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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Wohl schwammen Massen gieriger Alligatoren in dem warmen
stehenden Wasser des Sumpfes herum, scheu wichen sie aber vor den
sich ihnen nähernden Männern zurück. Nur einmal, als der Hund,
durch den ihn Tragender etwas gedrückt, winselte, wandten sich meh¬
rere der kühnsten und größten und folgten den Männern, die jedoch
bald das Ufer erreichten. Dort ließen sie den Hund wieder auf die
Erde und in wenigen Secunden hatte dieser auch die Fährte seines
Herrn auf's Neue gefunden, der er winselnd und am Seile zerrend
folgte. -- Sie brauchten nicht weit mehr zu suchen, kaum zweihun¬
dert Schritte vom Nande des Wassers, auf einem rungestürzten Stamm,
den Rücken an eine junge Erpresse gelehnt, halb in dem grauen we¬
henden Moos, das von den benachbarten Bäumen herabhing, ver¬
borgen, saß der Unglückliche und erwartete ruhig seine Verfolger.

Kaum erblickten ihn diese, als sie den Hund frei gaben, der
jauchzend auf seinen Herrn zu und an ihm hinaufsprang; der
Arme konnte ja nicht ahnen, daß er gerade durch feine Treue der
Verräther desselben geworden. Schlechter Dank und Gruß aber er¬
wartete ihn hier; mit dem linken Arm umfaßte Banizet, der schnell
ersah, auf welche Art seine Feinde ihn überholt hatten, das ihn lieb¬
kosende Thier und stieß ihm mit der rechten dreimal sein kurzes Messer
in's Herz. Zusammenzuckend winselte der arme Pluto in seines
Herrn Arm, leckte noch einmal die Hand, die ihm den Todesstoß
gegeben, und siel, als jener ihn freiließ, leblos und schwer zur Erde
nieder.

Das Messer blinkte jetzt auf's Neue in des Creolen Hand und
schon hob er es, sein eignes Herz damit zu treffen, feige Todesfurcht
aber senkte die Waffe und widerstandslos ließ er sich von den frühe¬
ren Freunden, seinen grimmigsten Feinden jetzt, ergreifen und binden.

Nehfer's Kugel war ihm durch den linken Oberschenkel gegangen
und vom Blutverlust erschöpft, hatte er nicht weiter gekonnt, doch die
Hoffnung gehegt, seine Verfolger durch den sumpfigen, mit Wasser
gefüllten Boden, der nur hier und da kennbare Spuren zurückließ,
zu täuschen. Gottes Hand lag aber auf ihm und sein treuster Freund
mußte das Mittel werden, das ihn den Händen der Gerechtigkeit über¬
lieferte. ,

Der Bruder der Ermordeten stimmte nun zwar dafür, ihn, um
weiter keine Umstände mit ihm zu haben, augenblicklich an Ort und


Grenzlwte" I"is. I. 70

Wohl schwammen Massen gieriger Alligatoren in dem warmen
stehenden Wasser des Sumpfes herum, scheu wichen sie aber vor den
sich ihnen nähernden Männern zurück. Nur einmal, als der Hund,
durch den ihn Tragender etwas gedrückt, winselte, wandten sich meh¬
rere der kühnsten und größten und folgten den Männern, die jedoch
bald das Ufer erreichten. Dort ließen sie den Hund wieder auf die
Erde und in wenigen Secunden hatte dieser auch die Fährte seines
Herrn auf's Neue gefunden, der er winselnd und am Seile zerrend
folgte. — Sie brauchten nicht weit mehr zu suchen, kaum zweihun¬
dert Schritte vom Nande des Wassers, auf einem rungestürzten Stamm,
den Rücken an eine junge Erpresse gelehnt, halb in dem grauen we¬
henden Moos, das von den benachbarten Bäumen herabhing, ver¬
borgen, saß der Unglückliche und erwartete ruhig seine Verfolger.

