Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

goldene Verhungenmgspatent" hervorzog und mir und dem demander
Hauptmann in's Gesicht sagte: Ich kann in sechs Sprachen Unter¬
richt ertheilen, kann singen und geigen, was Sie Beide nicht wissen,
Ich brauche meine LientenantScharge nicht!--

"Es ist wahr, damals hatte dieser Lieutenant vollkoimnen Recht,
aus seinen Hauptmann aufgebracht zu sein. Er hatte ihm nämlich
einen Diebstahlsverdacht aufgebürdet, von dem sich jedoch "der
Lieutenant durch ein halbes Wunder mittelst der Entdeckung des
Diebes und durch das. Auffinden des Gestohlenen gereinigt hatte.
Ich zeigte ihn deshalb bei der hohen Garnisonsartillerie-Djrection
an; aber nachdem diese Geschichte sich zu Gunsten dieses' Lieute¬
nants geendigt hatte, so ist von dieser hohen Stelle gar Nichts- dar¬
über erfolgt.

"Sie werden finden, daß er gleich nach seiner Ankunft irgend
eine Bekanntschaft anknüpfen wird, wo er die heftigsten politischen
Journale zu lesen bekommt, als: "Allgem. Zeitung, Gazetta ti Mi-
lano u. s. w." und sein Kopf ist daher ganz voll von solchen dum¬
men Raisonnements, die diese aufrührerischen Journale liefern. -- Bei
der triumphirenden Reise unsers Allergnädigsten Monarchen zur Krö¬
nung nach Mailand, äußerte sich dieser Mensch, als von den Fati-
guen dieser Reise unseres guten Kaisers die Rede war: Ich habe
mehr ausgestanden durch das Lesen der ekelhaften Lobhudeleien, mit
welchen die schamlosen Zeitungsschreiber in dieser Zeit unseren wirklich
guten Monarchen beschimpften, -- als der Kaiser während feiner
ganzen Reise bei allen seinen Fatiguen und Nahrungssorgen erlitten
hatte. -- Wenn ich Kaiser wäre, ich würde die österreichische
Preßfreiheit ganz aufheben, und diese elenden Wichte, die
durch ihre übertriebene lächerliche Vergötterung unsere Herrscherfamilie,
die wegen ihrer Gutherzigkeit, ihrer altsgezeichneten Bildung und ihrer
Privattugend nicht nur in Oesterreich, sondern in der ganzen Welt hoch¬
geschätzt wird -- herabsetzen, -- diese elenden Wichte würde ich ent¬
weder beim Hals mittelst des Stranges aufhängen, oder nach der
österreichischen Milde und System -- gut Pensioniren lassen.

"Ich habe diese Aeußerungen meiner Pflicht gemäß höheren Orts
denuncirt, und ich hoffe, daß dieser Mensch baldmöglichst wird un¬
schädlich gemacht werden. Sie werden wahrscheinlich auch beauftragt
werden, ihn zu surveilliren, und sollten Sie diesen Austrag nicht, er-


75"

goldene Verhungenmgspatent" hervorzog und mir und dem demander
Hauptmann in's Gesicht sagte: Ich kann in sechs Sprachen Unter¬
richt ertheilen, kann singen und geigen, was Sie Beide nicht wissen,
Ich brauche meine LientenantScharge nicht!--

„Es ist wahr, damals hatte dieser Lieutenant vollkoimnen Recht,
aus seinen Hauptmann aufgebracht zu sein. Er hatte ihm nämlich
einen Diebstahlsverdacht aufgebürdet, von dem sich jedoch «der
Lieutenant durch ein halbes Wunder mittelst der Entdeckung des
Diebes und durch das. Auffinden des Gestohlenen gereinigt hatte.
Ich zeigte ihn deshalb bei der hohen Garnisonsartillerie-Djrection
an; aber nachdem diese Geschichte sich zu Gunsten dieses' Lieute¬
nants geendigt hatte, so ist von dieser hohen Stelle gar Nichts- dar¬
über erfolgt.

