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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Bernstein für ausgewiesen galt, zu benutzen und ein häßliches Bild
von dem Privatcharakter dieses Mannes zu entwerfen; Bernstein brand¬
schatze die deutschen Virtuosen und Componisten, die nach Paris ka¬
men u. s. w. Glaubte Prof. Berche dadurch die officielle Denuncia¬
tion in ein milderes Licht zu stellen? -- Nun -- fordert Bernstein
öffentlich eine große Zahl namhafter deutscher Künstler, die oft nach
Paris kommen, auf, auszusagen, ob er sich nicht stets auf die ehren¬
hafteste Weise gegen sie benommen. Prof. Berche hat sich da sehr
unprofessorlich zu einer ganz gewöhnlichen, thcaterblättlichen Skan¬
dalpolemik hinreißen lassen, wenn nicht zu etwas Aergerem. Alles aus
übertriebener Loyalität. Herr Börnstein steht eben nicht im Ruf eines
großen Schriftstellers, noch ist er sehr beliebt wegen seiner Bestrebun¬
gen für das deutsche Drama; deswegen kann er jedoch ein sehr ehr¬
licher und ehrenhafter Mann sein; und eine persönliche Anklage gegen
Herrn Börnstein hat der Rh. Beob. eben so mit Beweisen zu unter¬
stützen, wie wenn sie den Prof. Gervinus beträfe.

-- Jemand aus Leipzig sagt im Nürnberger Korrespondenten:
Ein in Baiern lebendes Mitglied des Leipziger Literatenvereins sei
diesem großen Dank schuldig, auch in pecuniärer Hinsicht, greife aber
dafür den Verein in den Grenzboten und in einer politischen Zeitung
mit ungerechten Vorwürfen an. -- In den Grenzboten ist aus Baiern
gegen den Verein nicht Ein Wort gesagt worden. Und selbst wenn
dies der Fall wäre, so wüßten wir nicht, wie man dem betreffen¬
den Vereinsmitglied dies als Undank auslegen könnte. Der literarische
Hilfsverein ist hoffentlich nicht so kleinlich, wie sein ungebetener Ver¬
treter im Nürnberger Correspondenten. Er hat hoffentlich nicht voraus¬
gesetzt, daß Jemand, dem er eine Summe vorgestreckt, sich dafür seiner
freien Meinung über die Stadt Leipzig und deren Literatur begeben
solle. Uebrigens hat das erwähnte Vereinsmitglied die erste Anregung
zur Bildung des literarischen Hilfsfonds gegeben, hat sich vielen ern¬
sten Bemühungen durch Vortrage, Commissionsarbeiten u. s. w. unter¬
zogen und ist, wie er uns versichert, noch immer bereit, für das Ge¬
deihen des jungen Instituts nach Kräften zu wirken. Man verlange
nur nicht blindes Lob als Quittung für so und so viel Courant.

-- Kurz nach einander starben Houwald und Steffens. Jener ist
erst durch seinen Tod der Literatur wieder in Erinnerung gekommen.
Steffens und Houwald hatten das Gemeinsame, daß ihre Persönlichkeit
bedeutender war als ihr literarisches Wirken.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.

Bernstein für ausgewiesen galt, zu benutzen und ein häßliches Bild
von dem Privatcharakter dieses Mannes zu entwerfen; Bernstein brand¬
schatze die deutschen Virtuosen und Componisten, die nach Paris ka¬
men u. s. w. Glaubte Prof. Berche dadurch die officielle Denuncia¬
tion in ein milderes Licht zu stellen? — Nun — fordert Bernstein
öffentlich eine große Zahl namhafter deutscher Künstler, die oft nach
Paris kommen, auf, auszusagen, ob er sich nicht stets auf die ehren¬
hafteste Weise gegen sie benommen. Prof. Berche hat sich da sehr
unprofessorlich zu einer ganz gewöhnlichen, thcaterblättlichen Skan¬
dalpolemik hinreißen lassen, wenn nicht zu etwas Aergerem. Alles aus
übertriebener Loyalität. Herr Börnstein steht eben nicht im Ruf eines
großen Schriftstellers, noch ist er sehr beliebt wegen seiner Bestrebun¬
gen für das deutsche Drama; deswegen kann er jedoch ein sehr ehr¬
licher und ehrenhafter Mann sein; und eine persönliche Anklage gegen
Herrn Börnstein hat der Rh. Beob. eben so mit Beweisen zu unter¬
stützen, wie wenn sie den Prof. Gervinus beträfe.

