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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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zu sprechen! wie wird Schuselka in der Augsburger Allgemeinen
frohlockend in die Posaune stoßen über dieses germanische Ereigniß,
welches ihm den Sieg des Deutschthums an den Küsten der Adria
beweisen wird; es mag ihn für den Kummer entschädigen, den ihm
die romanischen Anmaßungen in Tyrol verursachten. Dieser junge,
gesinnungstrcue Schriftsteller scheint es sich nun einmal zum Zweck
gemacht zu haben, alle ferneren Uebergriffe, mögen sie von slavischer,
magyarischer oder welscher Seite kommen, aufzudecken und durch Öf¬
fentlichkeit zu paralysiren. Dem deutschen Philisterium mögen aller¬
dings manche seiner Angriffe kleinlich vorkommen und dem Kampf
gegen Windmühlen gleichen; so ganz vergeblich sind seine Streiche
doch nicht, denn wenn auch die feindseligen Aeußerungen dieser Na¬
tionalitäten bisher immer nur in den Grenzen partiellen Mißwollcns
blieben, so darf man doch niemals vergessen, daß diese Beschränkung
keine freiwillige Mäßigung ist und die versuchten Reibungen unter
den für uns Deutsche günstigsten Verhältnissen stattfinden. Es bleibt
allerdings sehr beachtenswert!), wenn unter einer deutschen Negierung
in deutschen Landen engverbundene Voltsthümlichkeiten sich derlei Ein¬
griffe erlauben dürfen, wie dies die Anordnung, daß alle Priester des
in Niederösterreich belegenen Klosters Heiligenkreuz Magyarisch lernen
müssen, oder in einer wesentlich deutschen Stadt unter den Augen des
deutschen Censors eine Provinzialgeschichte gedruckt wird, deren Inhalt
darauf berechnet ist, die slavischen Bewohner, welche die Minderzahl
bilden und offenbare Eindringlinge sind, gegen das deutsche Lebensele¬
ment aufzureizen. Das Letztere bezieht sich auf eine in flovenischer
Sprache in Gratz erscheinende Geschichte der Steyermark, die ein Herr
Krempl herausgibt und in der die armen, unwissenden Bauern des
Marburger und Collier Kreises mit einem lächerlichen Pathos haran-
guirt und an ihre große Vergangenheit und herrliche Zukunft erinnert
werden! Man muß das selber lesen, um es zu glauben. Wir gehö¬
ren durchaus nicht zu denjenigen, welche für sich Rechte in Anspruch
nehmen, die sie den Andern verweigern wollen; nein, nur möchten
wir der slavischen Nationalität zumal nicht gerne Befugnisse einge¬
räumt sehen, welche dem deutschen Volksstamm, den man ironischer
Weise den herrschenden nennt, vorenthalten werden. Mache doch Je¬
mand den Versuch, unter österreichischer Censur für das deutsche In¬
teresse zu schreiben, wie Graf Thun, Schaffaryk, Kollar, Palacky u.
s. w. für das slavische geschrieben haben, ob seinem Buch das Im¬
primatur zu Theil werden wird? Da heißt es gleich, man wolle Zwie¬
tracht säen, die Bande des Staates lockern, den Geist nationalen Un¬
friedens heraufbeschwören u. dergl. mehr. Wir lassen den Slaven
herzlich gern das Recht der Klage, allein wir nehmen es auch für die
Deutschen in Anspruch, oder glaubt man etwa, wir hätten Nichts zu
klagen? Die Deutschen in Oesterreich haben nicht allein keine ,euer


zu sprechen! wie wird Schuselka in der Augsburger Allgemeinen
frohlockend in die Posaune stoßen über dieses germanische Ereigniß,
welches ihm den Sieg des Deutschthums an den Küsten der Adria
beweisen wird; es mag ihn für den Kummer entschädigen, den ihm
die romanischen Anmaßungen in Tyrol verursachten. Dieser junge,
gesinnungstrcue Schriftsteller scheint es sich nun einmal zum Zweck
gemacht zu haben, alle ferneren Uebergriffe, mögen sie von slavischer,
magyarischer oder welscher Seite kommen, aufzudecken und durch Öf¬
fentlichkeit zu paralysiren. Dem deutschen Philisterium mögen aller¬
dings manche seiner Angriffe kleinlich vorkommen und dem Kampf
gegen Windmühlen gleichen; so ganz vergeblich sind seine Streiche
doch nicht, denn wenn auch die feindseligen Aeußerungen dieser Na¬
tionalitäten bisher immer nur in den Grenzen partiellen Mißwollcns
blieben, so darf man doch niemals vergessen, daß diese Beschränkung
keine freiwillige Mäßigung ist und die versuchten Reibungen unter
den für uns Deutsche günstigsten Verhältnissen stattfinden. Es bleibt
allerdings sehr beachtenswert!), wenn unter einer deutschen Negierung
in deutschen Landen engverbundene Voltsthümlichkeiten sich derlei Ein¬
griffe erlauben dürfen, wie dies die Anordnung, daß alle Priester des
in Niederösterreich belegenen Klosters Heiligenkreuz Magyarisch lernen
müssen, oder in einer wesentlich deutschen Stadt unter den Augen des
deutschen Censors eine Provinzialgeschichte gedruckt wird, deren Inhalt
darauf berechnet ist, die slavischen Bewohner, welche die Minderzahl
bilden und offenbare Eindringlinge sind, gegen das deutsche Lebensele¬
ment aufzureizen. Das Letztere bezieht sich auf eine in flovenischer
Sprache in Gratz erscheinende Geschichte der Steyermark, die ein Herr
Krempl herausgibt und in der die armen, unwissenden Bauern des
Marburger und Collier Kreises mit einem lächerlichen Pathos haran-
guirt und an ihre große Vergangenheit und herrliche Zukunft erinnert
werden! Man muß das selber lesen, um es zu glauben. Wir gehö¬
ren durchaus nicht zu denjenigen, welche für sich Rechte in Anspruch
nehmen, die sie den Andern verweigern wollen; nein, nur möchten
wir der slavischen Nationalität zumal nicht gerne Befugnisse einge¬
räumt sehen, welche dem deutschen Volksstamm, den man ironischer
Weise den herrschenden nennt, vorenthalten werden. Mache doch Je¬
mand den Versuch, unter österreichischer Censur für das deutsche In¬
teresse zu schreiben, wie Graf Thun, Schaffaryk, Kollar, Palacky u.
