Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.Staubwolken, die von der nahen Landstraße selbst unserm fröhlichen Doch wie es von leichten Plänkeleien plötzlich zum Ernst der Der Sturm hatte uns Allen sür einen Augenblick die Besinnung Ich stürzte auf ihn zu, faßte schnell nach seiner Hand, nach sei¬ So hatte der Staub denn Wort gehalten, hatte endlich noch Ein einfaches Denkmal nach Wendelin's Zeichnung auf dem 8it terra tibi levis! Nach einem halben Jahre führte ich Wilhelminen zum Altare, Staubwolken, die von der nahen Landstraße selbst unserm fröhlichen Doch wie es von leichten Plänkeleien plötzlich zum Ernst der Der Sturm hatte uns Allen sür einen Augenblick die Besinnung Ich stürzte auf ihn zu, faßte schnell nach seiner Hand, nach sei¬ So hatte der Staub denn Wort gehalten, hatte endlich noch Ein einfaches Denkmal nach Wendelin's Zeichnung auf dem 8it terra tibi levis! Nach einem halben Jahre führte ich Wilhelminen zum Altare, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0128" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181312"/> <p xml:id="ID_414" prev="#ID_413"> Staubwolken, die von der nahen Landstraße selbst unserm fröhlichen<lb/> Mahle gefährlich zu werden drohten. Der Professor hätte sich sonst<lb/> schon bei den ersten Anzeichen eines solchen Ungewitters zitternd und<lb/> bestürzt in den tiefsten Winkel seines steinernen Hauses zu Birkenfeld<lb/> begraben oder wenigstens mit dreifachen Hüllen und Schachteln sich<lb/> umpanzert. Heute trug er nicht einmal die gewöhnliche Rüstuirg<lb/> und war so heiter und sorglos, daß ihn das Wetter nicht im Ge¬<lb/> ringsten kümmerte.</p><lb/> <p xml:id="ID_415"> Doch wie es von leichten Plänkeleien plötzlich zum Ernst der<lb/> Kanonen übergeht, so erhob sich mit einem Male ein heftiger Wind,<lb/> schaarte den Staub zu einer ungeheuern Wolke zusammen und führte<lb/> diese so schnell und sicher über den Hügel, worauf wir saßen, daß<lb/> die Linde in ihren tausend Aesten erzitterte und wir Alle damit be¬<lb/> deckt waren, noch ehe wir an ein Entfliehen denken konnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_416"> Der Sturm hatte uns Allen sür einen Augenblick die Besinnung<lb/> geraubt und mehr oder weniger in Unordnung und Schrecken ver¬<lb/> setzt; zum Unglück hatte er auch einen Zipfel des Tischtuchs gefaßt,<lb/> dasselbe mit allem darauf befindlichen Geräthe, mit Gläsern, Tellern,<lb/> Flaschen:c. zusammengerollt und an den Fuß des Hügels geschleu¬<lb/> dert. Wendelin und ich wollten eben lachend das Entflohene zurück¬<lb/> bringen und sehen, was etwa aus den Trümmern noch gerettet wer¬<lb/> den könnte; da gewahrten wir den Schachtelmann am Boden lie¬<lb/> gend, mit geschlossenen Augen und krampfhaft gefalteten Händen.</p><lb/> <p xml:id="ID_417"> Ich stürzte auf ihn zu, faßte schnell nach seiner Hand, nach sei¬<lb/> nem Herzen — doch das Herz stand still, die Pulse stockten — er<lb/> war todt.--</p><lb/> <p xml:id="ID_418"> So hatte der Staub denn Wort gehalten, hatte endlich noch<lb/> den armen Sterblichen besiegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_419"> Ein einfaches Denkmal nach Wendelin's Zeichnung auf dem<lb/> Friedhofe zu Schönbrunn bezeichnet die Stätte, wo er ruhet.</p><lb/> <p xml:id="ID_420"> 8it terra tibi levis!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_421"> Nach einem halben Jahre führte ich Wilhelminen zum Altare,<lb/> und das erste Mädchen, das sie mir gebar, erhielt den Namen Toni.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
Staubwolken, die von der nahen Landstraße selbst unserm fröhlichen
Mahle gefährlich zu werden drohten. Der Professor hätte sich sonst
schon bei den ersten Anzeichen eines solchen Ungewitters zitternd und
bestürzt in den tiefsten Winkel seines steinernen Hauses zu Birkenfeld
begraben oder wenigstens mit dreifachen Hüllen und Schachteln sich
umpanzert. Heute trug er nicht einmal die gewöhnliche Rüstuirg
und war so heiter und sorglos, daß ihn das Wetter nicht im Ge¬
ringsten kümmerte.
Doch wie es von leichten Plänkeleien plötzlich zum Ernst der
Kanonen übergeht, so erhob sich mit einem Male ein heftiger Wind,
schaarte den Staub zu einer ungeheuern Wolke zusammen und führte
diese so schnell und sicher über den Hügel, worauf wir saßen, daß
die Linde in ihren tausend Aesten erzitterte und wir Alle damit be¬
deckt waren, noch ehe wir an ein Entfliehen denken konnten.
Der Sturm hatte uns Allen sür einen Augenblick die Besinnung
geraubt und mehr oder weniger in Unordnung und Schrecken ver¬
setzt; zum Unglück hatte er auch einen Zipfel des Tischtuchs gefaßt,
dasselbe mit allem darauf befindlichen Geräthe, mit Gläsern, Tellern,
Flaschen:c. zusammengerollt und an den Fuß des Hügels geschleu¬
dert. Wendelin und ich wollten eben lachend das Entflohene zurück¬
bringen und sehen, was etwa aus den Trümmern noch gerettet wer¬
den könnte; da gewahrten wir den Schachtelmann am Boden lie¬
gend, mit geschlossenen Augen und krampfhaft gefalteten Händen.
Ich stürzte auf ihn zu, faßte schnell nach seiner Hand, nach sei¬
nem Herzen — doch das Herz stand still, die Pulse stockten — er
war todt.--
So hatte der Staub denn Wort gehalten, hatte endlich noch
den armen Sterblichen besiegt.
Ein einfaches Denkmal nach Wendelin's Zeichnung auf dem
Friedhofe zu Schönbrunn bezeichnet die Stätte, wo er ruhet.
8it terra tibi levis!
Nach einem halben Jahre führte ich Wilhelminen zum Altare,
und das erste Mädchen, das sie mir gebar, erhielt den Namen Toni.
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