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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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züge wie der Mängel derselben erwähnen. Tiefe historische Forschung,
klare Anschauung der Verhältnisse, so wie deren unparteiische Dar¬
stellung bilden die Vorzüge dieser historischen Skizze, deren stilistische
Ausführung leider ausfallend vernachläßigt ist.

Beda Weber, der in letzter Zeit ebenfalls vielgenannt wurde,
hatte einen Ruf als Direktor des Gymnasiums zu Sicgmaringen er¬
halten; da jedoch durch seine Entfernung vom Gymnasium zu Meran
Albert Jäger dessen Stelle als Professor hätte einnehmen und sein
Amt als Erzieher der Kinder des Gouverneurs von Tirol niederlegen
müssen, so war Beda Weber genöthigt, den sehr vortheilhaften An¬
trag abzulehnen. ^ , ^
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Als Beitrag zu Hausdurchsuchgn wgen Verdacht eines Preß-
vcrgehens, kann die in jüngster Zeit bei dem in Innsbruck als Lite-
rat lebenden F. Freiherrn von Fennberg, stattgehabte Visitation
dienen. Derselbe wurde fünf Uhr früh in seiner Wohnung überfallen,
dessen Papiere und Journale*) weggenommen und versiegelt, und eine
darauf bezügliche Untersuchung gegen ihn eröffnet, deren Resultat eine
Verurtheilung zu viertägigem Arreste war, der im Rccurswcge auf
zwei Tage ermäßigt wurde. Merkwürdig ist es, daß er, ehe er die
Bewilligung erhielt, sich in's Ausland begeben zu dürfen, einen Re¬
vers unterzeichnen mußte, sich auch im Auslande als getreuer öster¬
reichischer Unterthan zu betragen! Die verpfändete Unterthanentreue
kam auf zwölf Kreuzer N. W. zu stehen, da der Act auf Stempel¬
papier geschrieben werden mußte.


III.
Aus Stuttgart.

Bon Hcrdegcn's Entlassung. -- Freiherr von Berlichingen. -- Bercinswuth,
-- Ein Selbstmord. -- Friedrich Äölle. -- Das Sommertheatcr in Kamistadt.

Die Entlassung des Finanzministers von Herdegen hat zu vielen
Besprechungen der würtembergischen Finanzzustande Veranlassung ge¬
geben, so wie nicht minder zu Ausfällen gegen die Adelspartei und
den als Candidaten für das erledigte Ministerium bezeichneten Frei¬
herrn von Berlichingen. Ein norddeutsches Blatt entsetzt sich sogar
über die Möglichkeit, daß ein Nachkomme des Götz mit der eisernen
Faust das Ruder der Finanzen führen sollte, obgleich Niemand we¬
niger als Freiherr von Berlichingen daran dachte, Minister zu wer¬
den. Seine Entlassung erfolgte nicht, wie er selbst im Merkur dar¬
zustellen sich bemühte, in Folge der Eisenbahngesetzc und seiner An-



*) Unter den weggenommenem Zeitschriften befanden sich "(Za^ete >Is
^i'supp". die "Augsburger Mgcm.", "Leipz. Theater-Chronik" und "<^?"t,v
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züge wie der Mängel derselben erwähnen. Tiefe historische Forschung,
klare Anschauung der Verhältnisse, so wie deren unparteiische Dar¬
stellung bilden die Vorzüge dieser historischen Skizze, deren stilistische
Ausführung leider ausfallend vernachläßigt ist.

Beda Weber, der in letzter Zeit ebenfalls vielgenannt wurde,
hatte einen Ruf als Direktor des Gymnasiums zu Sicgmaringen er¬
halten; da jedoch durch seine Entfernung vom Gymnasium zu Meran
Albert Jäger dessen Stelle als Professor hätte einnehmen und sein
Amt als Erzieher der Kinder des Gouverneurs von Tirol niederlegen
müssen, so war Beda Weber genöthigt, den sehr vortheilhaften An¬
trag abzulehnen. ^ , ^
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Als Beitrag zu Hausdurchsuchgn wgen Verdacht eines Preß-
vcrgehens, kann die in jüngster Zeit bei dem in Innsbruck als Lite-
rat lebenden F. Freiherrn von Fennberg, stattgehabte Visitation
dienen. Derselbe wurde fünf Uhr früh in seiner Wohnung überfallen,
dessen Papiere und Journale*) weggenommen und versiegelt, und eine
darauf bezügliche Untersuchung gegen ihn eröffnet, deren Resultat eine
Verurtheilung zu viertägigem Arreste war, der im Rccurswcge auf
zwei Tage ermäßigt wurde. Merkwürdig ist es, daß er, ehe er die
Bewilligung erhielt, sich in's Ausland begeben zu dürfen, einen Re¬
vers unterzeichnen mußte, sich auch im Auslande als getreuer öster¬
reichischer Unterthan zu betragen! Die verpfändete Unterthanentreue
kam auf zwölf Kreuzer N. W. zu stehen, da der Act auf Stempel¬
papier geschrieben werden mußte.


