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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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jetzt auf die Jagd nach Tenoren, Helden und Jntriguancen. Herr von
Küstner reist, Herr von Holbein reist, Herr Kapellmeister Guhr reist,
der Kaiser Nikolaus reist, jeder will engagiren. Ob Herr !>,-. Schmidt
glücklicher war, als alle die Herren, das wird sich in den nächsten
Monaten in Leipzig, Berlin, Wien, Frankfurt und Se. Petersburg
herausstellen. Herr i)--. Schmidt hat keine Celebritäten aufgefunden,
wohl aber einige frische, strebsame junge Männer, die in dem jour-
nalrcichen Leipzig Förderung ihres Rufes erhoffen, wozu ihnen Braun¬
schweig, Hannover u. s. w. wenig Gelegenheit bot. Uebrigens hat
auch Kaiser Nikolaus in dem journalreichcn Leipzig in letzterer Zeit
manche Stimme gewonnen. So z. B. das Pamphlet: "Oesterreich
und Rußland". Diese Schrift hat viel Glück gemacht, d. h. sie ist
bereits in mehreren Journalen verdienterweise beurtheilt worden,
ein Schicksal, das sonst nicht jedem Buche zu Theil wird. Der Ver¬
fasser dieser glorreichen Schrift ist -- wie man hört -- ein zur Zeit
in Leipzig sich aufhaltender junger Medicinae Dr. Herr L. aus Bro-
dy in Gallizien; derselbe hat jedoch einige Zeit in Rußland gelebt
und will wieder dahin zurückkehren, um sich dort zu etabliren. Sein
Büchlein wird ihm hoffentlich Quartier machen!


M.
Aus Berlin.

Die Preußische Allgemeine. -- Dr. Epiker- Bülow-Cummerow. -- Her-
wegh's Schwiegervater. -- Zwischen den Zeilen. -- Unehrbare Häuser. --
Wedecke. -- Vermehrung des Staatsministeriums.

Von zwei Dingen hat sich nun unsere Hauptstadt bis zum Ue-
Kerdruß unterhalten: vom Actienschwindel und von der Niaiserie der
Allgemeinen Preußischen Zeitung. Ersterer wird hoffentlich mit dem
laufenden Monat sein Ende erreicht haben, da die meisten Engage¬
ments auf Zeit mit dem Ultimo abgewickelt sein dürften. -- Sie se¬
hen, daß ich actienloser Literat mich auch ein wenig auf die Linguistik
der Börscnmanner gelegt habe -- und was die Allgemeine Preußische
Zeitung nebst ihrer "Niaiserie" betrifft -- ein Wort, das sie selbst in
die deutsche Publizistik eingeführt, indem sie damit die Meinung des
Herrn Guizot und aller Derjenigen bezeichnete, die an das Verbre¬
cherische der Juliordonnanzen Karl's X. glaubten--so versichert man,
daß sie höchstens noch bis zu Ende dieses Jahres ihr Dasein fristen
werde. Die Zahl ihrer Abonnenten wird immer kleiner; und wenn
diese auch letzt noch etwa dreitausend betragen mag -- wahrend sie
in ihrer blühenden Zeit unter der umsichtigen Oberleitung von Phi¬
lippsborn über neuntausend betrug -- so reicht das treu gebliebene
Häuflein doch nicht aus, um die durch ungeschickte Verwaltung enorm


jetzt auf die Jagd nach Tenoren, Helden und Jntriguancen. Herr von
Küstner reist, Herr von Holbein reist, Herr Kapellmeister Guhr reist,
der Kaiser Nikolaus reist, jeder will engagiren. Ob Herr !>,-. Schmidt
glücklicher war, als alle die Herren, das wird sich in den nächsten
Monaten in Leipzig, Berlin, Wien, Frankfurt und Se. Petersburg
herausstellen. Herr i)--. Schmidt hat keine Celebritäten aufgefunden,
wohl aber einige frische, strebsame junge Männer, die in dem jour-
nalrcichen Leipzig Förderung ihres Rufes erhoffen, wozu ihnen Braun¬
schweig, Hannover u. s. w. wenig Gelegenheit bot. Uebrigens hat
auch Kaiser Nikolaus in dem journalreichcn Leipzig in letzterer Zeit
manche Stimme gewonnen. So z. B. das Pamphlet: „Oesterreich
und Rußland". Diese Schrift hat viel Glück gemacht, d. h. sie ist
bereits in mehreren Journalen verdienterweise beurtheilt worden,
ein Schicksal, das sonst nicht jedem Buche zu Theil wird. Der Ver¬
fasser dieser glorreichen Schrift ist — wie man hört — ein zur Zeit
in Leipzig sich aufhaltender junger Medicinae Dr. Herr L. aus Bro-
dy in Gallizien; derselbe hat jedoch einige Zeit in Rußland gelebt
und will wieder dahin zurückkehren, um sich dort zu etabliren. Sein
Büchlein wird ihm hoffentlich Quartier machen!


M.
Aus Berlin.

Die Preußische Allgemeine. — Dr. Epiker- Bülow-Cummerow. — Her-
wegh's Schwiegervater. — Zwischen den Zeilen. — Unehrbare Häuser. —
Wedecke. — Vermehrung des Staatsministeriums.

Von zwei Dingen hat sich nun unsere Hauptstadt bis zum Ue-
Kerdruß unterhalten: vom Actienschwindel und von der Niaiserie der
Allgemeinen Preußischen Zeitung. Ersterer wird hoffentlich mit dem
laufenden Monat sein Ende erreicht haben, da die meisten Engage¬
ments auf Zeit mit dem Ultimo abgewickelt sein dürften. — Sie se¬
hen, daß ich actienloser Literat mich auch ein wenig auf die Linguistik
der Börscnmanner gelegt habe — und was die Allgemeine Preußische
Zeitung nebst ihrer „Niaiserie" betrifft — ein Wort, das sie selbst in
die deutsche Publizistik eingeführt, indem sie damit die Meinung des
Herrn Guizot und aller Derjenigen bezeichnete, die an das Verbre¬
cherische der Juliordonnanzen Karl's X. glaubten—so versichert man,
daß sie höchstens noch bis zu Ende dieses Jahres ihr Dasein fristen
werde. Die Zahl ihrer Abonnenten wird immer kleiner; und wenn
diese auch letzt noch etwa dreitausend betragen mag — wahrend sie
in ihrer blühenden Zeit unter der umsichtigen Oberleitung von Phi¬
lippsborn über neuntausend betrug — so reicht das treu gebliebene
Häuflein doch nicht aus, um die durch ungeschickte Verwaltung enorm


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/52>, abgerufen am 22.12.2024.