Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.alter hat sich den Magen verdorben und schmeckt das Pikante des Dichter. Nun, machen Sie einen Vorschlag! Attache. Wie wäre es mit Thieren? . . . Director. Das ist Nichts, gar Nichts! Die Pferde ziehen Redacteur. Der Herr Director wird satyrisch und schweift Hofschauspielerin. Ich wüßte wohl ein Mittel, das gro¬ Redacteur. Ich begreife nicht, da wir hier einmal in Ge¬ Publicum (sich die Augen reibend.) Wovon war denn ei¬ Director. Von dem innern Wesen des modernen Schauspiels. Publicum (gähnend.) Ach, das ist mir ganz gleich! Wenn alter hat sich den Magen verdorben und schmeckt das Pikante des Dichter. Nun, machen Sie einen Vorschlag! Attache. Wie wäre es mit Thieren? . . . Director. Das ist Nichts, gar Nichts! Die Pferde ziehen Redacteur. Der Herr Director wird satyrisch und schweift Hofschauspielerin. Ich wüßte wohl ein Mittel, das gro¬ Redacteur. Ich begreife nicht, da wir hier einmal in Ge¬ Publicum (sich die Augen reibend.) Wovon war denn ei¬ Director. Von dem innern Wesen des modernen Schauspiels. Publicum (gähnend.) Ach, das ist mir ganz gleich! Wenn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0080" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269497"/> <p xml:id="ID_217" prev="#ID_216"> alter hat sich den Magen verdorben und schmeckt das Pikante des<lb/> Caviars nur noch heraus, wenn man ihm denselben pfundweise zu<lb/> essen gibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_218"> Dichter. Nun, machen Sie einen Vorschlag!</p><lb/> <p xml:id="ID_219"> Attache. Wie wäre es mit Thieren? . . .</p><lb/> <p xml:id="ID_220"> Director. Das ist Nichts, gar Nichts! Die Pferde ziehen<lb/> nicht und sog/.r die Löwen wollen nicht mehr packen. Als der Hund<lb/> aufs Theater und, wie man sagte, das Theater auf den Hund kam,<lb/> gab es doch noch volle Kassen. Aber jetzt!? Seit die Vereine gegen<lb/> Thierquälerei entstanden sind, darf man ja kaum einen Esel prügeln<lb/> lassen, während doch der Zweck des Lustspiels darin besteht, daß die<lb/> Esel geprügelt werden sollen. Neulich machte mir sogar solch ein<lb/> zartfühlender Verein die Mittheilung, es wäre offenbare Thierquäle¬<lb/> rei, wenn in der „Genoveva" die Hirschkuh das Kind säuqe, und<lb/> man müsse fortan das Hirschkalb durch Genoveva säugen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_221"> Redacteur. Der Herr Director wird satyrisch und schweift<lb/> vom Thema ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_222"> Hofschauspielerin. Ich wüßte wohl ein Mittel, das gro¬<lb/> ßen Erfolg verspricht. Was wollen die Dichter durch ihre Stücke<lb/> erzielen? . . . Den Beifall des Publicums. An welchen Stellen<lb/> wird nun dieser Beifall am lautesten gezollt? . . Doch wohl beim<lb/> Abgang der handelnden Personen. Ich schlage deshalb vor, ein<lb/> Stück zu schreiben, das nur aus Abgängen besteht.</p><lb/> <p xml:id="ID_223"> Redacteur. Ich begreife nicht, da wir hier einmal in Ge¬<lb/> genwart des Publicums zu ermitteln suchen, was unserer Bühne ei¬<lb/> gentlich Noth thut, warum befragen wir eS nicht selbst? (Er stößt<lb/> das Publicum an, daß es erwacht.) Wollen Sie nicht auch Ihre<lb/> eigene Ansicht laut werden lassen?</p><lb/> <p xml:id="ID_224"> Publicum (sich die Augen reibend.) Wovon war denn ei¬<lb/> gentlich die Rede?</p><lb/> <p xml:id="ID_225"> Director. Von dem innern Wesen des modernen Schauspiels.</p><lb/> <p xml:id="ID_226"> Publicum (gähnend.) Ach, das ist mir ganz gleich! Wenn<lb/> Regenwetter eintritt und ich am Abend nichts Besseres anzufangen<lb/> weiß, dann bezahle ich mein Entree und gehe.in'S Theater. Ich<lb/> finde dort kein Vergnügen, mache auch keine Ansprüche darauf, und<lb/> das Einzige, was ich fordere, ist, daß man mich mit allem Grübeln<lb/> verschonen soll (schläft wieder ein.)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
alter hat sich den Magen verdorben und schmeckt das Pikante des
Caviars nur noch heraus, wenn man ihm denselben pfundweise zu
essen gibt.
Dichter. Nun, machen Sie einen Vorschlag!
Attache. Wie wäre es mit Thieren? . . .
Director. Das ist Nichts, gar Nichts! Die Pferde ziehen
nicht und sog/.r die Löwen wollen nicht mehr packen. Als der Hund
aufs Theater und, wie man sagte, das Theater auf den Hund kam,
gab es doch noch volle Kassen. Aber jetzt!? Seit die Vereine gegen
Thierquälerei entstanden sind, darf man ja kaum einen Esel prügeln
lassen, während doch der Zweck des Lustspiels darin besteht, daß die
Esel geprügelt werden sollen. Neulich machte mir sogar solch ein
zartfühlender Verein die Mittheilung, es wäre offenbare Thierquäle¬
rei, wenn in der „Genoveva" die Hirschkuh das Kind säuqe, und
man müsse fortan das Hirschkalb durch Genoveva säugen lassen.
Redacteur. Der Herr Director wird satyrisch und schweift
vom Thema ab.
Hofschauspielerin. Ich wüßte wohl ein Mittel, das gro¬
ßen Erfolg verspricht. Was wollen die Dichter durch ihre Stücke
erzielen? . . . Den Beifall des Publicums. An welchen Stellen
wird nun dieser Beifall am lautesten gezollt? . . Doch wohl beim
Abgang der handelnden Personen. Ich schlage deshalb vor, ein
Stück zu schreiben, das nur aus Abgängen besteht.
Redacteur. Ich begreife nicht, da wir hier einmal in Ge¬
genwart des Publicums zu ermitteln suchen, was unserer Bühne ei¬
gentlich Noth thut, warum befragen wir eS nicht selbst? (Er stößt
das Publicum an, daß es erwacht.) Wollen Sie nicht auch Ihre
eigene Ansicht laut werden lassen?
Publicum (sich die Augen reibend.) Wovon war denn ei¬
gentlich die Rede?
Director. Von dem innern Wesen des modernen Schauspiels.
Publicum (gähnend.) Ach, das ist mir ganz gleich! Wenn
Regenwetter eintritt und ich am Abend nichts Besseres anzufangen
weiß, dann bezahle ich mein Entree und gehe.in'S Theater. Ich
finde dort kein Vergnügen, mache auch keine Ansprüche darauf, und
das Einzige, was ich fordere, ist, daß man mich mit allem Grübeln
verschonen soll (schläft wieder ein.)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |