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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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machen. Die Art der Malerei war pünktlich vorgeschrieben; so heisit
es z. B.: "Ein Maler soll machen ein Mariabild, daß die Meldung
planirt sei von feinem Gold und darin punzirt."

Eine noch größere Kunstthätigkeit entwickelte sich in München
mit dem Eintritt des Renaissancestyls, der dem gemessenen Ceremo¬
nie! und zugleich dem Prachtsinne der damaligen Höfe vorzüglich
entsprach. In diesem Style wurde von Wolfgang Müller unter
Herzog Wilhelm V. die Jesuiten-, jetzige Se. Michaelshofkirche auf¬
geführt, welche sich besonders durch die kühne Sprengung ihres im¬
posanten Tonnengewölbes auszeichnet. Klingemann in seiner Schrift:
"Kunst und Natur" erwähnt, daß sich dieser Müller, als man, um
die Haltbarkeit des Gewölbes zu prüfen, Kanonen darin abfeuern
wollte, sich heimlich aus dem Staube gemacht habe. Es ist dies
eine uncrwiesene Sage. Gewiß jedoch ist, daß der Architekt noch
vor Vollendung deö Baues starb, wie Georg Gangkvffen, der Er¬
bauer der Kirche zu Unserer Lieben Frau, und noch in unseren Ta¬
gen Ohlmüller, der Erbauer der Kirche in der Vorstadt An, noch
in demselben Jahre starben, in welchem die Kirchen, deren Bau sie
leiteten, zum Schlüsse gediehen. Unter Wilhelm V. waren ferner
Rottcnhammcr, ein geborener Münchner, Viviani aus Urbino und
Christoph Schwarz, welchen Sandrart ein wenig übertreibend eine
"köstliche Perle unserer Kunst" nennt, als Maler, Sadeler als Ku¬
pferstecher, der Niederländer Franz Sustris als Architekt, Hans He¬
benstreit als Glasmaler und Martin Frey als Erzgießer thätig.

Noch mehr steigerte sich dieses Kunstleben in München unter
Maximilian I. Namentlich knüpfen sich die Kunsterinnerungen aus
dieser Zeit an Peter de Witte, genannt Candid, der ein Niederlän¬
der und ein Schüler Vasari's war und dem italienisch florentinischen
Geschmacke der Nachfolger Michel Angelo's huldigte. Seine Werke
erscheinen zwar etwas zopfig, aber doch in eigenthümlicher Weise
geiht- und sinnreich und im Detail äußerst zierlich. Davon zeigen
namentlich sein berühmtes Monument des Kaisers Ludwig in der
Frauenkirche und der sehr kunstreiche "schöne Brunnen" mit der Sta¬
tue Otto's von Wittelsbach in einem der vier Höfe der alten Resi¬
denz. Einen ganz vorzüglichen Erzgießer besaß München damals in
Hans Krumpter aus Wendelin, einer oberbaierischen Stadt, die
sonst, wie Abdera, Schilda, Polckwitz u. s. w., das oberbaierischc


machen. Die Art der Malerei war pünktlich vorgeschrieben; so heisit
es z. B.: „Ein Maler soll machen ein Mariabild, daß die Meldung
planirt sei von feinem Gold und darin punzirt."

Eine noch größere Kunstthätigkeit entwickelte sich in München
mit dem Eintritt des Renaissancestyls, der dem gemessenen Ceremo¬
nie! und zugleich dem Prachtsinne der damaligen Höfe vorzüglich
entsprach. In diesem Style wurde von Wolfgang Müller unter
Herzog Wilhelm V. die Jesuiten-, jetzige Se. Michaelshofkirche auf¬
geführt, welche sich besonders durch die kühne Sprengung ihres im¬
posanten Tonnengewölbes auszeichnet. Klingemann in seiner Schrift:
„Kunst und Natur" erwähnt, daß sich dieser Müller, als man, um
die Haltbarkeit des Gewölbes zu prüfen, Kanonen darin abfeuern
wollte, sich heimlich aus dem Staube gemacht habe. Es ist dies
eine uncrwiesene Sage. Gewiß jedoch ist, daß der Architekt noch
vor Vollendung deö Baues starb, wie Georg Gangkvffen, der Er¬
bauer der Kirche zu Unserer Lieben Frau, und noch in unseren Ta¬
gen Ohlmüller, der Erbauer der Kirche in der Vorstadt An, noch
in demselben Jahre starben, in welchem die Kirchen, deren Bau sie
leiteten, zum Schlüsse gediehen. Unter Wilhelm V. waren ferner
Rottcnhammcr, ein geborener Münchner, Viviani aus Urbino und
Christoph Schwarz, welchen Sandrart ein wenig übertreibend eine
„köstliche Perle unserer Kunst" nennt, als Maler, Sadeler als Ku¬
pferstecher, der Niederländer Franz Sustris als Architekt, Hans He¬
benstreit als Glasmaler und Martin Frey als Erzgießer thätig.

