Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
-2" I t
T a g e b u es.



i.
A"S Wien.

Russischer Communismus in Böhmen und Polen. -- Der Cabinetsrath in
Trieft und die Zukunft Italiens. -- Uebergriffe der Slaven und Magyaren.
-- Oeffentlichkeit der Stockprügel. -- Prinzessin Wasa und el" Korrespondent
der "Eleganten".

Sie haben meinem Berichte über die proletarischen Vorgange in
Böhmens) eine Anmerkung beigefügt, deren Richtigkeit ich in so weit
nicht anerkennen kann, als sie den von mir ausgedrückten Gedanken
keineswegs berichtigt, als vielmehr blos weiter ausführt. Der Com¬
munismus, den die slavische Propaganda befördert und unter der
Maske predigt, ist allerdings nicht jener systematische, ideeklare und
in das Blut der innersten Geistesüberzeugung eingedrungene Communis¬
mus der französischen Blousenmänner in Paris und Genf, denn die¬
ser will den bitteren Ernst und faßt die Sache gründlich bei der Wur¬
zel, während die privilegirten Communisten, die diplomatischen Weit¬
linge blos die Philosophie des Magens begünstigen, um, wenn sol¬
ches gelungen, uns freundliche Warnungen zuflüstern zu kön¬
nen und zwischen deutschen Regierungen und deutschen Völkern ein
gespanntes Verhältniß zu unterhalten, das dem russischen Interesse
nicht anders als entsprechend sein kann. Wie tragikomisch war nicht
der schauerliche Hintergrund von kommunistischen Tendenzen, welchen
die russische Malerkunst den benachbarten Höfen zur Zeit der serbi¬
schen Thronumwälzung vorzugaukeln wußte, und der gleichwohl die
Folge hatte, der Bewegungspartei die diplomatischen Sympathien zu
entfremden. Dieser gute Erfolg mochte gehörigen Orts allzu verfüh¬
rerisch erscheinen, um dasselbe Kraftmittel nicht noch in anderen pas¬
senden Gelegenheiten anzuwenden, wozu Polen und die germanischen
Mischländer den fruchtbarsten Boden darboten, nicht etwa, weil ver



*) Siehe Nro. 9. N. Semester.
-2» I t
T a g e b u es.



i.
A«S Wien.

Russischer Communismus in Böhmen und Polen. — Der Cabinetsrath in
Trieft und die Zukunft Italiens. — Uebergriffe der Slaven und Magyaren.
— Oeffentlichkeit der Stockprügel. — Prinzessin Wasa und el» Korrespondent
der „Eleganten".

Sie haben meinem Berichte über die proletarischen Vorgange in
Böhmens) eine Anmerkung beigefügt, deren Richtigkeit ich in so weit
nicht anerkennen kann, als sie den von mir ausgedrückten Gedanken
keineswegs berichtigt, als vielmehr blos weiter ausführt. Der Com¬
munismus, den die slavische Propaganda befördert und unter der
Maske predigt, ist allerdings nicht jener systematische, ideeklare und
in das Blut der innersten Geistesüberzeugung eingedrungene Communis¬
mus der französischen Blousenmänner in Paris und Genf, denn die¬
ser will den bitteren Ernst und faßt die Sache gründlich bei der Wur¬
zel, während die privilegirten Communisten, die diplomatischen Weit¬
linge blos die Philosophie des Magens begünstigen, um, wenn sol¬
ches gelungen, uns freundliche Warnungen zuflüstern zu kön¬
nen und zwischen deutschen Regierungen und deutschen Völkern ein
gespanntes Verhältniß zu unterhalten, das dem russischen Interesse
nicht anders als entsprechend sein kann. Wie tragikomisch war nicht
der schauerliche Hintergrund von kommunistischen Tendenzen, welchen
die russische Malerkunst den benachbarten Höfen zur Zeit der serbi¬
schen Thronumwälzung vorzugaukeln wußte, und der gleichwohl die
Folge hatte, der Bewegungspartei die diplomatischen Sympathien zu
entfremden. Dieser gute Erfolg mochte gehörigen Orts allzu verfüh¬
rerisch erscheinen, um dasselbe Kraftmittel nicht noch in anderen pas¬
senden Gelegenheiten anzuwenden, wozu Polen und die germanischen
Mischländer den fruchtbarsten Boden darboten, nicht etwa, weil ver



