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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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keineswegs hinreichend ist, um alle Anforderungen zu befriedigen, die
das größere Publicum an eine solche Sammlung macht, weshalb denn
auch die Zulassung zum zoologischen Garten mit einem Eintrittsgelde
verbunden ist.

Am bevorstehenden Sonnabend haben wir nun die Eröffnung des
neuen Opernhauses und die dazu geschriebene Festoper des Herrn
Meyerbeer zu erwarten. Ob ich Ihnen darüber werde berichten kön¬
nen, weiß ich noch nicht, da ich weder zu den Glücklichen gehöre, die
auch ohne den Wunsch darnach zu äußern, Eintrittsbillets bekommen,
noch zu den Vorsichtigen, die bereits nach dem Brande des alten
Opernhauses Plätze zur Einweihung des neuen bestellten; noch endlich
zu den Gefurchteren, d. h. zu den Theaterrecensenten, die man auf
alle Weise zu schonen bemüht ist. Ich gehe so wenig als möglich in's
Theater und freue mich sehr, daß es Ihnen mehr um andere, als
um Theaterberichte zu thun ist, denn sonst würde ich meine Pflicht
nur mangelhaft erfüllen können. Indessen, wenn etwas Bedeutendes
auf der Bühne sich ereignet -- was freilich selten genug bei uns vor¬
kommt -- pflege auch ich nicht unter den Zuschauern zu fehlen.
'

Karl Becks Gedichte sind in dieser Woche, seitdem sie nun wirklich frei-
und ausgegeben, ungemein viel gekauft und gelesen worden. Der Dich¬
ter verdient aber auch die wärmste Theilnahme des Publicums, denn
er verbindet mit einer unbestreitbar reichen poetischen Ader Adel der
Gesinnung und Männlichkeit des Charakters.

Hier ist jetzt sehr von Petitionen die Rede, die von hiesigen Bür¬
gern und Einwohnern an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet
werden, um diese in ihren Ansichten zu bestärken und die Berliner
Commune überhaupt zu veranlassen, bei dem Provinziallandtage dieje¬
nigen Maßregeln zu beantragen, die als unumgängliche Forderungen
der vorgeschrittenen Zeit anerkannt sind. Nun, quvc! l'ölix San8tum-
Justus. sit!


III.
Aus Vreslau.

Keine Belletristik. -- Hans Köster. -- "Maria von Schottland" auf der
Bühne. -- Gustav Freitag. -- sollet über den zweiten Theil des Faust. --
Holle! und das Theater. -- Ronge. -- Die Provinzicilsynode und die Stadt¬
verordneten.

Sie wünschen über die hiesigen belletristischen Bestrebungen und
Zustände etwas zu erfahren. Die Wahrheit zu gestehen, eristiren der¬
gleichen Dinge hier gar nicht, denn das, was sich etwa dafür ausge-
ben konnte, scheint nur zur Widerlegung seines eigenen Daseins vor¬
handen zu sein. Wir sind in der That so über alle Maßen politisch
geworden, daß es zum Verzweifeln ist. Die schöne Zeit, wo uns ein


keineswegs hinreichend ist, um alle Anforderungen zu befriedigen, die
das größere Publicum an eine solche Sammlung macht, weshalb denn
auch die Zulassung zum zoologischen Garten mit einem Eintrittsgelde
verbunden ist.

Am bevorstehenden Sonnabend haben wir nun die Eröffnung des
neuen Opernhauses und die dazu geschriebene Festoper des Herrn
Meyerbeer zu erwarten. Ob ich Ihnen darüber werde berichten kön¬
nen, weiß ich noch nicht, da ich weder zu den Glücklichen gehöre, die
auch ohne den Wunsch darnach zu äußern, Eintrittsbillets bekommen,
noch zu den Vorsichtigen, die bereits nach dem Brande des alten
Opernhauses Plätze zur Einweihung des neuen bestellten; noch endlich
zu den Gefurchteren, d. h. zu den Theaterrecensenten, die man auf
alle Weise zu schonen bemüht ist. Ich gehe so wenig als möglich in's
Theater und freue mich sehr, daß es Ihnen mehr um andere, als
um Theaterberichte zu thun ist, denn sonst würde ich meine Pflicht
nur mangelhaft erfüllen können. Indessen, wenn etwas Bedeutendes
auf der Bühne sich ereignet — was freilich selten genug bei uns vor¬
kommt — pflege auch ich nicht unter den Zuschauern zu fehlen.
'

Karl Becks Gedichte sind in dieser Woche, seitdem sie nun wirklich frei-
und ausgegeben, ungemein viel gekauft und gelesen worden. Der Dich¬
ter verdient aber auch die wärmste Theilnahme des Publicums, denn
er verbindet mit einer unbestreitbar reichen poetischen Ader Adel der
Gesinnung und Männlichkeit des Charakters.

Hier ist jetzt sehr von Petitionen die Rede, die von hiesigen Bür¬
gern und Einwohnern an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet
werden, um diese in ihren Ansichten zu bestärken und die Berliner
Commune überhaupt zu veranlassen, bei dem Provinziallandtage dieje¬
nigen Maßregeln zu beantragen, die als unumgängliche Forderungen
der vorgeschrittenen Zeit anerkannt sind. Nun, quvc! l'ölix San8tum-
Justus. sit!


III.
Aus Vreslau.

Keine Belletristik. — Hans Köster. — „Maria von Schottland" auf der
Bühne. — Gustav Freitag. — sollet über den zweiten Theil des Faust. —
Holle! und das Theater. — Ronge. — Die Provinzicilsynode und die Stadt¬
verordneten.

Sie wünschen über die hiesigen belletristischen Bestrebungen und
Zustände etwas zu erfahren. Die Wahrheit zu gestehen, eristiren der¬
gleichen Dinge hier gar nicht, denn das, was sich etwa dafür ausge-
ben konnte, scheint nur zur Widerlegung seines eigenen Daseins vor¬
handen zu sein. Wir sind in der That so über alle Maßen politisch
geworden, daß es zum Verzweifeln ist. Die schöne Zeit, wo uns ein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/515>, abgerufen am 05.12.2024.