s. w. für das slavische geschrieben haben, ob seinem Buch das Im¬
primatur zu Theil werden wird? Da heißt es gleich, man wolle Zwie¬
tracht säen, die Bande des Staates lockern, den Geist nationalen Un¬
friedens heraufbeschwören u. dergl. mehr. Wir lassen den Slaven
herzlich gern das Recht der Klage, allein wir nehmen es auch für die
Deutschen in Anspruch, oder glaubt man etwa, wir hätten Nichts zu
klagen? Die Deutschen in Oesterreich haben nicht allein keine ,euer


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[0134] zu sprechen! wie wird Schuselka in der Augsburger Allgemeinen frohlockend in die Posaune stoßen über dieses germanische Ereigniß, welches ihm den Sieg des Deutschthums an den Küsten der Adria beweisen wird; es mag ihn für den Kummer entschädigen, den ihm die romanischen Anmaßungen in Tyrol verursachten. Dieser junge, gesinnungstrcue Schriftsteller scheint es sich nun einmal zum Zweck gemacht zu haben, alle ferneren Uebergriffe, mögen sie von slavischer, magyarischer oder welscher Seite kommen, aufzudecken und durch Öf¬ fentlichkeit zu paralysiren. Dem deutschen Philisterium mögen aller¬ dings manche seiner Angriffe kleinlich vorkommen und dem Kampf gegen Windmühlen gleichen; so ganz vergeblich sind seine Streiche doch nicht, denn wenn auch die feindseligen Aeußerungen dieser Na¬ tionalitäten bisher immer nur in den Grenzen partiellen Mißwollcns blieben, so darf man doch niemals vergessen, daß diese Beschränkung keine freiwillige Mäßigung ist und die versuchten Reibungen unter den für uns Deutsche günstigsten Verhältnissen stattfinden. Es bleibt allerdings sehr beachtenswert!), wenn unter einer deutschen Negierung in deutschen Landen engverbundene Voltsthümlichkeiten sich derlei Ein¬ griffe erlauben dürfen, wie dies die Anordnung, daß alle Priester des in Niederösterreich belegenen Klosters Heiligenkreuz Magyarisch lernen müssen, oder in einer wesentlich deutschen Stadt unter den Augen des deutschen Censors eine Provinzialgeschichte gedruckt wird, deren Inhalt darauf berechnet ist, die slavischen Bewohner, welche die Minderzahl bilden und offenbare Eindringlinge sind, gegen das deutsche Lebensele¬ ment aufzureizen. Das Letztere bezieht sich auf eine in flovenischer Sprache in Gratz erscheinende Geschichte der Steyermark, die ein Herr Krempl herausgibt und in der die armen, unwissenden Bauern des Marburger und Collier Kreises mit einem lächerlichen Pathos haran- guirt und an ihre große Vergangenheit und herrliche Zukunft erinnert werden! Man muß das selber lesen, um es zu glauben. Wir gehö¬ ren durchaus nicht zu denjenigen, welche für sich Rechte in Anspruch nehmen, die sie den Andern verweigern wollen; nein, nur möchten wir der slavischen Nationalität zumal nicht gerne Befugnisse einge¬ räumt sehen, welche dem deutschen Volksstamm, den man ironischer Weise den herrschenden nennt, vorenthalten werden. Mache doch Je¬ mand den Versuch, unter österreichischer Censur für das deutsche In¬ teresse zu schreiben, wie Graf Thun, Schaffaryk, Kollar, Palacky u. s. w. für das slavische geschrieben haben, ob seinem Buch das Im¬ primatur zu Theil werden wird? Da heißt es gleich, man wolle Zwie¬ tracht säen, die Bande des Staates lockern, den Geist nationalen Un¬ friedens heraufbeschwören u. dergl. mehr. Wir lassen den Slaven herzlich gern das Recht der Klage, allein wir nehmen es auch für die Deutschen in Anspruch, oder glaubt man etwa, wir hätten Nichts zu klagen? Die Deutschen in Oesterreich haben nicht allein keine ,euer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/134>, abgerufen am 27.07.2024.