*) Siehe Nro. 9. N. Semester.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0132" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181316"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> -2» I t<lb/>
T a g e b u es.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="2">
            <head> i.<lb/>
A«S Wien.</head><lb/>
            <note type="argument"> Russischer Communismus in Böhmen und Polen. &#x2014; Der Cabinetsrath in<lb/>
Trieft und die Zukunft Italiens. &#x2014; Uebergriffe der Slaven und Magyaren.<lb/>
&#x2014; Oeffentlichkeit der Stockprügel. &#x2014; Prinzessin Wasa und el» Korrespondent<lb/>
der &#x201E;Eleganten".</note><lb/>
            <p xml:id="ID_422" next="#ID_423"> Sie haben meinem Berichte über die proletarischen Vorgange in<lb/>
Böhmens) eine Anmerkung beigefügt, deren Richtigkeit ich in so weit<lb/>
nicht anerkennen kann, als sie den von mir ausgedrückten Gedanken<lb/>
keineswegs berichtigt, als vielmehr blos weiter ausführt. Der Com¬<lb/>
munismus, den die slavische Propaganda befördert und unter der<lb/>
Maske predigt, ist allerdings nicht jener systematische, ideeklare und<lb/>
in das Blut der innersten Geistesüberzeugung eingedrungene Communis¬<lb/>
mus der französischen Blousenmänner in Paris und Genf, denn die¬<lb/>
ser will den bitteren Ernst und faßt die Sache gründlich bei der Wur¬<lb/>
zel, während die privilegirten Communisten, die diplomatischen Weit¬<lb/>
linge blos die Philosophie des Magens begünstigen, um, wenn sol¬<lb/>
ches gelungen, uns freundliche Warnungen zuflüstern zu kön¬<lb/>
nen und zwischen deutschen Regierungen und deutschen Völkern ein<lb/>
gespanntes Verhältniß zu unterhalten, das dem russischen Interesse<lb/>
nicht anders als entsprechend sein kann. Wie tragikomisch war nicht<lb/>
der schauerliche Hintergrund von kommunistischen Tendenzen, welchen<lb/>
die russische Malerkunst den benachbarten Höfen zur Zeit der serbi¬<lb/>
schen Thronumwälzung vorzugaukeln wußte, und der gleichwohl die<lb/>
Folge hatte, der Bewegungspartei die diplomatischen Sympathien zu<lb/>
entfremden. Dieser gute Erfolg mochte gehörigen Orts allzu verfüh¬<lb/>
rerisch erscheinen, um dasselbe Kraftmittel nicht noch in anderen pas¬<lb/>
senden Gelegenheiten anzuwenden, wozu Polen und die germanischen<lb/>
Mischländer den fruchtbarsten Boden darboten, nicht etwa, weil ver</p><lb/>
            <note xml:id="FID_5" place="foot"> *) Siehe Nro. 9. N. Semester.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0132] -2» I t T a g e b u es. i. A«S Wien. Russischer Communismus in Böhmen und Polen. — Der Cabinetsrath in Trieft und die Zukunft Italiens. — Uebergriffe der Slaven und Magyaren. — Oeffentlichkeit der Stockprügel. — Prinzessin Wasa und el» Korrespondent der „Eleganten". Sie haben meinem Berichte über die proletarischen Vorgange in Böhmens) eine Anmerkung beigefügt, deren Richtigkeit ich in so weit nicht anerkennen kann, als sie den von mir ausgedrückten Gedanken keineswegs berichtigt, als vielmehr blos weiter ausführt. Der Com¬ munismus, den die slavische Propaganda befördert und unter der Maske predigt, ist allerdings nicht jener systematische, ideeklare und in das Blut der innersten Geistesüberzeugung eingedrungene Communis¬ mus der französischen Blousenmänner in Paris und Genf, denn die¬ ser will den bitteren Ernst und faßt die Sache gründlich bei der Wur¬ zel, während die privilegirten Communisten, die diplomatischen Weit¬ linge blos die Philosophie des Magens begünstigen, um, wenn sol¬ ches gelungen, uns freundliche Warnungen zuflüstern zu kön¬ nen und zwischen deutschen Regierungen und deutschen Völkern ein gespanntes Verhältniß zu unterhalten, das dem russischen Interesse nicht anders als entsprechend sein kann. Wie tragikomisch war nicht der schauerliche Hintergrund von kommunistischen Tendenzen, welchen die russische Malerkunst den benachbarten Höfen zur Zeit der serbi¬ schen Thronumwälzung vorzugaukeln wußte, und der gleichwohl die Folge hatte, der Bewegungspartei die diplomatischen Sympathien zu entfremden. Dieser gute Erfolg mochte gehörigen Orts allzu verfüh¬ rerisch erscheinen, um dasselbe Kraftmittel nicht noch in anderen pas¬ senden Gelegenheiten anzuwenden, wozu Polen und die germanischen Mischländer den fruchtbarsten Boden darboten, nicht etwa, weil ver *) Siehe Nro. 9. N. Semester.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/132
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/132>, abgerufen am 27.07.2024.