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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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und kenntnißreicher Offizier, der schon früher beim Festungsbau ver¬
wendet worden und später eines der Mitglieder der Direction der
ungarischen Centraleisenbahn gewesen, die erst jetzt in Angriff genom¬
men wird. Die durch seinen Tod erledigte Stelle ist bis zur Stunde
noch nicht besetzt, doch vermuthet man, daß sie abermals einem Genie¬
stabsoffizier verliehen werden dürfte, da man überhaupt in der jüng¬
sten Zeit das Bestreben wahrgenommen haben will, die Leitung des
gesammten Bauwesens unter militärische Verwaltung zu bringen, um
den früher viel häufigern Conflicten der Civil- und Militärbehörden
auf diesem Felde mit Erfolg vorzubeugen. Selbst in Wien herrscht
zwischen dem Fortificationsbauamt und der bürgerlichen Baubehörde
eine Art von Eifersucht, die sich bei der plötzlichen Senkung der
Brücke am Schottenthore wieder recht deutlich ausgesprochen. Früher
bekleidete Hofrath Francesconi, jetzt Director der Staatseisenbahncn,
die oberste Stelle beim Hofbaurathe, der aus einem Director und
drei Hofbauräthen besteht, worunter der geistvolle Nobile, der Er¬
bauer des berühmten Burgthores in Wien, zugleich Director der
Architekturschule an der k. k. Akademie der bildenden Künste ist, wo¬
rin die jungen Baubeflisscnen nach ihrem Abgang von der polytech¬
nischen Lehranstalt für die höhere Sphäre ihrer Wissenschaft ausge¬
bildet werden.

Neben ihm steht Herr Fischer in gleicher Eigenschaft; das meiste
Aufsehen erregt indeß in der neuesten Zeit der Hofbaurath Spren¬
ger, eine jener Ouecksilbernaturen, denen schnelles Auffassungsvermö¬
gen und die Raschheit des Handelns in gleichem Maße eigen sind.
Er allein vertritt das bewegende Prinzip unter seinen Collegen, und
es kann nicht anders als erfreulich genannt werden, daß dieser streb¬
same Meister der Kunst in den höchsten Staatskreisen diejenige Auf¬
merksamkeit erweckt, die ihm gebührt. Die meisten Neubauten in
der Hauptstadt sind von ihm entworfen, und als die vorzüglichsten
derselben nennen wir die großartige Kaiser Ferdinands-Wasserleitung,
welcher die Jllustrirte Zeitung jüngst einen gut ausgestatteten Artikel
widmete, das neue Münzhaus auf der Landstraße, das Gebäude
des topographischen Instituts und das noch nicht vollendete, im colos.
salsten Styl ausgeführte Zollhaus am Canalhafen, an dem die bei¬
den Eisenbahnen ausmünden sollen. Es zeigt vom Fortschritt VeS
öffentlichen Geistes, wenn so unruhige Geister, wie Sprenger und


und kenntnißreicher Offizier, der schon früher beim Festungsbau ver¬
wendet worden und später eines der Mitglieder der Direction der
ungarischen Centraleisenbahn gewesen, die erst jetzt in Angriff genom¬
men wird. Die durch seinen Tod erledigte Stelle ist bis zur Stunde
noch nicht besetzt, doch vermuthet man, daß sie abermals einem Genie¬
stabsoffizier verliehen werden dürfte, da man überhaupt in der jüng¬
sten Zeit das Bestreben wahrgenommen haben will, die Leitung des
gesammten Bauwesens unter militärische Verwaltung zu bringen, um
den früher viel häufigern Conflicten der Civil- und Militärbehörden
auf diesem Felde mit Erfolg vorzubeugen. Selbst in Wien herrscht
zwischen dem Fortificationsbauamt und der bürgerlichen Baubehörde
eine Art von Eifersucht, die sich bei der plötzlichen Senkung der
Brücke am Schottenthore wieder recht deutlich ausgesprochen. Früher
bekleidete Hofrath Francesconi, jetzt Director der Staatseisenbahncn,
die oberste Stelle beim Hofbaurathe, der aus einem Director und
drei Hofbauräthen besteht, worunter der geistvolle Nobile, der Er¬
bauer des berühmten Burgthores in Wien, zugleich Director der
Architekturschule an der k. k. Akademie der bildenden Künste ist, wo¬
rin die jungen Baubeflisscnen nach ihrem Abgang von der polytech¬
nischen Lehranstalt für die höhere Sphäre ihrer Wissenschaft ausge¬
bildet werden.

