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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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wie er nur zu ihres Georgen Glück und ihrem eigenen Segen den
Jungen mitgenommen habe, und wie er hoffe, aus ihm noch einen
vornehmen Mann zu machen, an dem sie rechte Freude haben könn¬
ten, und der in ihren alten Tagen ihre Stütze und ihr Stab sein
werde. Wie sie das hörten, weinte die Mutter zwar noch sehr, und
der Vater meinte, das seien leere Vorspiegelungen, und hörte nicht
auurollen, aber sie fluchten dem Walen doch nicht mehr.

Jet fragte der Schulmeister, ob Nichts dabei gewesen wäre?

-- O ja, sagte Christoffel, ein schwerer Beutel, den ich in den
Tümpel geworfen habe, wo kein Grund ist.

-- Du böser Bube! schrie der Schulmeister auf ihn los, daß
Du es weißt, Du hast Deiner Eltern Glück in'S Wasser geworfen!
Es war viel Geld drinnen, das Deine Eltern aus allen Sorgen
hätte reißen können. Du mußt Prügel kriegen, daß Dir der Athem
ausgeht.

-- Ich Hab's ihm geheißen, sagte ruhig der Bauer; denn es
war Sündengeld, und das bringt kein Glück!

-- O Ihr verblendeten Leute, schrie der Schulmeister außer
sich, Ihr stoßt Euer Glück mit Füßen von Euch! Und wäre es
Sündengeld gewesen, hättet Ihr es nichr der Kirche schenken, oder
sonst eilt gutes Werk damit stiften können? Das hätte Euch Segen
gebracht. Aber Ihr Kleingläubigen stoßt die Hilfe, die Euch Gott
schickt, mit Füßen von Euch!

Der Schulmeister konnte sich lange nicht beruhigen, der alte
Georg aber blieb bei seinem Starrkopf, auch dann noch, als er das
Ende des Briefes hörte, wo der Wale sagte, daß er Hundert Du¬
katen beilege, um sich ihnen dankbar zu zeigen, und daß sie für Ge¬
org schadlos gehalten werden sollten, der ihnen nun nicht mehr zur
Hand gehen könne. Die Mutter aber fing an, sich über Christoph
zu ärgern, daß er dem Vater zu gehorsam gewesen war, und wider¬
sprach sogar ihrem Manne, wenn der steif und fest behauptete, der
Wale sei ein Seelenverkäufer und sein Geld hätte ihnen nur Fluch
und Unheil gebracht, wenn sie es behalten hätten.

Der Winter, der nun kam, war recht traurig für die armen
Leute. Die Ernte war im Sommer ihnen nicht sonderlich gerathen,
ein Kornwucherer betrog sie auch um das, was sie in die Scheuer
gebracht und ausgedroschen hatten, der Vater fiel in eine schwere


wie er nur zu ihres Georgen Glück und ihrem eigenen Segen den
Jungen mitgenommen habe, und wie er hoffe, aus ihm noch einen
vornehmen Mann zu machen, an dem sie rechte Freude haben könn¬
ten, und der in ihren alten Tagen ihre Stütze und ihr Stab sein
werde. Wie sie das hörten, weinte die Mutter zwar noch sehr, und
der Vater meinte, das seien leere Vorspiegelungen, und hörte nicht
auurollen, aber sie fluchten dem Walen doch nicht mehr.

Jet fragte der Schulmeister, ob Nichts dabei gewesen wäre?

— O ja, sagte Christoffel, ein schwerer Beutel, den ich in den
Tümpel geworfen habe, wo kein Grund ist.

— Du böser Bube! schrie der Schulmeister auf ihn los, daß
Du es weißt, Du hast Deiner Eltern Glück in'S Wasser geworfen!
Es war viel Geld drinnen, das Deine Eltern aus allen Sorgen
hätte reißen können. Du mußt Prügel kriegen, daß Dir der Athem
ausgeht.

— Ich Hab's ihm geheißen, sagte ruhig der Bauer; denn es
war Sündengeld, und das bringt kein Glück!

