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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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geschehen sind, und daher mußte eine größere Verwendung stattfinden, als
wahr ist, -- und theils läßt man sich größere Quantitäten von den
Lieferanten bestätigen, als selbe eingeliefert haben. Auf diese Art
braucht man von der bewilligten Summe nur höchstens zwei Drittel,
ein Drittel ist also die Erspamiß, welche zwischen dem Comman¬
danten und dem Rechnungsleger getheilt, und von welcher
den unwissenden Munitionärs ein Douceur verabreicht werden
- - könnte. Die ergiebigsten Quellen für diese sogenannten Erspar¬
nisse sind die Cassirungen und Reparatur-Arbeiten.

Unter Cassirungen versteht man die Vernichtung jener Gegen¬
stände, die zum ferneren Gebrauch nicht mehr tauglich sind. Um
jeden" Betrüge zu begegnen, soll diese Vernichtung commissionaliter
geschehen, was auch jederzeit geschieht, wie die höheren Orts einzu¬
reichenden Cassirungs-Consignationen bestätigen. Der Vorgang ist
im Grunde dieser. Der Rechnungsleger geht alle Rubriken in der
Rechnung durch und setzt von jedem Gegenstande und Artikel eine
beliebige Zahl als unbrauchbar an. Ob diese Gegenstände wirklich
unbrauchbar sind, das kümmert ihn nicht, er sieht sich auch nicht
darnach um; denn die wirklich unbrauchbaren Gegenstände sind
schon längst vorgemerkt, und es handelt sich dann nur darum, diesen
wirklich unbrauchbaren die fingirt unbrauchbaren anzuhängen.
Wenn die hohe Artillerie-Censur-Behörde, nämlich das Hauptzeug¬
amt bei Prüfung dieser Cassirungs-Consignationen immer die bei¬
habenden Rechnungen, von welchen dasselbe immer eine Copie besitzt,
zu Händen nehmen würde, so würde sich selbe manchmal überzeugen,
daß öfters Gegenstände zum Cassirer angetragen werden, die in der
Rechnung gar nicht vorhanden oder wenigstens nicht so viel an Zahl
vorhanden sind. -- Uebrigens ist es Vorschrift, daß alle zu cassi-
renden Gegenstände einer unparteiischen Commission vorgewiesen
werden sollen und es werden daher sehr oft die Cassirungs-Consigna-
ttonen von solchen unparteiischen Commissions-Gliedern unterschrieben,
die entweder diese Gegenstände nicht gesehen haben, oder wenn sie
selbe gesehen haben, unter dem Wüste der wirklich zu cassirenden
auch die fingirten zu sehen glauben. Da überdies die unparteiischen
Commissionsglieder in der eigenen Branche ausgewählt werden, und
eine Krähe der andern nicht die Augen aushackt, so . . . Dies ist
der Vorgang bei den Cassirungen, worüber sich noch manches spre-


geschehen sind, und daher mußte eine größere Verwendung stattfinden, als
wahr ist, — und theils läßt man sich größere Quantitäten von den
Lieferanten bestätigen, als selbe eingeliefert haben. Auf diese Art
braucht man von der bewilligten Summe nur höchstens zwei Drittel,
ein Drittel ist also die Erspamiß, welche zwischen dem Comman¬
danten und dem Rechnungsleger getheilt, und von welcher
den unwissenden Munitionärs ein Douceur verabreicht werden
- - könnte. Die ergiebigsten Quellen für diese sogenannten Erspar¬
nisse sind die Cassirungen und Reparatur-Arbeiten.

