Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

derben Nationalität nicht angepaßt waren. Das germanische Ele¬
ment wurde, statt weiter ausgebildet zu werden, von dem romanischen
verdrängt, und dennoch rächte es sich durch die Zähigkeit, mir der es
selbst aus den Werken der Besten unter diesen flamändischen Nöm-
lingen, wie Franz Floris, Michael Corie :c. hervorguckt, so lange,
bis endlich Rubens eS wieder zu Ehren brachte.

Mit Rubens beginnt die zweite, echt nationale Epoche der nie--
derländischen Schule. Die verheerenden Kriege der spanischen Furie
waren endlich ausgekämpft. Belgien, d. h. die südlichen Niederlande,
erfreuten sich unter der Negierung von Albrecht und der Infantin
Jsabella der Ruhe; Alles lebte wieder auf -- auch die Kunst. Ru¬
bens, dessen Eltern vor dem Schwerte des Krieges nach Köln geflo¬
hen waren, kam zurück in sein Vaterland, errichtete seine Staffelei in
Antwerpen und focht mit seinen Jüngern Van Dyk, Jordans, To
niers u. s. w. einen Befreiungskrieg durch, dessen Trophäen in allen gro-
ßenGemäldegalerien hängen als kostbarste Denkmäler originellerKunstkraft,

Da hier nicht von der älteren flamändischen Schule, sondern
von der seit 1830 die Rede sein soll, so kann ich auf eine nähere
Auseinandersetzung jener Rubens'schen Epoche, die ohnehin jedem
Kunstkenner hinlänglich bekannt ist, nicht eingehen. Wie nach
dem Tod Aeleranders, die Feldherren, welche er gebildet, sich in sein
Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der nationale Mei¬
ster erzogen, in seine Herrschaft. 5)



Jordaens, van Thulden, Abraham Dicpenbeek, Cornelius Schul und
Erasmus Quellin der jüngere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art,
das Porträt zu behandeln, wurde von Van Dyk, zwar mit weniger Energie,
aber dafür mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de
Bos, Gonzales Coques und selbst Knellcr und Lely an. AIS Thier- und
Jagdenmalcr fand er würdige Nachfolger in Franz Snyders, Paul und Si¬
mon de Bos, Johann Fyt und den beiden Wenninr. Ein Anderer aus seiner
Schule, David Teniers, eröffnete sür die flamändische Malerei eine neue
Laufbahn, das groteske Genre, welches David Ryckaert der jüngere mit einer
so außerordentlichen Ueberlegenheit cultivirre. Durch Bilder wie der Liebes¬
garten, übte der Antwerpener Malerfürst einen bedeutenden Einfluß auf die
Künstler aus, welche nach ihm das edlere Genre behandelten, wie Terburg,
Netscher, Coques, Eglon >,an der Neer, Gerard Dow, Pieter de Hoogh,
Gabriel Metzü und Heinrich Rotes. In der Landschaft gab Rubens' Schüler,
Wildens, seinen Zöglingen, Jakob von Arrois und Huismans, Anleitung zu
einer großartigen Auffassung der Natur. Ein Anderer endlich aus Rubens'
Schule, Lukas van Aber, wurde in der getreuen und einfachen Darstellung
ländlicher Gegenden der Vorgänger von Albert van Ewerdingen, Hobbema)
Jakob Ruysd'act und Waterloo.

derben Nationalität nicht angepaßt waren. Das germanische Ele¬
ment wurde, statt weiter ausgebildet zu werden, von dem romanischen
verdrängt, und dennoch rächte es sich durch die Zähigkeit, mir der es
selbst aus den Werken der Besten unter diesen flamändischen Nöm-
lingen, wie Franz Floris, Michael Corie :c. hervorguckt, so lange,
bis endlich Rubens eS wieder zu Ehren brachte.

Mit Rubens beginnt die zweite, echt nationale Epoche der nie--
derländischen Schule. Die verheerenden Kriege der spanischen Furie
waren endlich ausgekämpft. Belgien, d. h. die südlichen Niederlande,
erfreuten sich unter der Negierung von Albrecht und der Infantin
Jsabella der Ruhe; Alles lebte wieder auf — auch die Kunst. Ru¬
bens, dessen Eltern vor dem Schwerte des Krieges nach Köln geflo¬
hen waren, kam zurück in sein Vaterland, errichtete seine Staffelei in
Antwerpen und focht mit seinen Jüngern Van Dyk, Jordans, To
niers u. s. w. einen Befreiungskrieg durch, dessen Trophäen in allen gro-
ßenGemäldegalerien hängen als kostbarste Denkmäler originellerKunstkraft,