— O Ihr verblendeten Leute, schrie der Schulmeister außer
sich, Ihr stoßt Euer Glück mit Füßen von Euch! Und wäre es
Sündengeld gewesen, hättet Ihr es nichr der Kirche schenken, oder
sonst eilt gutes Werk damit stiften können? Das hätte Euch Segen
gebracht. Aber Ihr Kleingläubigen stoßt die Hilfe, die Euch Gott
schickt, mit Füßen von Euch!

Der Schulmeister konnte sich lange nicht beruhigen, der alte
Georg aber blieb bei seinem Starrkopf, auch dann noch, als er das
Ende des Briefes hörte, wo der Wale sagte, daß er Hundert Du¬
katen beilege, um sich ihnen dankbar zu zeigen, und daß sie für Ge¬
org schadlos gehalten werden sollten, der ihnen nun nicht mehr zur
Hand gehen könne. Die Mutter aber fing an, sich über Christoph
zu ärgern, daß er dem Vater zu gehorsam gewesen war, und wider¬
sprach sogar ihrem Manne, wenn der steif und fest behauptete, der
Wale sei ein Seelenverkäufer und sein Geld hätte ihnen nur Fluch
und Unheil gebracht, wenn sie es behalten hätten.

Der Winter, der nun kam, war recht traurig für die armen
Leute. Die Ernte war im Sommer ihnen nicht sonderlich gerathen,
ein Kornwucherer betrog sie auch um das, was sie in die Scheuer
gebracht und ausgedroschen hatten, der Vater fiel in eine schwere


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[0543] wie er nur zu ihres Georgen Glück und ihrem eigenen Segen den Jungen mitgenommen habe, und wie er hoffe, aus ihm noch einen vornehmen Mann zu machen, an dem sie rechte Freude haben könn¬ ten, und der in ihren alten Tagen ihre Stütze und ihr Stab sein werde. Wie sie das hörten, weinte die Mutter zwar noch sehr, und der Vater meinte, das seien leere Vorspiegelungen, und hörte nicht auurollen, aber sie fluchten dem Walen doch nicht mehr. Jet fragte der Schulmeister, ob Nichts dabei gewesen wäre? — O ja, sagte Christoffel, ein schwerer Beutel, den ich in den Tümpel geworfen habe, wo kein Grund ist. — Du böser Bube! schrie der Schulmeister auf ihn los, daß Du es weißt, Du hast Deiner Eltern Glück in'S Wasser geworfen! Es war viel Geld drinnen, das Deine Eltern aus allen Sorgen hätte reißen können. Du mußt Prügel kriegen, daß Dir der Athem ausgeht. — Ich Hab's ihm geheißen, sagte ruhig der Bauer; denn es war Sündengeld, und das bringt kein Glück! — O Ihr verblendeten Leute, schrie der Schulmeister außer sich, Ihr stoßt Euer Glück mit Füßen von Euch! Und wäre es Sündengeld gewesen, hättet Ihr es nichr der Kirche schenken, oder sonst eilt gutes Werk damit stiften können? Das hätte Euch Segen gebracht. Aber Ihr Kleingläubigen stoßt die Hilfe, die Euch Gott schickt, mit Füßen von Euch! Der Schulmeister konnte sich lange nicht beruhigen, der alte Georg aber blieb bei seinem Starrkopf, auch dann noch, als er das Ende des Briefes hörte, wo der Wale sagte, daß er Hundert Du¬ katen beilege, um sich ihnen dankbar zu zeigen, und daß sie für Ge¬ org schadlos gehalten werden sollten, der ihnen nun nicht mehr zur Hand gehen könne. Die Mutter aber fing an, sich über Christoph zu ärgern, daß er dem Vater zu gehorsam gewesen war, und wider¬ sprach sogar ihrem Manne, wenn der steif und fest behauptete, der Wale sei ein Seelenverkäufer und sein Geld hätte ihnen nur Fluch und Unheil gebracht, wenn sie es behalten hätten. Der Winter, der nun kam, war recht traurig für die armen Leute. Die Ernte war im Sommer ihnen nicht sonderlich gerathen, ein Kornwucherer betrog sie auch um das, was sie in die Scheuer gebracht und ausgedroschen hatten, der Vater fiel in eine schwere

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/543>, abgerufen am 23.07.2024.