Unter Cassirungen versteht man die Vernichtung jener Gegen¬
stände, die zum ferneren Gebrauch nicht mehr tauglich sind. Um
jeden» Betrüge zu begegnen, soll diese Vernichtung commissionaliter
geschehen, was auch jederzeit geschieht, wie die höheren Orts einzu¬
reichenden Cassirungs-Consignationen bestätigen. Der Vorgang ist
im Grunde dieser. Der Rechnungsleger geht alle Rubriken in der
Rechnung durch und setzt von jedem Gegenstande und Artikel eine
beliebige Zahl als unbrauchbar an. Ob diese Gegenstände wirklich
unbrauchbar sind, das kümmert ihn nicht, er sieht sich auch nicht
darnach um; denn die wirklich unbrauchbaren Gegenstände sind
schon längst vorgemerkt, und es handelt sich dann nur darum, diesen
wirklich unbrauchbaren die fingirt unbrauchbaren anzuhängen.
Wenn die hohe Artillerie-Censur-Behörde, nämlich das Hauptzeug¬
amt bei Prüfung dieser Cassirungs-Consignationen immer die bei¬
habenden Rechnungen, von welchen dasselbe immer eine Copie besitzt,
zu Händen nehmen würde, so würde sich selbe manchmal überzeugen,
daß öfters Gegenstände zum Cassirer angetragen werden, die in der
Rechnung gar nicht vorhanden oder wenigstens nicht so viel an Zahl
vorhanden sind. — Uebrigens ist es Vorschrift, daß alle zu cassi-
renden Gegenstände einer unparteiischen Commission vorgewiesen
werden sollen und es werden daher sehr oft die Cassirungs-Consigna-
ttonen von solchen unparteiischen Commissions-Gliedern unterschrieben,
die entweder diese Gegenstände nicht gesehen haben, oder wenn sie
selbe gesehen haben, unter dem Wüste der wirklich zu cassirenden
auch die fingirten zu sehen glauben. Da überdies die unparteiischen
Commissionsglieder in der eigenen Branche ausgewählt werden, und
eine Krähe der andern nicht die Augen aushackt, so . . . Dies ist
der Vorgang bei den Cassirungen, worüber sich noch manches spre-


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[0474] geschehen sind, und daher mußte eine größere Verwendung stattfinden, als wahr ist, — und theils läßt man sich größere Quantitäten von den Lieferanten bestätigen, als selbe eingeliefert haben. Auf diese Art braucht man von der bewilligten Summe nur höchstens zwei Drittel, ein Drittel ist also die Erspamiß, welche zwischen dem Comman¬ danten und dem Rechnungsleger getheilt, und von welcher den unwissenden Munitionärs ein Douceur verabreicht werden - - könnte. Die ergiebigsten Quellen für diese sogenannten Erspar¬ nisse sind die Cassirungen und Reparatur-Arbeiten. Unter Cassirungen versteht man die Vernichtung jener Gegen¬ stände, die zum ferneren Gebrauch nicht mehr tauglich sind. Um jeden» Betrüge zu begegnen, soll diese Vernichtung commissionaliter geschehen, was auch jederzeit geschieht, wie die höheren Orts einzu¬ reichenden Cassirungs-Consignationen bestätigen. Der Vorgang ist im Grunde dieser. Der Rechnungsleger geht alle Rubriken in der Rechnung durch und setzt von jedem Gegenstande und Artikel eine beliebige Zahl als unbrauchbar an. Ob diese Gegenstände wirklich unbrauchbar sind, das kümmert ihn nicht, er sieht sich auch nicht darnach um; denn die wirklich unbrauchbaren Gegenstände sind schon längst vorgemerkt, und es handelt sich dann nur darum, diesen wirklich unbrauchbaren die fingirt unbrauchbaren anzuhängen. Wenn die hohe Artillerie-Censur-Behörde, nämlich das Hauptzeug¬ amt bei Prüfung dieser Cassirungs-Consignationen immer die bei¬ habenden Rechnungen, von welchen dasselbe immer eine Copie besitzt, zu Händen nehmen würde, so würde sich selbe manchmal überzeugen, daß öfters Gegenstände zum Cassirer angetragen werden, die in der Rechnung gar nicht vorhanden oder wenigstens nicht so viel an Zahl vorhanden sind. — Uebrigens ist es Vorschrift, daß alle zu cassi- renden Gegenstände einer unparteiischen Commission vorgewiesen werden sollen und es werden daher sehr oft die Cassirungs-Consigna- ttonen von solchen unparteiischen Commissions-Gliedern unterschrieben, die entweder diese Gegenstände nicht gesehen haben, oder wenn sie selbe gesehen haben, unter dem Wüste der wirklich zu cassirenden auch die fingirten zu sehen glauben. Da überdies die unparteiischen Commissionsglieder in der eigenen Branche ausgewählt werden, und eine Krähe der andern nicht die Augen aushackt, so . . . Dies ist der Vorgang bei den Cassirungen, worüber sich noch manches spre-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/474>, abgerufen am 03.07.2024.