, eingehändigt, machte mir keine langen Scrupel. Ein nicht so argloser und mehr erfahrner Jüngling hätte vor den hier vorge¬ legten klauselvollen Fragen gestutzt. Mit mir wußte sie der Lieute¬ nant schnell ins Reine zu bringen. Wir setzten die Antworten neben die lithographirte Inloi-nati», ich unterschrieb, und das Eremplar wanderte zur vollkommnen, allseitigen Zufriedenheit retour.*) Der Enthusiasmus meiner guten Eltern und Verwandten, die in meinem Entschlüsse schon den ersten Schritt zur künftigen Heiligkeit sahen, war am wenigsten geeignet, mich abzuschrecken von einem Gang, der, trotz meines aufrichtigen Katholicismus und meines Feuereifers zu einem höchst lächerlichen oder sehr kläglichen Ziele führen mußte, je nachdem meine noch schlummernden Eigenschaften zu früh oder zu spät erwachten! Mir fehlte der hellsehende, erfahrne Freund, den ) Hier lasse ich einige Fragen dieser Intorm-uio wörtlich folgen: vo' minuni-^luinnoium v>vo «t col^oris ente», etsi nobilis, uti veut, (nämlich der eintretende Zögling) et reli^»^ collegii institut-t juxta «»^--rio- rum interprtitalionkm «erv-er« ?- Quoll juraie ,>-»rat»s sit, se, ni>j>vint<i stmliorum cursu non in .ritu«, nec a<I i»ris oivilis seu.Jia, shal in pstriam »<! skluwm animarum i>rov>i- i^n<l!»n> edi-un ante ce>i,8titulum seu-Ili» oiiiin-tiinin terminum rväitnrum, it» ^nimaruin S!rlnti eoixluokrv, ut xiro collegii vominoclo Su^srioridus viclkiUur exue<Iirv? Qucxl savsr<Iotio midi»ri, eum Snpsrioribu« »et voi gloriam ol«um kuvrit, i<Iqus juramknto poUivgr« veut? Die Auslegung der Klauseln folgt später.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/157
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/157>, abgerufen am 05.02.2025.