Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

man Herrn Lieutenant und ich fürchte mich nicht im Geringsten, selben
zu verlieren.

Der gute Franzi. Nachdem ich heute hier Präses bin, so
werde ich das Geld in Verwahrung nehmen und die Stimmen ab¬
sammeln, welche entscheiden werden, wer eigentlich die Wette gewon-
nen hat.

Mein Herr. Recht so! Stimmenmehrheit muß entscheiden,
wer Recht hat!

Das Geld wurde zusammengelegt und dem Präses, nämlich
dem guten Franzi, übergeben. Zur größeren Ueberzeugung, daß kein
Trug oder Falschheit vorgehe, mußten die Wettenden ihre Meinun¬
gen auf ein Blatt Papier schreiben. Der gute Franzi befahl, ver¬
möge seiner Autorität, Silentium, und las dann mit vernehmlicher
Stimme den Gedanken des geistlichen Herrn, welcher folgende Worte
enthielt: ..On competlt clvlnntum, el edi-in" cvmstetit lleünitio!^
Nachdem dieser Spruch, wie bei einer Lottoziehung, von Hand zu
Hand ging und die meisten über die Keckheit des in diejen unver-
ständlichen Worten liegenden tiefen Sinnes ernsthaft nachdachten, un¬
terbrach der Präses das auferlegte Silentium mit der Aufforderung,
der geistliche Herr wolle sich bei dieser Gelegenheit, wo es sich um Mein
und Dein handle, deutlich und für Alle verständlich ausdrücken. Der
geistliche Herr wendete ein, daß er sich außer der ungarischen und
lateinischen Sprache keiner andern bedienen könne, um sich nicht lächerlich zu
machen; und daß er daher die Uebersetzung des angeführten lateini¬
schen Spruchs recht gern dem hochgelahrten und Alles besser wissen¬
den Garnisonslieutenant überlasse.

Garnisons-Lieutenant. Ich habe freilich schon viel von
dem erlernten Latein vergessen, aber ich glaube, ich werde den Sinn
so ziemlich errathen, wenn ich den von Ihnen citirten Spruch fol¬
gendermaßen übersetze: "Wer zu den Wölfen gehört, muß mit ihnen
heulen!" (Gelächter.)

Der gute Franzi. Nun, meine Herren, wird das zweite
Blatt veröffentlicht.

Das vom Garnisonölieutenant beschriebene Blatt cursirte gleich¬
falls von Hand zu Hand und der Präses las wieder mit lauter
Stimme folgende Worte: "Mag der geistliche Herr geschrieben ha¬
ben, was er will, so habe ich für jeden Fall meine Wette gewor-


man Herrn Lieutenant und ich fürchte mich nicht im Geringsten, selben
zu verlieren.

Der gute Franzi. Nachdem ich heute hier Präses bin, so
werde ich das Geld in Verwahrung nehmen und die Stimmen ab¬
sammeln, welche entscheiden werden, wer eigentlich die Wette gewon-
nen hat.

Mein Herr. Recht so! Stimmenmehrheit muß entscheiden,
wer Recht hat!

Das Geld wurde zusammengelegt und dem Präses, nämlich
dem guten Franzi, übergeben. Zur größeren Ueberzeugung, daß kein
Trug oder Falschheit vorgehe, mußten die Wettenden ihre Meinun¬
gen auf ein Blatt Papier schreiben. Der gute Franzi befahl, ver¬
möge seiner Autorität, Silentium, und las dann mit vernehmlicher
Stimme den Gedanken des geistlichen Herrn, welcher folgende Worte
enthielt: ..On competlt clvlnntum, el edi-in» cvmstetit lleünitio!^
Nachdem dieser Spruch, wie bei einer Lottoziehung, von Hand zu
Hand ging und die meisten über die Keckheit des in diejen unver-
ständlichen Worten liegenden tiefen Sinnes ernsthaft nachdachten, un¬
terbrach der Präses das auferlegte Silentium mit der Aufforderung,
der geistliche Herr wolle sich bei dieser Gelegenheit, wo es sich um Mein
und Dein handle, deutlich und für Alle verständlich ausdrücken. Der
geistliche Herr wendete ein, daß er sich außer der ungarischen und
lateinischen Sprache keiner andern bedienen könne, um sich nicht lächerlich zu
machen; und daß er daher die Uebersetzung des angeführten lateini¬
schen Spruchs recht gern dem hochgelahrten und Alles besser wissen¬
den Garnisonslieutenant überlasse.

Garnisons-Lieutenant. Ich habe freilich schon viel von
dem erlernten Latein vergessen, aber ich glaube, ich werde den Sinn
so ziemlich errathen, wenn ich den von Ihnen citirten Spruch fol¬
gendermaßen übersetze: „Wer zu den Wölfen gehört, muß mit ihnen
heulen!" (Gelächter.)

Der gute Franzi. Nun, meine Herren, wird das zweite
Blatt veröffentlicht.

