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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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berühmten Meister echter Kirchenmusik, Orlando ti Lasso, an seinen
Hof, unterhielt eine eigene Dichterschule, begründete die Hofbiblio-
hek, welche unter den deutschen Bibliotheken jetzt eine der ersten
Stellen, in vieler Hinsicht die erste einnimmt, die Schatzkammer, das
Münzkabinet, die Gemäldegalerie, das Antiquarium. Man findet bei
Westenrieder folgende interessanten Angaben aus der Zeit dieses Für¬
sten: "Für eine Rüstkammer von Fugger erkauft 3000 si. -- Zehn
Truhen mit Antiquitäten von Venedig geschickt worden. -- Item
von Venedig steinerne Bilder angekommen. -- Des Carolo Pclagi
Bildhauers zwein Buben, so im Antiauano gearbeitet und die Sach
zu End bracht 40 si. u. s. w."

Die Wittelsbacher Wilhelm V. und Maximilian I. leiteten diese
Kunstthätigkeit in ein noch breiteres Bett, namentlich der Letztere, bis
er für die Liga das Schwert zog, um es dreißig Jahre lang nicht
wieder in die Scheide zu stecken. Marimilian war in Krieg und
Frieden ein großer und namentlich im Unglück ein unerschütterlicher
Fürst. Er zuerst unter den Wittelsbachern begann die Kunst für die
Darstellung großer Thaten und Ereignisse aus der bairischen Ge¬
schickte zu verwenden, und auf seinen Befehl schmückte der Augsbur-
ger Georg Fischer den Herkulessaal in der Residenz mit elf geschicht¬
lichen Darstellungen, welche seit 1807 in der Galerie zu Schleißheim
bewahrt werden. Peter Snayers lieferte zu dieser Reihe eine Dar¬
stellung der Schlacht am weißen Berge, welche durch Marimilian
und Tillv für die Liga gewonnen wurde. Auch die Thaten Otto's
von Wittelsbach verewigte derselbe Fürst durch eine Reihe kunstvoller
reich mit Gold durchwirkter Tapetenbilder nach Canvid's Zeichnungen.
Sie wurden früher bei feierlichen Gelegenheiten im Kaisersaal der
alten Residenz ausgestellt.

Mar Emanuel, der mindestens eben so viel als der Polenkontg
Sobieökv für den Entsatz von Wien gethan, der junge Held von
Gran, Ofen und Belgrad, wegen seiner blauen bairischen Uniform
von den Türken der "blaue König" genannt und gefürchtet, der durch
dasselbe Oesterreich, welches ihm soviel Dank schuldete, später von
Land und Leuten vertriebene und aus Ermattung in Unthätigkeit
endende Fürst ließ durch Joachim Beins, welcher die Schlachtfelder
persönlich in Augenschein nahm, durch Jakob Amigoni und Peter
Martin merkwürdige Schlachten und Scenen des Türkenkrieges in


berühmten Meister echter Kirchenmusik, Orlando ti Lasso, an seinen
Hof, unterhielt eine eigene Dichterschule, begründete die Hofbiblio-
hek, welche unter den deutschen Bibliotheken jetzt eine der ersten
Stellen, in vieler Hinsicht die erste einnimmt, die Schatzkammer, das
Münzkabinet, die Gemäldegalerie, das Antiquarium. Man findet bei
Westenrieder folgende interessanten Angaben aus der Zeit dieses Für¬
sten: „Für eine Rüstkammer von Fugger erkauft 3000 si. — Zehn
Truhen mit Antiquitäten von Venedig geschickt worden. — Item
von Venedig steinerne Bilder angekommen. — Des Carolo Pclagi
Bildhauers zwein Buben, so im Antiauano gearbeitet und die Sach
zu End bracht 40 si. u. s. w."

