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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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seinen Balladen und Liebesliedern viele gelungene, welche in weitem
Kreisen bekannt zu sein verdienten. Uebrigens ist Fried ein geborner
Nheinpfälzer.

Von dem schon genannten dramatischen Dichter Carl Weichsel-
baumer erschien inzwischen eine Reihe von Dichtungen, unter dem
Titel: "Ein deutsches Lied," worin sich keine provinziell baierische oder
von konfessionellen Sympathien und Antipathien bewegte, sondern eine
wahrhaft deutsche Gesinnung ausspricht, welche zu allem Guten er¬
mahnt, vor dem Erzfeind der Deutschen, dem Religions- und Stam-
meöhaß eindringlich warnt und innerhalb Deutschlands keinen Süden
und Norden, keinen Osten und Westen kennt. Selbst die zukünftige
deutsche Flotte entgeht des Dichters Blicken nicht; er betrachtet sie
als das beste Erlräftigungsmittel der Deutschen und den Ozean als
Vater der Freiheit und Heldenstärke.

Einen Zuwachs hat die Münchner Journalistik endlich durch
die "Fliegenden Blätter" von Braun und Schneider erhalten, eine
Art Charivari in Holzschnitten, oft von sehr glücklicher, satyrischer
Laune und dabei echt deutscher Gemüthlichkeit und Schalkhaftigkeit.
Schade, daß das Blatt nicht aus Frankreich oder England kommt,
es würde dann schon mehr Verbreitung und Anerkennung in Deutsch¬
land gefunden haben. --

Unser literarischer Verein hat sich seit dem Anfange des Jahres
wieder mit mehreren Blättern bereichert. Dieser Verein ruht auf
sehr soliden Grundlagen, wie aus einem Vortrage des Herrn Hof-
rath Thiersch, der sich um ihn sehr verdient gemacht, bei Gelegenheit
der Rechnungsablage hervorging. Ich bemerke noch, daß in diesem
Vortrage namentlich die früher von Laube redigirte "Zeitung für die
elegante Welt" als sehr trefflich und im besten Sinne geleitet er¬
wähnt wurde. Und was ist aus dieser Zeitung nun geworden!
Gegenwärtig gehört sie zu den bedeutungslosesten, unnützesten Blät¬
tern, welche innerhalb Deutschlands erscheinen. Ist nicht eil? entschie¬
dener offenbarer Tod besser als solch ein verächzendes Hinsterben,
wobei man noch einige Schminke auflegt, wie ein eitler alter Geck,
der zum Gerippe abgezehrt ist? Welche literarhistorische Erinnerungen
knüpfen sich nicht an diese Zeitung, die nächst dem Freimüthigen die
älteste literarisch-belletristische Zeitschrift Deutschlands war und noch
unter Kühne und zuletzt unter Laube einen so schönen Aufschwung


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seinen Balladen und Liebesliedern viele gelungene, welche in weitem
Kreisen bekannt zu sein verdienten. Uebrigens ist Fried ein geborner
Nheinpfälzer.

Von dem schon genannten dramatischen Dichter Carl Weichsel-
baumer erschien inzwischen eine Reihe von Dichtungen, unter dem
Titel: „Ein deutsches Lied," worin sich keine provinziell baierische oder
von konfessionellen Sympathien und Antipathien bewegte, sondern eine
wahrhaft deutsche Gesinnung ausspricht, welche zu allem Guten er¬
mahnt, vor dem Erzfeind der Deutschen, dem Religions- und Stam-
meöhaß eindringlich warnt und innerhalb Deutschlands keinen Süden
und Norden, keinen Osten und Westen kennt. Selbst die zukünftige
deutsche Flotte entgeht des Dichters Blicken nicht; er betrachtet sie
als das beste Erlräftigungsmittel der Deutschen und den Ozean als
Vater der Freiheit und Heldenstärke.