III.
Aus Stuttgart.

Bon Hcrdegcn's Entlassung. — Freiherr von Berlichingen. — Bercinswuth,
— Ein Selbstmord. — Friedrich Äölle. — Das Sommertheatcr in Kamistadt.

Die Entlassung des Finanzministers von Herdegen hat zu vielen
Besprechungen der würtembergischen Finanzzustande Veranlassung ge¬
geben, so wie nicht minder zu Ausfällen gegen die Adelspartei und
den als Candidaten für das erledigte Ministerium bezeichneten Frei¬
herrn von Berlichingen. Ein norddeutsches Blatt entsetzt sich sogar
über die Möglichkeit, daß ein Nachkomme des Götz mit der eisernen
Faust das Ruder der Finanzen führen sollte, obgleich Niemand we¬
niger als Freiherr von Berlichingen daran dachte, Minister zu wer¬
den. Seine Entlassung erfolgte nicht, wie er selbst im Merkur dar¬
zustellen sich bemühte, in Folge der Eisenbahngesetzc und seiner An-



*) Unter den weggenommenem Zeitschriften befanden sich „(Za^ete >Is
^i'supp". die „Augsburger Mgcm.", „Leipz. Theater-Chronik" und „<^?«t,v
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[0569] züge wie der Mängel derselben erwähnen. Tiefe historische Forschung, klare Anschauung der Verhältnisse, so wie deren unparteiische Dar¬ stellung bilden die Vorzüge dieser historischen Skizze, deren stilistische Ausführung leider ausfallend vernachläßigt ist. Beda Weber, der in letzter Zeit ebenfalls vielgenannt wurde, hatte einen Ruf als Direktor des Gymnasiums zu Sicgmaringen er¬ halten; da jedoch durch seine Entfernung vom Gymnasium zu Meran Albert Jäger dessen Stelle als Professor hätte einnehmen und sein Amt als Erzieher der Kinder des Gouverneurs von Tirol niederlegen müssen, so war Beda Weber genöthigt, den sehr vortheilhaften An¬ trag abzulehnen. ^ , ^ unee Als Beitrag zu Hausdurchsuchgn wgen Verdacht eines Preß- vcrgehens, kann die in jüngster Zeit bei dem in Innsbruck als Lite- rat lebenden F. Freiherrn von Fennberg, stattgehabte Visitation dienen. Derselbe wurde fünf Uhr früh in seiner Wohnung überfallen, dessen Papiere und Journale*) weggenommen und versiegelt, und eine darauf bezügliche Untersuchung gegen ihn eröffnet, deren Resultat eine Verurtheilung zu viertägigem Arreste war, der im Rccurswcge auf zwei Tage ermäßigt wurde. Merkwürdig ist es, daß er, ehe er die Bewilligung erhielt, sich in's Ausland begeben zu dürfen, einen Re¬ vers unterzeichnen mußte, sich auch im Auslande als getreuer öster¬ reichischer Unterthan zu betragen! Die verpfändete Unterthanentreue kam auf zwölf Kreuzer N. W. zu stehen, da der Act auf Stempel¬ papier geschrieben werden mußte. III. Aus Stuttgart. Bon Hcrdegcn's Entlassung. — Freiherr von Berlichingen. — Bercinswuth, — Ein Selbstmord. — Friedrich Äölle. — Das Sommertheatcr in Kamistadt. Die Entlassung des Finanzministers von Herdegen hat zu vielen Besprechungen der würtembergischen Finanzzustande Veranlassung ge¬ geben, so wie nicht minder zu Ausfällen gegen die Adelspartei und den als Candidaten für das erledigte Ministerium bezeichneten Frei¬ herrn von Berlichingen. Ein norddeutsches Blatt entsetzt sich sogar über die Möglichkeit, daß ein Nachkomme des Götz mit der eisernen Faust das Ruder der Finanzen führen sollte, obgleich Niemand we¬ niger als Freiherr von Berlichingen daran dachte, Minister zu wer¬ den. Seine Entlassung erfolgte nicht, wie er selbst im Merkur dar¬ zustellen sich bemühte, in Folge der Eisenbahngesetzc und seiner An- *) Unter den weggenommenem Zeitschriften befanden sich „(Za^ete >Is ^i'supp". die „Augsburger Mgcm.", „Leipz. Theater-Chronik" und „<^?«t,v <>K '»illiinkux." Ärcnzboie» II.7!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/569>, abgerufen am 22.12.2024.