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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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der Fülle der Schönheit, die mich wie ein Meer umwogte, daß ich
Abends, als ich nur noch eine Kammerjungfer hatte, um ihr meine
Ertast mitzutheilen, mich mit ihr in Unterhaltung einließ und sie zum
ersten Mal in meinem Leben um etwas fragte, das nicht die Gar¬
derobe betraf/' Dieser Vorfall ist höchst interessant, doch man begreift
ihn wohl, denn je mehr die Bildung steigt, desto weniger kann sich
ein dummer Kastengeist erhalten.

Die Gräfin mag Tenier's Bilder nicht leiden, sie wittert das
demokratische Element, das darin steckt, und ihr wird übel, wenn sie
so einen gemalten Bauer sieht, der sich seine Pfeife stopft. Die Kunst
sollte sich auch wirklich niemals mit Menschen befassen" die nicht sech¬
zehn Ahnen nachweisen können. Doch dann sind sie ja , nach Jda
Hahn-Hahn, keine Menschen mehr; dann gehören sie zur lumtv-pr-
ive. - Auch an Bcllmann verletzt sie der volkstümliche Duft, und
sie sagt von dem Dichter: "Durch seine Lieder soll ein lieblicher
und hinreißender Rausch gehen; weniger durch sein Leben, denn da
hat ihn dieser Rausch zuweilen denn bum>"z">"zue, in den Rinnstein
gelegt/' Es geht doch Nichts über die Salonsprache! Leicht und dia¬
mantenhell, der Schwinge des Kolibri gleich, flattert sie selbst über
Rinnsteine hin, ohne sich zu beschmutzen.

Dergleichen plumpe Urtheile darf man jedoch nur dann spöttisch
behandeln, wenn sie längst gestorbene Personen treffen. Sobald sich
die Frau Gräfin aber unterfängt, auf kränkende Art ehrenwerther
Zeitgenossen zu erwähnen, dann ist es nöthig, sie in die Schranke
zurückzuweisen, welche ihr gebührt. Sie äußert bei Gelegenheit von
Eckermann's trefflichem Buche über Göthe, das uns den Dichter le¬
bendig in Wort und That vor die Seele führt: zEckermann kam
mir beängstigend vor, nicht wie ein Mensch, sondern etwa -- wie
Göthe's Pudel. Sagt Göthe: Wart' auf! so wartet er auf. Sagt
Göthe: Exporte! so apportirt er." Jda, Gräfin Hahn-Hahn möge
sich künftig solcher schnöden Aburtheilung über Leute, die sie gar nicht
zu würdigen weiß, und solcher unpassenden Sprache enthalten. Es
mögen irgendwo dergleichen animalische Bilder beliebt sein, in der deut¬
schen Literatur war stets eine sittliche und würdige Sprache heimisch,
und wir werden darüber wachen, daß jede noch so hochadelige
Dame sich darin ausdrückt. -- Eckermann hat übrigens die Genug¬
thuung, daß Jda Hahn-Hahn sich selber bald mit Heerden, bald


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der Fülle der Schönheit, die mich wie ein Meer umwogte, daß ich
Abends, als ich nur noch eine Kammerjungfer hatte, um ihr meine
Ertast mitzutheilen, mich mit ihr in Unterhaltung einließ und sie zum
ersten Mal in meinem Leben um etwas fragte, das nicht die Gar¬
derobe betraf/' Dieser Vorfall ist höchst interessant, doch man begreift
ihn wohl, denn je mehr die Bildung steigt, desto weniger kann sich
ein dummer Kastengeist erhalten.

Die Gräfin mag Tenier's Bilder nicht leiden, sie wittert das
demokratische Element, das darin steckt, und ihr wird übel, wenn sie
so einen gemalten Bauer sieht, der sich seine Pfeife stopft. Die Kunst
sollte sich auch wirklich niemals mit Menschen befassen» die nicht sech¬
zehn Ahnen nachweisen können. Doch dann sind sie ja , nach Jda
Hahn-Hahn, keine Menschen mehr; dann gehören sie zur lumtv-pr-
ive. - Auch an Bcllmann verletzt sie der volkstümliche Duft, und
sie sagt von dem Dichter: „Durch seine Lieder soll ein lieblicher
und hinreißender Rausch gehen; weniger durch sein Leben, denn da
hat ihn dieser Rausch zuweilen denn bum>«z»>«zue, in den Rinnstein
gelegt/' Es geht doch Nichts über die Salonsprache! Leicht und dia¬
mantenhell, der Schwinge des Kolibri gleich, flattert sie selbst über
Rinnsteine hin, ohne sich zu beschmutzen.

Dergleichen plumpe Urtheile darf man jedoch nur dann spöttisch
behandeln, wenn sie längst gestorbene Personen treffen. Sobald sich
die Frau Gräfin aber unterfängt, auf kränkende Art ehrenwerther
Zeitgenossen zu erwähnen, dann ist es nöthig, sie in die Schranke
zurückzuweisen, welche ihr gebührt. Sie äußert bei Gelegenheit von
Eckermann's trefflichem Buche über Göthe, das uns den Dichter le¬
bendig in Wort und That vor die Seele führt: zEckermann kam
mir beängstigend vor, nicht wie ein Mensch, sondern etwa — wie
Göthe's Pudel. Sagt Göthe: Wart' auf! so wartet er auf. Sagt
Göthe: Exporte! so apportirt er." Jda, Gräfin Hahn-Hahn möge
sich künftig solcher schnöden Aburtheilung über Leute, die sie gar nicht
zu würdigen weiß, und solcher unpassenden Sprache enthalten. Es
mögen irgendwo dergleichen animalische Bilder beliebt sein, in der deut¬
schen Literatur war stets eine sittliche und würdige Sprache heimisch,
und wir werden darüber wachen, daß jede noch so hochadelige
Dame sich darin ausdrückt. — Eckermann hat übrigens die Genug¬
thuung, daß Jda Hahn-Hahn sich selber bald mit Heerden, bald


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/323>, abgerufen am 23.12.2024.