Die Wittelsbacher Wilhelm V. und Maximilian I. leiteten diese
Kunstthätigkeit in ein noch breiteres Bett, namentlich der Letztere, bis
er für die Liga das Schwert zog, um es dreißig Jahre lang nicht
wieder in die Scheide zu stecken. Marimilian war in Krieg und
Frieden ein großer und namentlich im Unglück ein unerschütterlicher
Fürst. Er zuerst unter den Wittelsbachern begann die Kunst für die
Darstellung großer Thaten und Ereignisse aus der bairischen Ge¬
schickte zu verwenden, und auf seinen Befehl schmückte der Augsbur-
ger Georg Fischer den Herkulessaal in der Residenz mit elf geschicht¬
lichen Darstellungen, welche seit 1807 in der Galerie zu Schleißheim
bewahrt werden. Peter Snayers lieferte zu dieser Reihe eine Dar¬
stellung der Schlacht am weißen Berge, welche durch Marimilian
und Tillv für die Liga gewonnen wurde. Auch die Thaten Otto's
von Wittelsbach verewigte derselbe Fürst durch eine Reihe kunstvoller
reich mit Gold durchwirkter Tapetenbilder nach Canvid's Zeichnungen.
Sie wurden früher bei feierlichen Gelegenheiten im Kaisersaal der
alten Residenz ausgestellt.

Mar Emanuel, der mindestens eben so viel als der Polenkontg
Sobieökv für den Entsatz von Wien gethan, der junge Held von
Gran, Ofen und Belgrad, wegen seiner blauen bairischen Uniform
von den Türken der „blaue König" genannt und gefürchtet, der durch
dasselbe Oesterreich, welches ihm soviel Dank schuldete, später von
Land und Leuten vertriebene und aus Ermattung in Unthätigkeit
endende Fürst ließ durch Joachim Beins, welcher die Schlachtfelder
persönlich in Augenschein nahm, durch Jakob Amigoni und Peter
Martin merkwürdige Schlachten und Scenen des Türkenkrieges in


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[0216] berühmten Meister echter Kirchenmusik, Orlando ti Lasso, an seinen Hof, unterhielt eine eigene Dichterschule, begründete die Hofbiblio- hek, welche unter den deutschen Bibliotheken jetzt eine der ersten Stellen, in vieler Hinsicht die erste einnimmt, die Schatzkammer, das Münzkabinet, die Gemäldegalerie, das Antiquarium. Man findet bei Westenrieder folgende interessanten Angaben aus der Zeit dieses Für¬ sten: „Für eine Rüstkammer von Fugger erkauft 3000 si. — Zehn Truhen mit Antiquitäten von Venedig geschickt worden. — Item von Venedig steinerne Bilder angekommen. — Des Carolo Pclagi Bildhauers zwein Buben, so im Antiauano gearbeitet und die Sach zu End bracht 40 si. u. s. w." Die Wittelsbacher Wilhelm V. und Maximilian I. leiteten diese Kunstthätigkeit in ein noch breiteres Bett, namentlich der Letztere, bis er für die Liga das Schwert zog, um es dreißig Jahre lang nicht wieder in die Scheide zu stecken. Marimilian war in Krieg und Frieden ein großer und namentlich im Unglück ein unerschütterlicher Fürst. Er zuerst unter den Wittelsbachern begann die Kunst für die Darstellung großer Thaten und Ereignisse aus der bairischen Ge¬ schickte zu verwenden, und auf seinen Befehl schmückte der Augsbur- ger Georg Fischer den Herkulessaal in der Residenz mit elf geschicht¬ lichen Darstellungen, welche seit 1807 in der Galerie zu Schleißheim bewahrt werden. Peter Snayers lieferte zu dieser Reihe eine Dar¬ stellung der Schlacht am weißen Berge, welche durch Marimilian und Tillv für die Liga gewonnen wurde. Auch die Thaten Otto's von Wittelsbach verewigte derselbe Fürst durch eine Reihe kunstvoller reich mit Gold durchwirkter Tapetenbilder nach Canvid's Zeichnungen. Sie wurden früher bei feierlichen Gelegenheiten im Kaisersaal der alten Residenz ausgestellt. Mar Emanuel, der mindestens eben so viel als der Polenkontg Sobieökv für den Entsatz von Wien gethan, der junge Held von Gran, Ofen und Belgrad, wegen seiner blauen bairischen Uniform von den Türken der „blaue König" genannt und gefürchtet, der durch dasselbe Oesterreich, welches ihm soviel Dank schuldete, später von Land und Leuten vertriebene und aus Ermattung in Unthätigkeit endende Fürst ließ durch Joachim Beins, welcher die Schlachtfelder persönlich in Augenschein nahm, durch Jakob Amigoni und Peter Martin merkwürdige Schlachten und Scenen des Türkenkrieges in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/216>, abgerufen am 01.07.2024.