Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.lesungen wechseln mit den "musikalisch-declamatorischen Abendunterhal¬ lesungen wechseln mit den „musikalisch-declamatorischen Abendunterhal¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0624" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270039"/> <p xml:id="ID_1754" prev="#ID_1753" next="#ID_1755"> lesungen wechseln mit den „musikalisch-declamatorischen Abendunterhal¬<lb/> tungen", welche die Herrn Faubel und Mittermaier, Mitglieder der<lb/> hiesigen Hofcapelle, ebenfalls im Saale des Museums veran¬<lb/> stalten, in der Art ab, daß die letzteren Mittwoch, die ersteren aber<lb/> Samstag Abends in jeder Woche der genannten Monate abgehalten<lb/> werden. Der Andrang unseres Publicums besonders zu den Vorle¬<lb/> sungen zeigt hinlänglich die Empfänglichkeit desselben für derartige gei¬<lb/> stige Genüsse. Den Cyclus der Vorlesungen eröffnete Professor S öl ri¬<lb/> nnt einem Vortrage über „Aesthetik, der biloenden und redenden Künste",<lb/> in welchem er als Prinzip derselben die Darstellung des Wahren<lb/> und Charakteristischen mit Unterordnung der Schönheit<lb/> durch erläuternde Beispiele gellend zu machen suchte. Er zeigte näm¬<lb/> lich, daß es nur die völlige Uebereinstimmung des Dargestellten mit<lb/> der den Künstler oder Dichter beseelenden Idee sei, worin der eigent¬<lb/> liche Reiz jedes wahren Kunst- oder Dichterwerkes sich offenbare. Mehr<lb/> Interesse erregte noch der Vertrag des Professors Schaffhäutl über<lb/> „antike Musik". Er ging aus die Entwicklung der Tonkunst ein,<lb/> .nach der Folge der Zeiten und Charaktere und erläuterte seinen Vor¬<lb/> trag durch eine Reihe von historischen und musikalischen Tonsätzen<lb/> unter Mitwirkung des Sängers Dr. Hadtinger und der Damen Dietz<lb/> und Hetzenecker. Er begann mit dem arabischen und hebräischen, ging<lb/> dann auf den römischen und griechischen, von da auf den französischen<lb/> und italienischen und endlich auf den modernen Tonsatz über. U>.<lb/> Aschenbrenner hielt einen Vortrag über „das Recht der Frauen,<lb/> mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verdienste um Natur- und Heil¬<lb/> kunde.,, Er begann mit der ägyptischen Isis, ging auf Circe und<lb/> Medea über, zeigte, daß auch in der Neuzeit besonders fürstliche Frauen<lb/> sich thätig in diesen Fächern erwiesen hätten, ging dann auf die Eman¬<lb/> cipationsfrage in Betreff der Frauen über, die jedoch mit einigen va¬<lb/> gen Phrasen beseitigt wurde. Endlich hörten wir Steub, be¬<lb/> kannt als Verfasser „der Bilder aus Griechenland" über „Volkssagen<lb/> in Baiern". Nachdem er den Begriff der Volkssage überhaupt erör¬<lb/> tert, ging er auf die zwei wichtigsten Sagen in Baiern über, anf die<lb/> von der Geburt Kaiser Karls in der Neismühle bei Gauting und<lb/> auf die vom Aufenthalte des Kaisers im Untersberge bei Reichen-<lb/> Hall. Der eigenthümliche Humor, mit dem Dr. Steub seine Vor¬<lb/> lesung zu würzen verstand, erregte die ungetheiltcste Heiterkeit. —<lb/> Mord und Raub nehmen seit kurzer Zeit bei uns auf eine schreckliche<lb/> Weise überHand. Es sind nicht weniger als fünf Mordthaten im<lb/> Laufe einiger Monate, theils hier, theils in der nächsten Umgebung<lb/> verübt worden. Wer unsere „Geheimnisse" zu schreiben verstände,<lb/> könnte Dinge enthüllen, die der Feder des französischen Romantikers<lb/> in keiner Weise unwürdig waren. Und solchen sprechenden Thatsachen<lb/> gegenüber wagt es ein S. in der „Allgemeinen" „aus Baiern" in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0624]
lesungen wechseln mit den „musikalisch-declamatorischen Abendunterhal¬
tungen", welche die Herrn Faubel und Mittermaier, Mitglieder der
hiesigen Hofcapelle, ebenfalls im Saale des Museums veran¬
stalten, in der Art ab, daß die letzteren Mittwoch, die ersteren aber
Samstag Abends in jeder Woche der genannten Monate abgehalten
werden. Der Andrang unseres Publicums besonders zu den Vorle¬
sungen zeigt hinlänglich die Empfänglichkeit desselben für derartige gei¬
stige Genüsse. Den Cyclus der Vorlesungen eröffnete Professor S öl ri¬
nnt einem Vortrage über „Aesthetik, der biloenden und redenden Künste",
in welchem er als Prinzip derselben die Darstellung des Wahren
und Charakteristischen mit Unterordnung der Schönheit
durch erläuternde Beispiele gellend zu machen suchte. Er zeigte näm¬
lich, daß es nur die völlige Uebereinstimmung des Dargestellten mit
der den Künstler oder Dichter beseelenden Idee sei, worin der eigent¬
liche Reiz jedes wahren Kunst- oder Dichterwerkes sich offenbare. Mehr
Interesse erregte noch der Vertrag des Professors Schaffhäutl über
„antike Musik". Er ging aus die Entwicklung der Tonkunst ein,
.nach der Folge der Zeiten und Charaktere und erläuterte seinen Vor¬
trag durch eine Reihe von historischen und musikalischen Tonsätzen
unter Mitwirkung des Sängers Dr. Hadtinger und der Damen Dietz
und Hetzenecker. Er begann mit dem arabischen und hebräischen, ging
dann auf den römischen und griechischen, von da auf den französischen
und italienischen und endlich auf den modernen Tonsatz über. U>.
Aschenbrenner hielt einen Vortrag über „das Recht der Frauen,
mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verdienste um Natur- und Heil¬
kunde.,, Er begann mit der ägyptischen Isis, ging auf Circe und
Medea über, zeigte, daß auch in der Neuzeit besonders fürstliche Frauen
sich thätig in diesen Fächern erwiesen hätten, ging dann auf die Eman¬
cipationsfrage in Betreff der Frauen über, die jedoch mit einigen va¬
gen Phrasen beseitigt wurde. Endlich hörten wir Steub, be¬
kannt als Verfasser „der Bilder aus Griechenland" über „Volkssagen
in Baiern". Nachdem er den Begriff der Volkssage überhaupt erör¬
tert, ging er auf die zwei wichtigsten Sagen in Baiern über, anf die
von der Geburt Kaiser Karls in der Neismühle bei Gauting und
auf die vom Aufenthalte des Kaisers im Untersberge bei Reichen-
Hall. Der eigenthümliche Humor, mit dem Dr. Steub seine Vor¬
lesung zu würzen verstand, erregte die ungetheiltcste Heiterkeit. —
Mord und Raub nehmen seit kurzer Zeit bei uns auf eine schreckliche
Weise überHand. Es sind nicht weniger als fünf Mordthaten im
Laufe einiger Monate, theils hier, theils in der nächsten Umgebung
verübt worden. Wer unsere „Geheimnisse" zu schreiben verstände,
könnte Dinge enthüllen, die der Feder des französischen Romantikers
in keiner Weise unwürdig waren. Und solchen sprechenden Thatsachen
gegenüber wagt es ein S. in der „Allgemeinen" „aus Baiern" in
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