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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Theil entstanden ist. Ja fast alle >'me Ortschaften, die noch vor
hundert Jahren nur in dem Bodding, wo der Hof- und Landrich¬
ter früher im Namen des Kurfürsten von Brandenburg, seit 1701
im Namen des Königs, den Vorsitz führte, zu Recht zu stehen brauch¬
ten, sind heute Patrimonialgerichtsherren unterworfen. Ein
Theil der "Eingesessenen", der die Aufhebung des Boddings betrieb,
wußte sich die Gerichtsbarkeit über einen Theil seiner ehemaligen Ge¬
nossen anzueignen, indem er selbst für die Folge vor dem Hof- und
Landgericht, dem spätern altmärkischen Obergericht, Recht nahm.
Doch wurden nicht sämmtliche Bauern der Altmark zu Patrimonial-
gerichtsunterthanen herabgedrückt. So kam es, daß nicht nur die
Freisassen, sondern auch Bauern der Altmark bis zum Jahr I8V6
mit dem Adel vor dem Obergerichte der Provinz Recht nahmen.
Persönlich waren alle Bauern der Altmark immer gleich frei, nur
der Hof, die Hufe, die Scholle bestimmte, welchem Gerichte der
Mensch unterworfen sein sollte. So konnte der Freisasse, der Frei¬
bauer heute ein Patrimonialgerichtsunterthan werden und der unter-
thänige Bauer konnte morgen durch Erwerb eines Freihofeö ein
Forum mit dem Adel vor dem höchsten Gerichtshofe erwerben.




Theil entstanden ist. Ja fast alle >'me Ortschaften, die noch vor
hundert Jahren nur in dem Bodding, wo der Hof- und Landrich¬
ter früher im Namen des Kurfürsten von Brandenburg, seit 1701
im Namen des Königs, den Vorsitz führte, zu Recht zu stehen brauch¬
ten, sind heute Patrimonialgerichtsherren unterworfen. Ein
Theil der „Eingesessenen", der die Aufhebung des Boddings betrieb,
wußte sich die Gerichtsbarkeit über einen Theil seiner ehemaligen Ge¬
nossen anzueignen, indem er selbst für die Folge vor dem Hof- und
Landgericht, dem spätern altmärkischen Obergericht, Recht nahm.
Doch wurden nicht sämmtliche Bauern der Altmark zu Patrimonial-
gerichtsunterthanen herabgedrückt. So kam es, daß nicht nur die
Freisassen, sondern auch Bauern der Altmark bis zum Jahr I8V6
mit dem Adel vor dem Obergerichte der Provinz Recht nahmen.
Persönlich waren alle Bauern der Altmark immer gleich frei, nur
der Hof, die Hufe, die Scholle bestimmte, welchem Gerichte der
Mensch unterworfen sein sollte. So konnte der Freisasse, der Frei¬
bauer heute ein Patrimonialgerichtsunterthan werden und der unter-
thänige Bauer konnte morgen durch Erwerb eines Freihofeö ein
Forum mit dem Adel vor dem höchsten Gerichtshofe erwerben.




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[0545] Theil entstanden ist. Ja fast alle >'me Ortschaften, die noch vor hundert Jahren nur in dem Bodding, wo der Hof- und Landrich¬ ter früher im Namen des Kurfürsten von Brandenburg, seit 1701 im Namen des Königs, den Vorsitz führte, zu Recht zu stehen brauch¬ ten, sind heute Patrimonialgerichtsherren unterworfen. Ein Theil der „Eingesessenen", der die Aufhebung des Boddings betrieb, wußte sich die Gerichtsbarkeit über einen Theil seiner ehemaligen Ge¬ nossen anzueignen, indem er selbst für die Folge vor dem Hof- und Landgericht, dem spätern altmärkischen Obergericht, Recht nahm. Doch wurden nicht sämmtliche Bauern der Altmark zu Patrimonial- gerichtsunterthanen herabgedrückt. So kam es, daß nicht nur die Freisassen, sondern auch Bauern der Altmark bis zum Jahr I8V6 mit dem Adel vor dem Obergerichte der Provinz Recht nahmen. Persönlich waren alle Bauern der Altmark immer gleich frei, nur der Hof, die Hufe, die Scholle bestimmte, welchem Gerichte der Mensch unterworfen sein sollte. So konnte der Freisasse, der Frei¬ bauer heute ein Patrimonialgerichtsunterthan werden und der unter- thänige Bauer konnte morgen durch Erwerb eines Freihofeö ein Forum mit dem Adel vor dem höchsten Gerichtshofe erwerben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/545>, abgerufen am 27.07.2024.