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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Münchner Skizzen
Bon Hermann Marggraff.



IV.

"u"ve und Michael Beer. -- Zur Apologie der modernen Kritik. -- Struen¬
see. -- Jost als Geßler- -- Tell's Monolog in den Schulbüchern. -- Münch¬
ner Dramendichter. -- Kritik und Publicum im Süden und Norden. --
Naturdichtung. -- Weichsclbaumer und Fernau. --- Regisseur Heigel und die
alte Schule. -- Keine Nachtigallen und wenig Lyrik. -- Fried, Maler und
Dichter. -- "Ein deutsches Lied." -- Münchner Charivari. -- Der literarische
Verein. -- Die Elegante und der Freimüthige. -- Die Zcitungslectüre des
Vereins. -- Bcelzebübcrei. -- Die preußische Constitution in München.

Ueber Laube's Struensee, der auf den Brettern, die auch in Mün¬
chen die Welt bedeuten, zur Aufführung kam, bin ich Ihnen noch
einen Bericht schuldig, obschon inzwischen ein anderer Korrespondent
den günstigen Eindruck, welchen Werk und Darstellung hier machten,
mit kurzen Worten geschildert hat. Interessant wäre eine Parallele
zwischen Beer's und Laube's Struensee, sie würde jedoch in ein gründ¬
liches dramaturgisches Journal gehören, nicht in einen Brief,
die von selbst zu einer stizzenartigcn Fassung nöthigt. Merkwürdig
bleibt es, daß die Münchner Bühne die einzige war, welche Michael
Beer's Struensee zur Aufführung brachte und zwar, wie damals ver¬
lautete, gegen diplomatische Einsprache auf höchsten speciellen Befehl.
Michael Beer's zuletzt vielfach bewegtes Herz ruht jetzt, ziemlich kühl und
von einem schweren Prachtdenkmal belastet, aus dem hiesigen israeli¬
tischen Gottesacker. Doch ich hab' es hier nicht mit dem Todten zu
thun, sondern mit dem Lebenden. Michelbecr arbeitete nach klassischer
Vorschrift. Da tragen die Gestalten den hohen Kothurn, da spre¬
chen sie im jambischen Heldenjargon, hier mehr wie Unsereins und


Münchner Skizzen
Bon Hermann Marggraff.



IV.

«u«ve und Michael Beer. — Zur Apologie der modernen Kritik. — Struen¬
see. — Jost als Geßler- — Tell's Monolog in den Schulbüchern. — Münch¬
ner Dramendichter. — Kritik und Publicum im Süden und Norden. —
Naturdichtung. — Weichsclbaumer und Fernau. —- Regisseur Heigel und die
alte Schule. — Keine Nachtigallen und wenig Lyrik. — Fried, Maler und
Dichter. — „Ein deutsches Lied." — Münchner Charivari. — Der literarische
Verein. — Die Elegante und der Freimüthige. — Die Zcitungslectüre des
Vereins. — Bcelzebübcrei. — Die preußische Constitution in München.

Ueber Laube's Struensee, der auf den Brettern, die auch in Mün¬
chen die Welt bedeuten, zur Aufführung kam, bin ich Ihnen noch
einen Bericht schuldig, obschon inzwischen ein anderer Korrespondent
den günstigen Eindruck, welchen Werk und Darstellung hier machten,
mit kurzen Worten geschildert hat. Interessant wäre eine Parallele
zwischen Beer's und Laube's Struensee, sie würde jedoch in ein gründ¬
liches dramaturgisches Journal gehören, nicht in einen Brief,
die von selbst zu einer stizzenartigcn Fassung nöthigt. Merkwürdig
bleibt es, daß die Münchner Bühne die einzige war, welche Michael
Beer's Struensee zur Aufführung brachte und zwar, wie damals ver¬
lautete, gegen diplomatische Einsprache auf höchsten speciellen Befehl.
Michael Beer's zuletzt vielfach bewegtes Herz ruht jetzt, ziemlich kühl und
von einem schweren Prachtdenkmal belastet, aus dem hiesigen israeli¬
tischen Gottesacker. Doch ich hab' es hier nicht mit dem Todten zu
thun, sondern mit dem Lebenden. Michelbecr arbeitete nach klassischer
Vorschrift. Da tragen die Gestalten den hohen Kothurn, da spre¬
chen sie im jambischen Heldenjargon, hier mehr wie Unsereins und


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[0522] Münchner Skizzen Bon Hermann Marggraff. IV. «u«ve und Michael Beer. — Zur Apologie der modernen Kritik. — Struen¬ see. — Jost als Geßler- — Tell's Monolog in den Schulbüchern. — Münch¬ ner Dramendichter. — Kritik und Publicum im Süden und Norden. — Naturdichtung. — Weichsclbaumer und Fernau. —- Regisseur Heigel und die alte Schule. — Keine Nachtigallen und wenig Lyrik. — Fried, Maler und Dichter. — „Ein deutsches Lied." — Münchner Charivari. — Der literarische Verein. — Die Elegante und der Freimüthige. — Die Zcitungslectüre des Vereins. — Bcelzebübcrei. — Die preußische Constitution in München. Ueber Laube's Struensee, der auf den Brettern, die auch in Mün¬ chen die Welt bedeuten, zur Aufführung kam, bin ich Ihnen noch einen Bericht schuldig, obschon inzwischen ein anderer Korrespondent den günstigen Eindruck, welchen Werk und Darstellung hier machten, mit kurzen Worten geschildert hat. Interessant wäre eine Parallele zwischen Beer's und Laube's Struensee, sie würde jedoch in ein gründ¬ liches dramaturgisches Journal gehören, nicht in einen Brief, die von selbst zu einer stizzenartigcn Fassung nöthigt. Merkwürdig bleibt es, daß die Münchner Bühne die einzige war, welche Michael Beer's Struensee zur Aufführung brachte und zwar, wie damals ver¬ lautete, gegen diplomatische Einsprache auf höchsten speciellen Befehl. Michael Beer's zuletzt vielfach bewegtes Herz ruht jetzt, ziemlich kühl und von einem schweren Prachtdenkmal belastet, aus dem hiesigen israeli¬ tischen Gottesacker. Doch ich hab' es hier nicht mit dem Todten zu thun, sondern mit dem Lebenden. Michelbecr arbeitete nach klassischer Vorschrift. Da tragen die Gestalten den hohen Kothurn, da spre¬ chen sie im jambischen Heldenjargon, hier mehr wie Unsereins und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/522>, abgerufen am 22.07.2024.