Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.wurde. Herr Guttmann sagte seine Rolle her, als freute er sich, So viel ist gewiß, zur würdigen Darstellung eines Stückes, wie rv. Notizen. Lüning in Rheda. -- Ghillany, der neueste Judenfresser. -- Man hört in unserer Zeit so viel von allerhand Verketzerun¬ wurde. Herr Guttmann sagte seine Rolle her, als freute er sich, So viel ist gewiß, zur würdigen Darstellung eines Stückes, wie rv. Notizen. Lüning in Rheda. — Ghillany, der neueste Judenfresser. — Man hört in unserer Zeit so viel von allerhand Verketzerun¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0438" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180997"/> <p xml:id="ID_1050" prev="#ID_1049"> wurde. Herr Guttmann sagte seine Rolle her, als freute er sich,<lb/> zu zeigen, daß er sie auswendig wußte. — Alle Anerkennung ver¬<lb/> dienen Ballmann als Jetter und Berthold als Bansen. So<lb/> war z. B. die vorlaute Art, mit der Jetter das von Egmont's Hals<lb/> und dem Scharfrichter herausschnatterte, recht bezeichnend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1051"> So viel ist gewiß, zur würdigen Darstellung eines Stückes, wie<lb/> Egmont, reicht diese Bühne noch lange nicht aus. Es fehlt ihr nicht<lb/> an versprechenden Kräften, aber diese sind, mit wenigen Ausnahmen,<lb/> jung und müssen gebildet werden. Mögen trotzdem unsere classischen<lb/> Dramen, an denen allein eine Pflanzschule junger Künstler sich em-<lb/> porziehen läßt, recht oft gegeben werden; wenn auch die Aufführung<lb/> von Lustspielen und Conversationsstücken bei Weitem besser gelingt<lb/> und glänzendere Erfolge hat. Die Direction zeigt so viel ehrlichen<lb/> Willen, daß man ihr gewiß allgemein die Erfüllung ihrer schweren<lb/> Aufgabe zu erleichtern suchen wird.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> rv.<lb/> Notizen.</head><lb/> <note type="argument"> Lüning in Rheda. — Ghillany, der neueste Judenfresser.</note><lb/> <p xml:id="ID_1052" next="#ID_1053"> — Man hört in unserer Zeit so viel von allerhand Verketzerun¬<lb/> gen, Judenfcessereien, Glaubensverfolgungen und andern kleinen Ex¬<lb/> cessen, in denen sich das vom Scheintod erstehungslustige oder in den<lb/> letzten Zügen liegende Mittelalter Luft machen will; leider sind's aber<lb/> meist nur krankhafte Prickeleien, ohnmächtige Gelüste der mit ganz<lb/> andern Geburten schwangeren Zeit, noch häusiger die glorreichen<lb/> Schöpfungen einer sich für organisch und schöpferisch haltenden christ¬<lb/> lich-germanischen, besser unchristlich-romanischen Reaction. Da freut<lb/> es Einen ordentlich, wenn man dafür einmal von einem gesunden,<lb/> ehrlichen, der heiligen römischen Reichs-Zeit würdigen Loyalitäts¬<lb/> und Glaubenscravall hört, der dem guten Volk grad vom Her¬<lb/> zen oder von der Leber kam, — wie er etwa unlängst in<lb/> Rheda in Westphalen vorfiel. Dort lebt ein junger Dichter<lb/> Lüning, der ein Bändchen voll polizeiwidriger Lyrik im Auslande<lb/> herausgegeben und sich dadurch die Ehre einer Untersuchung auf<lb/> Hochverrath und Haussuchung zugezogen hat, in der ihm<lb/> auch einige Papierschnitzel seiner (Korrespondenz mit einer Dame<lb/> weggenommen worden sind. Doch das ist es nicht, was wir meinen.<lb/> Das wäre etwas Alltägliches, denn in Preußen fehlt es so wenig an<lb/> Untersuchungen, daß man sie bald zu den „kleinen Leiden des mensch¬<lb/> lichen Lebens", zu den gewöhnlichen sicherheits- und sanitätspolizeili-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0438]
wurde. Herr Guttmann sagte seine Rolle her, als freute er sich,
zu zeigen, daß er sie auswendig wußte. — Alle Anerkennung ver¬
dienen Ballmann als Jetter und Berthold als Bansen. So
war z. B. die vorlaute Art, mit der Jetter das von Egmont's Hals
und dem Scharfrichter herausschnatterte, recht bezeichnend.
So viel ist gewiß, zur würdigen Darstellung eines Stückes, wie
Egmont, reicht diese Bühne noch lange nicht aus. Es fehlt ihr nicht
an versprechenden Kräften, aber diese sind, mit wenigen Ausnahmen,
jung und müssen gebildet werden. Mögen trotzdem unsere classischen
Dramen, an denen allein eine Pflanzschule junger Künstler sich em-
porziehen läßt, recht oft gegeben werden; wenn auch die Aufführung
von Lustspielen und Conversationsstücken bei Weitem besser gelingt
und glänzendere Erfolge hat. Die Direction zeigt so viel ehrlichen
Willen, daß man ihr gewiß allgemein die Erfüllung ihrer schweren
Aufgabe zu erleichtern suchen wird.
rv.
Notizen.
Lüning in Rheda. — Ghillany, der neueste Judenfresser.
— Man hört in unserer Zeit so viel von allerhand Verketzerun¬
gen, Judenfcessereien, Glaubensverfolgungen und andern kleinen Ex¬
cessen, in denen sich das vom Scheintod erstehungslustige oder in den
letzten Zügen liegende Mittelalter Luft machen will; leider sind's aber
meist nur krankhafte Prickeleien, ohnmächtige Gelüste der mit ganz
andern Geburten schwangeren Zeit, noch häusiger die glorreichen
Schöpfungen einer sich für organisch und schöpferisch haltenden christ¬
lich-germanischen, besser unchristlich-romanischen Reaction. Da freut
es Einen ordentlich, wenn man dafür einmal von einem gesunden,
ehrlichen, der heiligen römischen Reichs-Zeit würdigen Loyalitäts¬
und Glaubenscravall hört, der dem guten Volk grad vom Her¬
zen oder von der Leber kam, — wie er etwa unlängst in
Rheda in Westphalen vorfiel. Dort lebt ein junger Dichter
Lüning, der ein Bändchen voll polizeiwidriger Lyrik im Auslande
herausgegeben und sich dadurch die Ehre einer Untersuchung auf
Hochverrath und Haussuchung zugezogen hat, in der ihm
auch einige Papierschnitzel seiner (Korrespondenz mit einer Dame
weggenommen worden sind. Doch das ist es nicht, was wir meinen.
Das wäre etwas Alltägliches, denn in Preußen fehlt es so wenig an
Untersuchungen, daß man sie bald zu den „kleinen Leiden des mensch¬
lichen Lebens", zu den gewöhnlichen sicherheits- und sanitätspolizeili-
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