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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Die Malerei in Belgien feit R83V.



Politische Zustände und ihr Einfluß auf die Kunst. -- Das burgundische Reich
und die österreichische Monarchie. -- Die Nachfolger des van Eyk. -- Rubens
und seine Schule. -- Die Holländer und die FlamSnder. -- Die Revolution
von 1830 in den Straßen und den Ateliers. -- siebentausend Künstler. --
Die Regierung und die Kunst. -- Die Malerakademie und ihre Lehrer.

Wenn es überhaupt eines Beweises bedürfte, daß die geistige
Entwickelung einer Nation mit ihrem politischen Leben in einem in¬
nigen Zusammenhange steht, so würde Belgien, der jüngste Staat
Europas, ihn liefern.

So wie die politische Geschichte dieses Landstrichs, in dessen
Thälern und Ebenen ein urwälscher und ein urgermanischer Stamm
in dichtester Nachbarschaft sich eingenistet haben, den Kampf zweier
entgegengesetzten Elemente zeigt, die oft gewaltsam einander widerstre¬
ben und oft nicht minder gewaltsam sich zu vereinigen suchen, weil
die Nothwendigkeit sie dazu zwingt, so zeigt auch die Geschichte der Kunst
denselben Kampf. Dieses Auf- und Niederwogen des romanischen und
deutschen Lebens erscheint fast regelmäßig wie Ebbe und Muth, und
immer, wenn das eine Element eine Zeitlang die Oberhand gewon¬
nen, tritt die Reaction ein, um für einen kaum längeren Zeitraum
die Oberhand zu behaupten.

Drei Namen bezeichnen die drei Hauptabschnitte der flamändi-
schen Kunstgeschichte: Van Eyk, Rubens, Wappers. Letzterer
ist zwar weit entfernt, durch sein Genie an der Seite jener beiden
Großmeister glänzen zu können; in der Geschichte der flamändischen
Kunstentwickelung ist er jedoch, so wie sie, der Meilenzeiger und Fah¬
nenträger einer neuen Epoche.

Wie zu den blühenden Zeiten der Elisabeth Shakspeare sich er¬
hob und dem Geist der englischen Poesie für alle Ewigkeit seinen


Grkiizbotm 1864. II. g -
Die Malerei in Belgien feit R83V.



Politische Zustände und ihr Einfluß auf die Kunst. — Das burgundische Reich
und die österreichische Monarchie. — Die Nachfolger des van Eyk. — Rubens
und seine Schule. — Die Holländer und die FlamSnder. — Die Revolution
von 1830 in den Straßen und den Ateliers. — siebentausend Künstler. —
Die Regierung und die Kunst. — Die Malerakademie und ihre Lehrer.

Wenn es überhaupt eines Beweises bedürfte, daß die geistige
Entwickelung einer Nation mit ihrem politischen Leben in einem in¬
nigen Zusammenhange steht, so würde Belgien, der jüngste Staat
Europas, ihn liefern.

So wie die politische Geschichte dieses Landstrichs, in dessen
Thälern und Ebenen ein urwälscher und ein urgermanischer Stamm
in dichtester Nachbarschaft sich eingenistet haben, den Kampf zweier
entgegengesetzten Elemente zeigt, die oft gewaltsam einander widerstre¬
ben und oft nicht minder gewaltsam sich zu vereinigen suchen, weil
die Nothwendigkeit sie dazu zwingt, so zeigt auch die Geschichte der Kunst
denselben Kampf. Dieses Auf- und Niederwogen des romanischen und
deutschen Lebens erscheint fast regelmäßig wie Ebbe und Muth, und
immer, wenn das eine Element eine Zeitlang die Oberhand gewon¬
nen, tritt die Reaction ein, um für einen kaum längeren Zeitraum
die Oberhand zu behaupten.

Drei Namen bezeichnen die drei Hauptabschnitte der flamändi-
schen Kunstgeschichte: Van Eyk, Rubens, Wappers. Letzterer
ist zwar weit entfernt, durch sein Genie an der Seite jener beiden
Großmeister glänzen zu können; in der Geschichte der flamändischen
Kunstentwickelung ist er jedoch, so wie sie, der Meilenzeiger und Fah¬
nenträger einer neuen Epoche.

Wie zu den blühenden Zeiten der Elisabeth Shakspeare sich er¬
hob und dem Geist der englischen Poesie für alle Ewigkeit seinen


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[0065] Die Malerei in Belgien feit R83V. Politische Zustände und ihr Einfluß auf die Kunst. — Das burgundische Reich und die österreichische Monarchie. — Die Nachfolger des van Eyk. — Rubens und seine Schule. — Die Holländer und die FlamSnder. — Die Revolution von 1830 in den Straßen und den Ateliers. — siebentausend Künstler. — Die Regierung und die Kunst. — Die Malerakademie und ihre Lehrer. Wenn es überhaupt eines Beweises bedürfte, daß die geistige Entwickelung einer Nation mit ihrem politischen Leben in einem in¬ nigen Zusammenhange steht, so würde Belgien, der jüngste Staat Europas, ihn liefern. So wie die politische Geschichte dieses Landstrichs, in dessen Thälern und Ebenen ein urwälscher und ein urgermanischer Stamm in dichtester Nachbarschaft sich eingenistet haben, den Kampf zweier entgegengesetzten Elemente zeigt, die oft gewaltsam einander widerstre¬ ben und oft nicht minder gewaltsam sich zu vereinigen suchen, weil die Nothwendigkeit sie dazu zwingt, so zeigt auch die Geschichte der Kunst denselben Kampf. Dieses Auf- und Niederwogen des romanischen und deutschen Lebens erscheint fast regelmäßig wie Ebbe und Muth, und immer, wenn das eine Element eine Zeitlang die Oberhand gewon¬ nen, tritt die Reaction ein, um für einen kaum längeren Zeitraum die Oberhand zu behaupten. Drei Namen bezeichnen die drei Hauptabschnitte der flamändi- schen Kunstgeschichte: Van Eyk, Rubens, Wappers. Letzterer ist zwar weit entfernt, durch sein Genie an der Seite jener beiden Großmeister glänzen zu können; in der Geschichte der flamändischen Kunstentwickelung ist er jedoch, so wie sie, der Meilenzeiger und Fah¬ nenträger einer neuen Epoche. Wie zu den blühenden Zeiten der Elisabeth Shakspeare sich er¬ hob und dem Geist der englischen Poesie für alle Ewigkeit seinen Grkiizbotm 1864. II. g -

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/65>, abgerufen am 22.12.2024.