Neben ihm steht Herr Fischer in gleicher Eigenschaft; das meiste
Aufsehen erregt indeß in der neuesten Zeit der Hofbaurath Spren¬
ger, eine jener Ouecksilbernaturen, denen schnelles Auffassungsvermö¬
gen und die Raschheit des Handelns in gleichem Maße eigen sind.
Er allein vertritt das bewegende Prinzip unter seinen Collegen, und
es kann nicht anders als erfreulich genannt werden, daß dieser streb¬
same Meister der Kunst in den höchsten Staatskreisen diejenige Auf¬
merksamkeit erweckt, die ihm gebührt. Die meisten Neubauten in
der Hauptstadt sind von ihm entworfen, und als die vorzüglichsten
derselben nennen wir die großartige Kaiser Ferdinands-Wasserleitung,
welcher die Jllustrirte Zeitung jüngst einen gut ausgestatteten Artikel
widmete, das neue Münzhaus auf der Landstraße, das Gebäude
des topographischen Instituts und das noch nicht vollendete, im colos.
salsten Styl ausgeführte Zollhaus am Canalhafen, an dem die bei¬
den Eisenbahnen ausmünden sollen. Es zeigt vom Fortschritt VeS
öffentlichen Geistes, wenn so unruhige Geister, wie Sprenger und


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[0111] und kenntnißreicher Offizier, der schon früher beim Festungsbau ver¬ wendet worden und später eines der Mitglieder der Direction der ungarischen Centraleisenbahn gewesen, die erst jetzt in Angriff genom¬ men wird. Die durch seinen Tod erledigte Stelle ist bis zur Stunde noch nicht besetzt, doch vermuthet man, daß sie abermals einem Genie¬ stabsoffizier verliehen werden dürfte, da man überhaupt in der jüng¬ sten Zeit das Bestreben wahrgenommen haben will, die Leitung des gesammten Bauwesens unter militärische Verwaltung zu bringen, um den früher viel häufigern Conflicten der Civil- und Militärbehörden auf diesem Felde mit Erfolg vorzubeugen. Selbst in Wien herrscht zwischen dem Fortificationsbauamt und der bürgerlichen Baubehörde eine Art von Eifersucht, die sich bei der plötzlichen Senkung der Brücke am Schottenthore wieder recht deutlich ausgesprochen. Früher bekleidete Hofrath Francesconi, jetzt Director der Staatseisenbahncn, die oberste Stelle beim Hofbaurathe, der aus einem Director und drei Hofbauräthen besteht, worunter der geistvolle Nobile, der Er¬ bauer des berühmten Burgthores in Wien, zugleich Director der Architekturschule an der k. k. Akademie der bildenden Künste ist, wo¬ rin die jungen Baubeflisscnen nach ihrem Abgang von der polytech¬ nischen Lehranstalt für die höhere Sphäre ihrer Wissenschaft ausge¬ bildet werden. Neben ihm steht Herr Fischer in gleicher Eigenschaft; das meiste Aufsehen erregt indeß in der neuesten Zeit der Hofbaurath Spren¬ ger, eine jener Ouecksilbernaturen, denen schnelles Auffassungsvermö¬ gen und die Raschheit des Handelns in gleichem Maße eigen sind. Er allein vertritt das bewegende Prinzip unter seinen Collegen, und es kann nicht anders als erfreulich genannt werden, daß dieser streb¬ same Meister der Kunst in den höchsten Staatskreisen diejenige Auf¬ merksamkeit erweckt, die ihm gebührt. Die meisten Neubauten in der Hauptstadt sind von ihm entworfen, und als die vorzüglichsten derselben nennen wir die großartige Kaiser Ferdinands-Wasserleitung, welcher die Jllustrirte Zeitung jüngst einen gut ausgestatteten Artikel widmete, das neue Münzhaus auf der Landstraße, das Gebäude des topographischen Instituts und das noch nicht vollendete, im colos. salsten Styl ausgeführte Zollhaus am Canalhafen, an dem die bei¬ den Eisenbahnen ausmünden sollen. Es zeigt vom Fortschritt VeS öffentlichen Geistes, wenn so unruhige Geister, wie Sprenger und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/111>, abgerufen am 22.07.2024.