Da hier nicht von der älteren flamändischen Schule, sondern
von der seit 1830 die Rede sein soll, so kann ich auf eine nähere
Auseinandersetzung jener Rubens'schen Epoche, die ohnehin jedem
Kunstkenner hinlänglich bekannt ist, nicht eingehen. Wie nach
dem Tod Aeleranders, die Feldherren, welche er gebildet, sich in sein
Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der nationale Mei¬
ster erzogen, in seine Herrschaft. 5)



Jordaens, van Thulden, Abraham Dicpenbeek, Cornelius Schul und
Erasmus Quellin der jüngere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art,
das Porträt zu behandeln, wurde von Van Dyk, zwar mit weniger Energie,
aber dafür mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de
Bos, Gonzales Coques und selbst Knellcr und Lely an. AIS Thier- und
Jagdenmalcr fand er würdige Nachfolger in Franz Snyders, Paul und Si¬
mon de Bos, Johann Fyt und den beiden Wenninr. Ein Anderer aus seiner
Schule, David Teniers, eröffnete sür die flamändische Malerei eine neue
Laufbahn, das groteske Genre, welches David Ryckaert der jüngere mit einer
so außerordentlichen Ueberlegenheit cultivirre. Durch Bilder wie der Liebes¬
garten, übte der Antwerpener Malerfürst einen bedeutenden Einfluß auf die
Künstler aus, welche nach ihm das edlere Genre behandelten, wie Terburg,
Netscher, Coques, Eglon >,an der Neer, Gerard Dow, Pieter de Hoogh,
Gabriel Metzü und Heinrich Rotes. In der Landschaft gab Rubens' Schüler,
Wildens, seinen Zöglingen, Jakob von Arrois und Huismans, Anleitung zu
einer großartigen Auffassung der Natur. Ein Anderer endlich aus Rubens'
Schule, Lukas van Aber, wurde in der getreuen und einfachen Darstellung
ländlicher Gegenden der Vorgänger von Albert van Ewerdingen, Hobbema)
Jakob Ruysd'act und Waterloo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180626"/>
          <p xml:id="ID_125" prev="#ID_124"> derben Nationalität nicht angepaßt waren. Das germanische Ele¬<lb/>
ment wurde, statt weiter ausgebildet zu werden, von dem romanischen<lb/>
verdrängt, und dennoch rächte es sich durch die Zähigkeit, mir der es<lb/>
selbst aus den Werken der Besten unter diesen flamändischen Nöm-<lb/>
lingen, wie Franz Floris, Michael Corie :c. hervorguckt, so lange,<lb/>
bis endlich Rubens eS wieder zu Ehren brachte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_126"> Mit Rubens beginnt die zweite, echt nationale Epoche der nie--<lb/>
derländischen Schule. Die verheerenden Kriege der spanischen Furie<lb/>
waren endlich ausgekämpft. Belgien, d. h. die südlichen Niederlande,<lb/>
erfreuten sich unter der Negierung von Albrecht und der Infantin<lb/>
Jsabella der Ruhe; Alles lebte wieder auf &#x2014; auch die Kunst. Ru¬<lb/>
bens, dessen Eltern vor dem Schwerte des Krieges nach Köln geflo¬<lb/>
hen waren, kam zurück in sein Vaterland, errichtete seine Staffelei in<lb/>
Antwerpen und focht mit seinen Jüngern Van Dyk, Jordans, To<lb/>
niers u. s. w. einen Befreiungskrieg durch, dessen Trophäen in allen gro-<lb/>
ßenGemäldegalerien hängen als kostbarste Denkmäler originellerKunstkraft,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_127"> Da hier nicht von der älteren flamändischen Schule, sondern<lb/>
von der seit 1830 die Rede sein soll, so kann ich auf eine nähere<lb/>
Auseinandersetzung jener Rubens'schen Epoche, die ohnehin jedem<lb/>
Kunstkenner hinlänglich bekannt ist, nicht eingehen. Wie nach<lb/>
dem Tod Aeleranders, die Feldherren, welche er gebildet, sich in sein<lb/>
Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der nationale Mei¬<lb/>
ster erzogen, in seine Herrschaft. 5)</p><lb/>
          <note xml:id="FID_8" place="foot"> Jordaens, van Thulden, Abraham Dicpenbeek, Cornelius Schul und<lb/>
Erasmus Quellin der jüngere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art,<lb/>
das Porträt zu behandeln, wurde von Van Dyk, zwar mit weniger Energie,<lb/>
aber dafür mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de<lb/>
Bos, Gonzales Coques und selbst Knellcr und Lely an. AIS Thier- und<lb/>