Kaum erblickten ihn diese, als sie den Hund frei gaben, der
jauchzend auf seinen Herrn zu und an ihm hinaufsprang; der
Arme konnte ja nicht ahnen, daß er gerade durch feine Treue der
Verräther desselben geworden. Schlechter Dank und Gruß aber er¬
wartete ihn hier; mit dem linken Arm umfaßte Banizet, der schnell
ersah, auf welche Art seine Feinde ihn überholt hatten, das ihn lieb¬
kosende Thier und stieß ihm mit der rechten dreimal sein kurzes Messer
in's Herz. Zusammenzuckend winselte der arme Pluto in seines
Herrn Arm, leckte noch einmal die Hand, die ihm den Todesstoß
gegeben, und siel, als jener ihn freiließ, leblos und schwer zur Erde
nieder.

Das Messer blinkte jetzt auf's Neue in des Creolen Hand und
schon hob er es, sein eignes Herz damit zu treffen, feige Todesfurcht
aber senkte die Waffe und widerstandslos ließ er sich von den frühe¬
ren Freunden, seinen grimmigsten Feinden jetzt, ergreifen und binden.

Nehfer's Kugel war ihm durch den linken Oberschenkel gegangen
und vom Blutverlust erschöpft, hatte er nicht weiter gekonnt, doch die
Hoffnung gehegt, seine Verfolger durch den sumpfigen, mit Wasser
gefüllten Boden, der nur hier und da kennbare Spuren zurückließ,
zu täuschen. Gottes Hand lag aber auf ihm und sein treuster Freund
mußte das Mittel werden, das ihn den Händen der Gerechtigkeit über¬
lieferte. ,

Der Bruder der Ermordeten stimmte nun zwar dafür, ihn, um
weiter keine Umstände mit ihm zu haben, augenblicklich an Ort und


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[0555] Wohl schwammen Massen gieriger Alligatoren in dem warmen stehenden Wasser des Sumpfes herum, scheu wichen sie aber vor den sich ihnen nähernden Männern zurück. Nur einmal, als der Hund, durch den ihn Tragender etwas gedrückt, winselte, wandten sich meh¬ rere der kühnsten und größten und folgten den Männern, die jedoch bald das Ufer erreichten. Dort ließen sie den Hund wieder auf die Erde und in wenigen Secunden hatte dieser auch die Fährte seines Herrn auf's Neue gefunden, der er winselnd und am Seile zerrend folgte. — Sie brauchten nicht weit mehr zu suchen, kaum zweihun¬ dert Schritte vom Nande des Wassers, auf einem rungestürzten Stamm, den Rücken an eine junge Erpresse gelehnt, halb in dem grauen we¬ henden Moos, das von den benachbarten Bäumen herabhing, ver¬ borgen, saß der Unglückliche und erwartete ruhig seine Verfolger. Kaum erblickten ihn diese, als sie den Hund frei gaben, der jauchzend auf seinen Herrn zu und an ihm hinaufsprang; der Arme konnte ja nicht ahnen, daß er gerade durch feine Treue der Verräther desselben geworden. Schlechter Dank und Gruß aber er¬ wartete ihn hier; mit dem linken Arm umfaßte Banizet, der schnell ersah, auf welche Art seine Feinde ihn überholt hatten, das ihn lieb¬ kosende Thier und stieß ihm mit der rechten dreimal sein kurzes Messer in's Herz. Zusammenzuckend winselte der arme Pluto in seines Herrn Arm, leckte noch einmal die Hand, die ihm den Todesstoß gegeben, und siel, als jener ihn freiließ, leblos und schwer zur Erde nieder. Das Messer blinkte jetzt auf's Neue in des Creolen Hand und schon hob er es, sein eignes Herz damit zu treffen, feige Todesfurcht aber senkte die Waffe und widerstandslos ließ er sich von den frühe¬ ren Freunden, seinen grimmigsten Feinden jetzt, ergreifen und binden. Nehfer's Kugel war ihm durch den linken Oberschenkel gegangen und vom Blutverlust erschöpft, hatte er nicht weiter gekonnt, doch die Hoffnung gehegt, seine Verfolger durch den sumpfigen, mit Wasser gefüllten Boden, der nur hier und da kennbare Spuren zurückließ, zu täuschen. Gottes Hand lag aber auf ihm und sein treuster Freund mußte das Mittel werden, das ihn den Händen der Gerechtigkeit über¬ lieferte. , Der Bruder der Ermordeten stimmte nun zwar dafür, ihn, um weiter keine Umstände mit ihm zu haben, augenblicklich an Ort und Grenzlwte» I«is. I. 70

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/555>, abgerufen am 23.07.2024.