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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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letzte Mal gewesen, als er uns neulich besuchte. Natürlich, wenn
König Friedrich die Logen vernachlässigt, kann sein Schwager nicht
mehr den regen Antheil an unsern Arbeiten nehmen. Auch ist der
Markgraf sonst übel daran. Während wir Alle rüsten müssen, um
im Nochfalle unser Reichskontingent zu stellen, hat er alle Hände voll
zu thun, um zugleich uns und seinem natürlichen Bundesgenossen zu
genügen.

-- Se. Erlaucht, der Reichsgraf Walther Friedrich? fragte der
Senator.

-- Wird kommen, fuhr der Prinz fort, aber heimlich und nicht
als Großmeister seiner Loge, sondern nur als ihr Abgeordneter. Royal
Uork lehnt jeden Vorschlag ab, die neue Loge mit dem alten Systeme
freundschaftlich auszugleichen. -- Ich wage viel, lieber Senator, in¬
dem ich bei so bedrängten Zeiten der Mahnung Gehör gebe, selbst
den Hammer zu führen. Sehen Sie daran meinen guten Willen,
der großen Sache förderlich zu sein. Wer weiß, wie bald schwere
Zeiten unser Friedenswerk stören werden I

Während der Prinz, sich zu Andern wendend, einen weiten Gang
durch die Zimmer antrat, theilte sich vor ihm der Strom der Ge¬
sellschaft und wogte hinter ihm drein. Ich wollte folgen, aber in
dem Augenblicke vertrat mir Pastor Dreykorn auf der Schwelle des
kleinen Zimmers, in dem ich stand, den Weg und hielt mich zurück.
Er schloß die Thüre hinter uns ab, nahm mich feierlich bei der Hand
und sprach: Es ist Zeit, die Brüder sind versammelt!

-- Was habt Ihr mit mir vor? fragte ich gleichgiltig. Wollt
Ihr einen Maurer oder Rosenkreuzer aus mir machen?

-- Ob Ihr zu jenem oder zu diesem reif befunden werdet, wird
der, der Euch einweiht, entscheiden. Der große Bund führt zur Grün¬
dung eines universellen Christenthums, das Sache der Menschheit
wird. Mir gelten die Mittel gleich. --

-- Mann Luther's! dacht' ich still für mich, Jesuit wider
Willen!

-- In den Genossenschaften der Maurer und der Rosenkreuzer,
sagte Dreykorn, sehe ich nur Mittel zum Zweck. Diesem Zweck Euch
entgegenzuführen, bin ich beauftragt. Welche Durchgangspunkte Euch
bevorstehen, darüber wird Euer eigenes Verhalten die Bestimmung
geben. Nur zum Gelöbniß des Stillschweigens wird man Euch no-


letzte Mal gewesen, als er uns neulich besuchte. Natürlich, wenn
König Friedrich die Logen vernachlässigt, kann sein Schwager nicht
mehr den regen Antheil an unsern Arbeiten nehmen. Auch ist der
Markgraf sonst übel daran. Während wir Alle rüsten müssen, um
im Nochfalle unser Reichskontingent zu stellen, hat er alle Hände voll
zu thun, um zugleich uns und seinem natürlichen Bundesgenossen zu
genügen.

— Se. Erlaucht, der Reichsgraf Walther Friedrich? fragte der
Senator.

— Wird kommen, fuhr der Prinz fort, aber heimlich und nicht
als Großmeister seiner Loge, sondern nur als ihr Abgeordneter. Royal
Uork lehnt jeden Vorschlag ab, die neue Loge mit dem alten Systeme
freundschaftlich auszugleichen. — Ich wage viel, lieber Senator, in¬
dem ich bei so bedrängten Zeiten der Mahnung Gehör gebe, selbst
den Hammer zu führen. Sehen Sie daran meinen guten Willen,
der großen Sache förderlich zu sein. Wer weiß, wie bald schwere
Zeiten unser Friedenswerk stören werden I

Während der Prinz, sich zu Andern wendend, einen weiten Gang
durch die Zimmer antrat, theilte sich vor ihm der Strom der Ge¬
sellschaft und wogte hinter ihm drein. Ich wollte folgen, aber in
dem Augenblicke vertrat mir Pastor Dreykorn auf der Schwelle des
kleinen Zimmers, in dem ich stand, den Weg und hielt mich zurück.
Er schloß die Thüre hinter uns ab, nahm mich feierlich bei der Hand
und sprach: Es ist Zeit, die Brüder sind versammelt!

— Was habt Ihr mit mir vor? fragte ich gleichgiltig. Wollt
Ihr einen Maurer oder Rosenkreuzer aus mir machen?

— Ob Ihr zu jenem oder zu diesem reif befunden werdet, wird
der, der Euch einweiht, entscheiden. Der große Bund führt zur Grün¬
dung eines universellen Christenthums, das Sache der Menschheit
wird. Mir gelten die Mittel gleich. —

— Mann Luther's! dacht' ich still für mich, Jesuit wider
Willen!

— In den Genossenschaften der Maurer und der Rosenkreuzer,
sagte Dreykorn, sehe ich nur Mittel zum Zweck. Diesem Zweck Euch
entgegenzuführen, bin ich beauftragt. Welche Durchgangspunkte Euch
bevorstehen, darüber wird Euer eigenes Verhalten die Bestimmung
geben. Nur zum Gelöbniß des Stillschweigens wird man Euch no-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/362>, abgerufen am 22.07.2024.