Einen Zuwachs hat die Münchner Journalistik endlich durch
die „Fliegenden Blätter" von Braun und Schneider erhalten, eine
Art Charivari in Holzschnitten, oft von sehr glücklicher, satyrischer
Laune und dabei echt deutscher Gemüthlichkeit und Schalkhaftigkeit.
Schade, daß das Blatt nicht aus Frankreich oder England kommt,
es würde dann schon mehr Verbreitung und Anerkennung in Deutsch¬
land gefunden haben. —

Unser literarischer Verein hat sich seit dem Anfange des Jahres
wieder mit mehreren Blättern bereichert. Dieser Verein ruht auf
sehr soliden Grundlagen, wie aus einem Vortrage des Herrn Hof-
rath Thiersch, der sich um ihn sehr verdient gemacht, bei Gelegenheit
der Rechnungsablage hervorging. Ich bemerke noch, daß in diesem
Vortrage namentlich die früher von Laube redigirte „Zeitung für die
elegante Welt" als sehr trefflich und im besten Sinne geleitet er¬
wähnt wurde. Und was ist aus dieser Zeitung nun geworden!
Gegenwärtig gehört sie zu den bedeutungslosesten, unnützesten Blät¬
tern, welche innerhalb Deutschlands erscheinen. Ist nicht eil? entschie¬
dener offenbarer Tod besser als solch ein verächzendes Hinsterben,
wobei man noch einige Schminke auflegt, wie ein eitler alter Geck,
der zum Gerippe abgezehrt ist? Welche literarhistorische Erinnerungen
knüpfen sich nicht an diese Zeitung, die nächst dem Freimüthigen die
älteste literarisch-belletristische Zeitschrift Deutschlands war und noch
unter Kühne und zuletzt unter Laube einen so schönen Aufschwung


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[0533] seinen Balladen und Liebesliedern viele gelungene, welche in weitem Kreisen bekannt zu sein verdienten. Uebrigens ist Fried ein geborner Nheinpfälzer. Von dem schon genannten dramatischen Dichter Carl Weichsel- baumer erschien inzwischen eine Reihe von Dichtungen, unter dem Titel: „Ein deutsches Lied," worin sich keine provinziell baierische oder von konfessionellen Sympathien und Antipathien bewegte, sondern eine wahrhaft deutsche Gesinnung ausspricht, welche zu allem Guten er¬ mahnt, vor dem Erzfeind der Deutschen, dem Religions- und Stam- meöhaß eindringlich warnt und innerhalb Deutschlands keinen Süden und Norden, keinen Osten und Westen kennt. Selbst die zukünftige deutsche Flotte entgeht des Dichters Blicken nicht; er betrachtet sie als das beste Erlräftigungsmittel der Deutschen und den Ozean als Vater der Freiheit und Heldenstärke. Einen Zuwachs hat die Münchner Journalistik endlich durch die „Fliegenden Blätter" von Braun und Schneider erhalten, eine Art Charivari in Holzschnitten, oft von sehr glücklicher, satyrischer Laune und dabei echt deutscher Gemüthlichkeit und Schalkhaftigkeit. Schade, daß das Blatt nicht aus Frankreich oder England kommt, es würde dann schon mehr Verbreitung und Anerkennung in Deutsch¬ land gefunden haben. — Unser literarischer Verein hat sich seit dem Anfange des Jahres wieder mit mehreren Blättern bereichert. Dieser Verein ruht auf sehr soliden Grundlagen, wie aus einem Vortrage des Herrn Hof- rath Thiersch, der sich um ihn sehr verdient gemacht, bei Gelegenheit der Rechnungsablage hervorging. Ich bemerke noch, daß in diesem Vortrage namentlich die früher von Laube redigirte „Zeitung für die elegante Welt" als sehr trefflich und im besten Sinne geleitet er¬ wähnt wurde. Und was ist aus dieser Zeitung nun geworden! Gegenwärtig gehört sie zu den bedeutungslosesten, unnützesten Blät¬ tern, welche innerhalb Deutschlands erscheinen. Ist nicht eil? entschie¬ dener offenbarer Tod besser als solch ein verächzendes Hinsterben, wobei man noch einige Schminke auflegt, wie ein eitler alter Geck, der zum Gerippe abgezehrt ist? Welche literarhistorische Erinnerungen knüpfen sich nicht an diese Zeitung, die nächst dem Freimüthigen die älteste literarisch-belletristische Zeitschrift Deutschlands war und noch unter Kühne und zuletzt unter Laube einen so schönen Aufschwung «>7 5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/533>, abgerufen am 03.07.2024.