„Sie werden finden, daß er gleich nach seiner Ankunft irgend
eine Bekanntschaft anknüpfen wird, wo er die heftigsten politischen
Journale zu lesen bekommt, als: „Allgem. Zeitung, Gazetta ti Mi-
lano u. s. w." und sein Kopf ist daher ganz voll von solchen dum¬
men Raisonnements, die diese aufrührerischen Journale liefern. — Bei
der triumphirenden Reise unsers Allergnädigsten Monarchen zur Krö¬
nung nach Mailand, äußerte sich dieser Mensch, als von den Fati-
guen dieser Reise unseres guten Kaisers die Rede war: Ich habe
mehr ausgestanden durch das Lesen der ekelhaften Lobhudeleien, mit
welchen die schamlosen Zeitungsschreiber in dieser Zeit unseren wirklich
guten Monarchen beschimpften, — als der Kaiser während feiner
ganzen Reise bei allen seinen Fatiguen und Nahrungssorgen erlitten
hatte. — Wenn ich Kaiser wäre, ich würde die österreichische
Preßfreiheit ganz aufheben, und diese elenden Wichte, die
durch ihre übertriebene lächerliche Vergötterung unsere Herrscherfamilie,
die wegen ihrer Gutherzigkeit, ihrer altsgezeichneten Bildung und ihrer
Privattugend nicht nur in Oesterreich, sondern in der ganzen Welt hoch¬
geschätzt wird — herabsetzen, — diese elenden Wichte würde ich ent¬
weder beim Hals mittelst des Stranges aufhängen, oder nach der
österreichischen Milde und System — gut Pensioniren lassen.

„Ich habe diese Aeußerungen meiner Pflicht gemäß höheren Orts
denuncirt, und ich hoffe, daß dieser Mensch baldmöglichst wird un¬
schädlich gemacht werden. Sie werden wahrscheinlich auch beauftragt
werden, ihn zu surveilliren, und sollten Sie diesen Austrag nicht, er-