— Jemand aus Leipzig sagt im Nürnberger Korrespondenten:
Ein in Baiern lebendes Mitglied des Leipziger Literatenvereins sei
diesem großen Dank schuldig, auch in pecuniärer Hinsicht, greife aber
dafür den Verein in den Grenzboten und in einer politischen Zeitung
mit ungerechten Vorwürfen an. — In den Grenzboten ist aus Baiern
gegen den Verein nicht Ein Wort gesagt worden. Und selbst wenn
dies der Fall wäre, so wüßten wir nicht, wie man dem betreffen¬
den Vereinsmitglied dies als Undank auslegen könnte. Der literarische
Hilfsverein ist hoffentlich nicht so kleinlich, wie sein ungebetener Ver¬
treter im Nürnberger Correspondenten. Er hat hoffentlich nicht voraus¬
gesetzt, daß Jemand, dem er eine Summe vorgestreckt, sich dafür seiner
freien Meinung über die Stadt Leipzig und deren Literatur begeben
solle. Uebrigens hat das erwähnte Vereinsmitglied die erste Anregung
zur Bildung des literarischen Hilfsfonds gegeben, hat sich vielen ern¬
sten Bemühungen durch Vortrage, Commissionsarbeiten u. s. w. unter¬
zogen und ist, wie er uns versichert, noch immer bereit, für das Ge¬
deihen des jungen Instituts nach Kräften zu wirken. Man verlange
nur nicht blindes Lob als Quittung für so und so viel Courant.

— Kurz nach einander starben Houwald und Steffens. Jener ist
erst durch seinen Tod der Literatur wieder in Erinnerung gekommen.
Steffens und Houwald hatten das Gemeinsame, daß ihre Persönlichkeit
bedeutender war als ihr literarisches Wirken.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0450] Bernstein für ausgewiesen galt, zu benutzen und ein häßliches Bild von dem Privatcharakter dieses Mannes zu entwerfen; Bernstein brand¬ schatze die deutschen Virtuosen und Componisten, die nach Paris ka¬ men u. s. w. Glaubte Prof. Berche dadurch die officielle Denuncia¬ tion in ein milderes Licht zu stellen? — Nun — fordert Bernstein öffentlich eine große Zahl namhafter deutscher Künstler, die oft nach Paris kommen, auf, auszusagen, ob er sich nicht stets auf die ehren¬ hafteste Weise gegen sie benommen. Prof. Berche hat sich da sehr unprofessorlich zu einer ganz gewöhnlichen, thcaterblättlichen Skan¬ dalpolemik hinreißen lassen, wenn nicht zu etwas Aergerem. Alles aus übertriebener Loyalität. Herr Börnstein steht eben nicht im Ruf eines großen Schriftstellers, noch ist er sehr beliebt wegen seiner Bestrebun¬ gen für das deutsche Drama; deswegen kann er jedoch ein sehr ehr¬ licher und ehrenhafter Mann sein; und eine persönliche Anklage gegen Herrn Börnstein hat der Rh. Beob. eben so mit Beweisen zu unter¬ stützen, wie wenn sie den Prof. Gervinus beträfe. — Jemand aus Leipzig sagt im Nürnberger Korrespondenten: Ein in Baiern lebendes Mitglied des Leipziger Literatenvereins sei diesem großen Dank schuldig, auch in pecuniärer Hinsicht, greife aber dafür den Verein in den Grenzboten und in einer politischen Zeitung mit ungerechten Vorwürfen an. — In den Grenzboten ist aus Baiern gegen den Verein nicht Ein Wort gesagt worden. Und selbst wenn dies der Fall wäre, so wüßten wir nicht, wie man dem betreffen¬ den Vereinsmitglied dies als Undank auslegen könnte. Der literarische Hilfsverein ist hoffentlich nicht so kleinlich, wie sein ungebetener Ver¬ treter im Nürnberger Correspondenten. Er hat hoffentlich nicht voraus¬ gesetzt, daß Jemand, dem er eine Summe vorgestreckt, sich dafür seiner freien Meinung über die Stadt Leipzig und deren Literatur begeben solle. Uebrigens hat das erwähnte Vereinsmitglied die erste Anregung zur Bildung des literarischen Hilfsfonds gegeben, hat sich vielen ern¬ sten Bemühungen durch Vortrage, Commissionsarbeiten u. s. w. unter¬ zogen und ist, wie er uns versichert, noch immer bereit, für das Ge¬ deihen des jungen Instituts nach Kräften zu wirken. Man verlange nur nicht blindes Lob als Quittung für so und so viel Courant. — Kurz nach einander starben Houwald und Steffens. Jener ist erst durch seinen Tod der Literatur wieder in Erinnerung gekommen. Steffens und Houwald hatten das Gemeinsame, daß ihre Persönlichkeit bedeutender war als ihr literarisches Wirken. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/450>, abgerufen am 22.07.2024.