Das vom Garnisonölieutenant beschriebene Blatt cursirte gleich¬
falls von Hand zu Hand und der Präses las wieder mit lauter
Stimme folgende Worte: „Mag der geistliche Herr geschrieben ha¬
ben, was er will, so habe ich für jeden Fall meine Wette gewor-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181507"/>
            <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> man Herrn Lieutenant und ich fürchte mich nicht im Geringsten, selben<lb/>
zu verlieren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_937"> Der gute Franzi. Nachdem ich heute hier Präses bin, so<lb/>
werde ich das Geld in Verwahrung nehmen und die Stimmen ab¬<lb/>
sammeln, welche entscheiden werden, wer eigentlich die Wette gewon-<lb/>
nen hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_938"> Mein Herr. Recht so! Stimmenmehrheit muß entscheiden,<lb/>
wer Recht hat!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_939"> Das Geld wurde zusammengelegt und dem Präses, nämlich<lb/>
dem guten Franzi, übergeben. Zur größeren Ueberzeugung, daß kein<lb/>
Trug oder Falschheit vorgehe, mußten die Wettenden ihre Meinun¬<lb/>
gen auf ein Blatt Papier schreiben. Der gute Franzi befahl, ver¬<lb/>
möge seiner Autorität, Silentium, und las dann mit vernehmlicher<lb/>
Stimme den Gedanken des geistlichen Herrn, welcher folgende Worte<lb/>
enthielt: ..On competlt clvlnntum, el edi-in» cvmstetit lleünitio!^<lb/>
Nachdem dieser Spruch, wie bei einer Lottoziehung, von Hand zu<lb/>
Hand ging und die meisten über die Keckheit des in diejen unver-<lb/>
ständlichen Worten liegenden tiefen Sinnes ernsthaft nachdachten, un¬<lb/>
terbrach der Präses das auferlegte Silentium mit der Aufforderung,<lb/>
der geistliche Herr wolle sich bei dieser Gelegenheit, wo es sich um Mein<lb/>
und Dein handle, deutlich und für Alle verständlich ausdrücken. Der<lb/>
geistliche Herr wendete ein, daß er sich außer der ungarischen und<lb/>
lateinischen Sprache keiner andern bedienen könne, um sich nicht lächerlich zu<lb/>
machen; und daß er daher die Uebersetzung des angeführten lateini¬<lb/>
schen Spruchs recht gern dem hochgelahrten und Alles besser wissen¬<lb/>
den Garnisonslieutenant überlasse.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_940"> Garnisons-Lieutenant. Ich habe freilich schon viel von<lb/>
dem erlernten Latein vergessen, aber ich glaube, ich werde den Sinn<lb/>
so ziemlich errathen, wenn ich den von Ihnen citirten Spruch fol¬<lb/>
gendermaßen übersetze: &#x201E;Wer zu den Wölfen gehört, muß mit ihnen<lb/>
heulen!" (Gelächter.)</p><lb/>
            <p xml:id="ID_941"> Der gute Franzi. Nun, meine Herren, wird das zweite<lb/>
Blatt veröffentlicht.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_942" next="#ID_943"> Das vom Garnisonölieutenant beschriebene Blatt cursirte gleich¬<lb/>
falls von Hand zu Hand und der Präses las wieder mit lauter<lb/>
Stimme folgende Worte: &#x201E;Mag der geistliche Herr geschrieben ha¬<lb/>
ben, was er will, so habe ich für jeden Fall meine Wette gewor-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0323] man Herrn Lieutenant und ich fürchte mich nicht im Geringsten, selben zu verlieren. Der gute Franzi. Nachdem ich heute hier Präses bin, so werde ich das Geld in Verwahrung nehmen und die Stimmen ab¬ sammeln, welche entscheiden werden, wer eigentlich die Wette gewon- nen hat. Mein Herr. Recht so! Stimmenmehrheit muß entscheiden, wer Recht hat! Das Geld wurde zusammengelegt und dem Präses, nämlich dem guten Franzi, übergeben. Zur größeren Ueberzeugung, daß kein Trug oder Falschheit vorgehe, mußten die Wettenden ihre Meinun¬ gen auf ein Blatt Papier schreiben. Der gute Franzi befahl, ver¬ möge seiner Autorität, Silentium, und las dann mit vernehmlicher Stimme den Gedanken des geistlichen Herrn, welcher folgende Worte enthielt: ..On competlt clvlnntum, el edi-in» cvmstetit lleünitio!^ Nachdem dieser Spruch, wie bei einer Lottoziehung, von Hand zu Hand ging und die meisten über die Keckheit des in diejen unver- ständlichen Worten liegenden tiefen Sinnes ernsthaft nachdachten, un¬ terbrach der Präses das auferlegte Silentium mit der Aufforderung, der geistliche Herr wolle sich bei dieser Gelegenheit, wo es sich um Mein und Dein handle, deutlich und für Alle verständlich ausdrücken. Der geistliche Herr wendete ein, daß er sich außer der ungarischen und lateinischen Sprache keiner andern bedienen könne, um sich nicht lächerlich zu machen; und daß er daher die Uebersetzung des angeführten lateini¬ schen Spruchs recht gern dem hochgelahrten und Alles besser wissen¬ den Garnisonslieutenant überlasse. Garnisons-Lieutenant. Ich habe freilich schon viel von dem erlernten Latein vergessen, aber ich glaube, ich werde den Sinn so ziemlich errathen, wenn ich den von Ihnen citirten Spruch fol¬ gendermaßen übersetze: „Wer zu den Wölfen gehört, muß mit ihnen heulen!" (Gelächter.) Der gute Franzi. Nun, meine Herren, wird das zweite Blatt veröffentlicht. Das vom Garnisonölieutenant beschriebene Blatt cursirte gleich¬ falls von Hand zu Hand und der Präses las wieder mit lauter Stimme folgende Worte: „Mag der geistliche Herr geschrieben ha¬ ben, was er will, so habe ich für jeden Fall meine Wette gewor-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/323
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/323>, abgerufen am 27.07.2024.