Noch mehr steigerte sich dieses Kunstleben in München unter
Maximilian I. Namentlich knüpfen sich die Kunsterinnerungen aus
dieser Zeit an Peter de Witte, genannt Candid, der ein Niederlän¬
der und ein Schüler Vasari's war und dem italienisch florentinischen
Geschmacke der Nachfolger Michel Angelo's huldigte. Seine Werke
erscheinen zwar etwas zopfig, aber doch in eigenthümlicher Weise
geiht- und sinnreich und im Detail äußerst zierlich. Davon zeigen
namentlich sein berühmtes Monument des Kaisers Ludwig in der
Frauenkirche und der sehr kunstreiche „schöne Brunnen" mit der Sta¬
tue Otto's von Wittelsbach in einem der vier Höfe der alten Resi¬
denz. Einen ganz vorzüglichen Erzgießer besaß München damals in
Hans Krumpter aus Wendelin, einer oberbaierischen Stadt, die
sonst, wie Abdera, Schilda, Polckwitz u. s. w., das oberbaierischc


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[0210] machen. Die Art der Malerei war pünktlich vorgeschrieben; so heisit es z. B.: „Ein Maler soll machen ein Mariabild, daß die Meldung planirt sei von feinem Gold und darin punzirt." Eine noch größere Kunstthätigkeit entwickelte sich in München mit dem Eintritt des Renaissancestyls, der dem gemessenen Ceremo¬ nie! und zugleich dem Prachtsinne der damaligen Höfe vorzüglich entsprach. In diesem Style wurde von Wolfgang Müller unter Herzog Wilhelm V. die Jesuiten-, jetzige Se. Michaelshofkirche auf¬ geführt, welche sich besonders durch die kühne Sprengung ihres im¬ posanten Tonnengewölbes auszeichnet. Klingemann in seiner Schrift: „Kunst und Natur" erwähnt, daß sich dieser Müller, als man, um die Haltbarkeit des Gewölbes zu prüfen, Kanonen darin abfeuern wollte, sich heimlich aus dem Staube gemacht habe. Es ist dies eine uncrwiesene Sage. Gewiß jedoch ist, daß der Architekt noch vor Vollendung deö Baues starb, wie Georg Gangkvffen, der Er¬ bauer der Kirche zu Unserer Lieben Frau, und noch in unseren Ta¬ gen Ohlmüller, der Erbauer der Kirche in der Vorstadt An, noch in demselben Jahre starben, in welchem die Kirchen, deren Bau sie leiteten, zum Schlüsse gediehen. Unter Wilhelm V. waren ferner Rottcnhammcr, ein geborener Münchner, Viviani aus Urbino und Christoph Schwarz, welchen Sandrart ein wenig übertreibend eine „köstliche Perle unserer Kunst" nennt, als Maler, Sadeler als Ku¬ pferstecher, der Niederländer Franz Sustris als Architekt, Hans He¬ benstreit als Glasmaler und Martin Frey als Erzgießer thätig. Noch mehr steigerte sich dieses Kunstleben in München unter Maximilian I. Namentlich knüpfen sich die Kunsterinnerungen aus dieser Zeit an Peter de Witte, genannt Candid, der ein Niederlän¬ der und ein Schüler Vasari's war und dem italienisch florentinischen Geschmacke der Nachfolger Michel Angelo's huldigte. Seine Werke erscheinen zwar etwas zopfig, aber doch in eigenthümlicher Weise geiht- und sinnreich und im Detail äußerst zierlich. Davon zeigen namentlich sein berühmtes Monument des Kaisers Ludwig in der Frauenkirche und der sehr kunstreiche „schöne Brunnen" mit der Sta¬ tue Otto's von Wittelsbach in einem der vier Höfe der alten Resi¬ denz. Einen ganz vorzüglichen Erzgießer besaß München damals in Hans Krumpter aus Wendelin, einer oberbaierischen Stadt, die sonst, wie Abdera, Schilda, Polckwitz u. s. w., das oberbaierischc

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/210>, abgerufen am 23.07.2024.