75»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0603" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181162"/>
              <p xml:id="ID_1512" prev="#ID_1511"> goldene Verhungenmgspatent" hervorzog und mir und dem demander<lb/>
Hauptmann in's Gesicht sagte: Ich kann in sechs Sprachen Unter¬<lb/>
richt ertheilen, kann singen und geigen, was Sie Beide nicht wissen,<lb/>
Ich brauche meine LientenantScharge nicht!--</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1513"> &#x201E;Es ist wahr, damals hatte dieser Lieutenant vollkoimnen Recht,<lb/>
aus seinen Hauptmann aufgebracht zu sein. Er hatte ihm nämlich<lb/>
einen Diebstahlsverdacht aufgebürdet, von dem sich jedoch «der<lb/>
Lieutenant durch ein halbes Wunder mittelst der Entdeckung des<lb/>
Diebes und durch das. Auffinden des Gestohlenen gereinigt hatte.<lb/>
Ich zeigte ihn deshalb bei der hohen Garnisonsartillerie-Djrection<lb/>
an; aber nachdem diese Geschichte sich zu Gunsten dieses' Lieute¬<lb/>
nants geendigt hatte, so ist von dieser hohen Stelle gar Nichts- dar¬<lb/>
über erfolgt.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1514"> &#x201E;Sie werden finden, daß er gleich nach seiner Ankunft irgend<lb/>
eine Bekanntschaft anknüpfen wird, wo er die heftigsten politischen<lb/>
Journale zu lesen bekommt, als: &#x201E;Allgem. Zeitung, Gazetta ti Mi-<lb/>
lano u. s. w." und sein Kopf ist daher ganz voll von solchen dum¬<lb/>
men Raisonnements, die diese aufrührerischen Journale liefern. &#x2014; Bei<lb/>
der triumphirenden Reise unsers Allergnädigsten Monarchen zur Krö¬<lb/>
nung nach Mailand, äußerte sich dieser Mensch, als von den Fati-<lb/>
guen dieser Reise unseres guten Kaisers die Rede war: Ich habe<lb/>
mehr ausgestanden durch das Lesen der ekelhaften Lobhudeleien, mit<lb/>
welchen die schamlosen Zeitungsschreiber in dieser Zeit unseren wirklich<lb/>
guten Monarchen beschimpften, &#x2014; als der Kaiser während feiner<lb/>
ganzen Reise bei allen seinen Fatiguen und Nahrungssorgen erlitten<lb/>
hatte. &#x2014; Wenn ich Kaiser wäre, ich würde die österreichische<lb/>
Preßfreiheit ganz aufheben, und diese elenden Wichte, die<lb/>
durch ihre übertriebene lächerliche Vergötterung unsere Herrscherfamilie,<lb/>
die wegen ihrer Gutherzigkeit, ihrer altsgezeichneten Bildung und ihrer<lb/>
Privattugend nicht nur in Oesterreich, sondern in der ganzen Welt hoch¬<lb/>
geschätzt wird &#x2014; herabsetzen, &#x2014; diese elenden Wichte würde ich ent¬<lb/>
weder beim Hals mittelst des Stranges aufhängen, oder nach der<lb/>
österreichischen Milde und System &#x2014; gut Pensioniren lassen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1515" next="#ID_1516"> &#x201E;Ich habe diese Aeußerungen meiner Pflicht gemäß höheren Orts<lb/>
denuncirt, und ich hoffe, daß dieser Mensch baldmöglichst wird un¬<lb/>
schädlich gemacht werden. Sie werden wahrscheinlich auch beauftragt<lb/>
werden, ihn zu surveilliren, und sollten Sie diesen Austrag nicht, er-</p><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom"> 75»</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0603] goldene Verhungenmgspatent" hervorzog und mir und dem demander Hauptmann in's Gesicht sagte: Ich kann in sechs Sprachen Unter¬ richt ertheilen, kann singen und geigen, was Sie Beide nicht wissen, Ich brauche meine LientenantScharge nicht!-- „Es ist wahr, damals hatte dieser Lieutenant vollkoimnen Recht, aus seinen Hauptmann aufgebracht zu sein. Er hatte ihm nämlich einen Diebstahlsverdacht aufgebürdet, von dem sich jedoch «der Lieutenant durch ein halbes Wunder mittelst der Entdeckung des Diebes und durch das. Auffinden des Gestohlenen gereinigt hatte. Ich zeigte ihn deshalb bei der hohen Garnisonsartillerie-Djrection an; aber nachdem diese Geschichte sich zu Gunsten dieses' Lieute¬ nants geendigt hatte, so ist von dieser hohen Stelle gar Nichts- dar¬ über erfolgt. „Sie werden finden, daß er gleich nach seiner Ankunft irgend eine Bekanntschaft anknüpfen wird, wo er die heftigsten politischen Journale zu lesen bekommt, als: „Allgem. Zeitung, Gazetta ti Mi- lano u. s. w." und sein Kopf ist daher ganz voll von solchen dum¬ men Raisonnements, die diese aufrührerischen Journale liefern. — Bei der triumphirenden Reise unsers Allergnädigsten Monarchen zur Krö¬ nung nach Mailand, äußerte sich dieser Mensch, als von den Fati- guen dieser Reise unseres guten Kaisers die Rede war: Ich habe mehr ausgestanden durch das Lesen der ekelhaften Lobhudeleien, mit welchen die schamlosen Zeitungsschreiber in dieser Zeit unseren wirklich guten Monarchen beschimpften, — als der Kaiser während feiner ganzen Reise bei allen seinen Fatiguen und Nahrungssorgen erlitten hatte. — Wenn ich Kaiser wäre, ich würde die österreichische Preßfreiheit ganz aufheben, und diese elenden Wichte, die durch ihre übertriebene lächerliche Vergötterung unsere Herrscherfamilie, die wegen ihrer Gutherzigkeit, ihrer altsgezeichneten Bildung und ihrer Privattugend nicht nur in Oesterreich, sondern in der ganzen Welt hoch¬ geschätzt wird — herabsetzen, — diese elenden Wichte würde ich ent¬ weder beim Hals mittelst des Stranges aufhängen, oder nach der österreichischen Milde und System — gut Pensioniren lassen. „Ich habe diese Aeußerungen meiner Pflicht gemäß höheren Orts denuncirt, und ich hoffe, daß dieser Mensch baldmöglichst wird un¬ schädlich gemacht werden. Sie werden wahrscheinlich auch beauftragt werden, ihn zu surveilliren, und sollten Sie diesen Austrag nicht, er- 75»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/603
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/603>, abgerufen am 23.12.2024.