Jagdenmalcr fand er würdige Nachfolger in Franz Snyders, Paul und Si¬<lb/>
mon de Bos, Johann Fyt und den beiden Wenninr. Ein Anderer aus seiner<lb/>
Schule, David Teniers, eröffnete sür die flamändische Malerei eine neue<lb/>
Laufbahn, das groteske Genre, welches David Ryckaert der jüngere mit einer<lb/>
so außerordentlichen Ueberlegenheit cultivirre. Durch Bilder wie der Liebes¬<lb/>
garten, übte der Antwerpener Malerfürst einen bedeutenden Einfluß auf die<lb/>
Künstler aus, welche nach ihm das edlere Genre behandelten, wie Terburg,<lb/>
Netscher, Coques, Eglon &gt;,an der Neer, Gerard Dow, Pieter de Hoogh,<lb/>
Gabriel Metzü und Heinrich Rotes. In der Landschaft gab Rubens' Schüler,<lb/>
Wildens, seinen Zöglingen, Jakob von Arrois und Huismans, Anleitung zu<lb/>
einer großartigen Auffassung der Natur. Ein Anderer endlich aus Rubens'<lb/>
Schule, Lukas van Aber, wurde in der getreuen und einfachen Darstellung<lb/>
ländlicher Gegenden der Vorgänger von Albert van Ewerdingen, Hobbema)<lb/>
Jakob Ruysd'act und Waterloo.</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] derben Nationalität nicht angepaßt waren. Das germanische Ele¬ ment wurde, statt weiter ausgebildet zu werden, von dem romanischen verdrängt, und dennoch rächte es sich durch die Zähigkeit, mir der es selbst aus den Werken der Besten unter diesen flamändischen Nöm- lingen, wie Franz Floris, Michael Corie :c. hervorguckt, so lange, bis endlich Rubens eS wieder zu Ehren brachte. Mit Rubens beginnt die zweite, echt nationale Epoche der nie-- derländischen Schule. Die verheerenden Kriege der spanischen Furie waren endlich ausgekämpft. Belgien, d. h. die südlichen Niederlande, erfreuten sich unter der Negierung von Albrecht und der Infantin Jsabella der Ruhe; Alles lebte wieder auf — auch die Kunst. Ru¬ bens, dessen Eltern vor dem Schwerte des Krieges nach Köln geflo¬ hen waren, kam zurück in sein Vaterland, errichtete seine Staffelei in Antwerpen und focht mit seinen Jüngern Van Dyk, Jordans, To niers u. s. w. einen Befreiungskrieg durch, dessen Trophäen in allen gro- ßenGemäldegalerien hängen als kostbarste Denkmäler originellerKunstkraft, Da hier nicht von der älteren flamändischen Schule, sondern von der seit 1830 die Rede sein soll, so kann ich auf eine nähere Auseinandersetzung jener Rubens'schen Epoche, die ohnehin jedem Kunstkenner hinlänglich bekannt ist, nicht eingehen. Wie nach dem Tod Aeleranders, die Feldherren, welche er gebildet, sich in sein Reich theilten, so theilten sich die Schüler, welche der nationale Mei¬ ster erzogen, in seine Herrschaft. 5) Jordaens, van Thulden, Abraham Dicpenbeek, Cornelius Schul und Erasmus Quellin der jüngere, bearbeiteten nach ihm die Historie. Seine Art, das Porträt zu behandeln, wurde von Van Dyk, zwar mit weniger Energie, aber dafür mit größerer Eleganz ausgebildet; ihm schlössen sich Cornelius de Bos, Gonzales Coques und selbst Knellcr und Lely an. AIS Thier- und Jagdenmalcr fand er würdige Nachfolger in Franz Snyders, Paul und Si¬ mon de Bos, Johann Fyt und den beiden Wenninr. Ein Anderer aus seiner Schule, David Teniers, eröffnete sür die flamändische Malerei eine neue Laufbahn, das groteske Genre, welches David Ryckaert der jüngere mit einer so außerordentlichen Ueberlegenheit cultivirre. Durch Bilder wie der Liebes¬ garten, übte der Antwerpener Malerfürst einen bedeutenden Einfluß auf die Künstler aus, welche nach ihm das edlere Genre behandelten, wie Terburg, Netscher, Coques, Eglon >,an der Neer, Gerard Dow, Pieter de Hoogh, Gabriel Metzü und Heinrich Rotes. In der Landschaft gab Rubens' Schüler, Wildens, seinen Zöglingen, Jakob von Arrois und Huismans, Anleitung zu einer großartigen Auffassung der Natur. Ein Anderer endlich aus Rubens' Schule, Lukas van Aber, wurde in der getreuen und einfachen Darstellung ländlicher Gegenden der Vorgänger von Albert van Ewerdingen, Hobbema) Jakob Ruysd'act und Waterloo.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/67
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/67>, abgerufen am 23.12.2024.