Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.gebete sind zum Himmel emporgestiegen für die glückliche Erhaltung Thebens war, bevor er Bürgermeister in dem märkischen Städt¬ Justus. gebete sind zum Himmel emporgestiegen für die glückliche Erhaltung Thebens war, bevor er Bürgermeister in dem märkischen Städt¬ Justus. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0294" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180853"/> <p xml:id="ID_694" prev="#ID_693"> gebete sind zum Himmel emporgestiegen für die glückliche Erhaltung<lb/> des Königs, aber auch die Bitte, daß sein bevorstehender Aufenthalt<lb/> in Wien, seine bevorstehende Zusammenkunft mit dem Fürsten Met-<lb/> ternich und vielleicht auch mit dem Kaiser Nikolaus den Deutschen<lb/> keine neue Einschränkung ihrer Freiheit bringen möge!</p><lb/> <p xml:id="ID_695"> Thebens war, bevor er Bürgermeister in dem märkischen Städt¬<lb/> chen Storkow wurde, Bürger und Lackirwaarenfabrikant in Berlin,<lb/> als welcher er sich wahrend der Cholera im Jahre 18Z1 als Präses<lb/> einer Schutzcommission auszeichnete, deren Sitz in einem der am mei¬<lb/> sten von dieser Krankheit heimgesuchten Stadttheile war, wo er zu<lb/> einer Zeit, in der man noch eine abergläubische Furcht vor der Art<lb/> der Verbreitung der Cholera hatte, alle Krankenwohnungen besuchte.<lb/> An einer gewissen geistigen Energie fehlte es ihm daher nicht, wie<lb/> dies auch aus seinen im ersten Verhör ertheilten Antworten hervor¬<lb/> geht; nichts desto weniger steht doch fest, daß er ein überaus queru-<lb/> lirender, jähzorniger Charakter, dem eine sittliche Erhebung über die<lb/> allergewöhnlichsten Interessen und Motive kaum zuzutrauen ist. —<lb/> Der Tod von Karl Streckfuß, der seit ungefähr anderthalb Jahren<lb/> aus dem Staatsdienste geschieden, in welchem er als Ministerialrath<lb/> eine angesehene Stellung bekleidete, erregt auch in der literarischen<lb/> Welt großes Bedauern. Seine meisterhaften Uebersetzungen des Dante,<lb/> Ariost und Tasso sichern ihm ein dauerndes Andenken. Als poliri¬<lb/> scher Schriftsteller hat er das merkwürdige, seinem Herzen sehr zur<lb/> Ehre gereichende Beispiel gegeben, daß er keinen Anstand nahm, den<lb/> von ihm früher gethanen Ausspruch von der Unvereinbarkeit des<lb/> Judenthums mit dem Staatsbürgerthum unserer Zeit, sobald er den¬<lb/> selben als Irrthum erkannt hatte, öffentlich zurückzunehmen. Ueber¬<lb/> haupt scheute er sich nicht, ungeachtet der in gewissen Regionen vor¬<lb/> herrschenden Neigung zu religiöser Schwärmerei seine rationellen An¬<lb/> sichten sowohl in Prosa als in Versen („Die Höllenqualen der Frömm¬<lb/> ler", ein in deutschen Terzinen gedichtetes Capriccio) auszusprechen.<lb/> Dies und der Umstand, daß ihm ein jüngerer Staatsbeamter vorge¬<lb/> setzt wurde, soll übrigens im Jahr 1842 der Anlaß gewesen sein, daß<lb/> er seinen Abschied forderte. — In der Theaterwelt wird das Abgehen<lb/> Beckmann's vom Königstädtischen Theater und das bevorstehende Auf><lb/> treten Nestroy's auf dieser Bühne viel besprochen. Ersteres ist aller¬<lb/> dings ein empfindlicher Verlust, über das Letztere hoffe ich Ihnen in<lb/> einem meiner nächsten Berichte etwas Näheres melden zu können.</p><lb/> <note type="byline"> Justus.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0294]
gebete sind zum Himmel emporgestiegen für die glückliche Erhaltung
des Königs, aber auch die Bitte, daß sein bevorstehender Aufenthalt
in Wien, seine bevorstehende Zusammenkunft mit dem Fürsten Met-
ternich und vielleicht auch mit dem Kaiser Nikolaus den Deutschen
keine neue Einschränkung ihrer Freiheit bringen möge!
Thebens war, bevor er Bürgermeister in dem märkischen Städt¬
chen Storkow wurde, Bürger und Lackirwaarenfabrikant in Berlin,
als welcher er sich wahrend der Cholera im Jahre 18Z1 als Präses
einer Schutzcommission auszeichnete, deren Sitz in einem der am mei¬
sten von dieser Krankheit heimgesuchten Stadttheile war, wo er zu
einer Zeit, in der man noch eine abergläubische Furcht vor der Art
der Verbreitung der Cholera hatte, alle Krankenwohnungen besuchte.
An einer gewissen geistigen Energie fehlte es ihm daher nicht, wie
dies auch aus seinen im ersten Verhör ertheilten Antworten hervor¬
geht; nichts desto weniger steht doch fest, daß er ein überaus queru-
lirender, jähzorniger Charakter, dem eine sittliche Erhebung über die
allergewöhnlichsten Interessen und Motive kaum zuzutrauen ist. —
Der Tod von Karl Streckfuß, der seit ungefähr anderthalb Jahren
aus dem Staatsdienste geschieden, in welchem er als Ministerialrath
eine angesehene Stellung bekleidete, erregt auch in der literarischen
Welt großes Bedauern. Seine meisterhaften Uebersetzungen des Dante,
Ariost und Tasso sichern ihm ein dauerndes Andenken. Als poliri¬
scher Schriftsteller hat er das merkwürdige, seinem Herzen sehr zur
Ehre gereichende Beispiel gegeben, daß er keinen Anstand nahm, den
von ihm früher gethanen Ausspruch von der Unvereinbarkeit des
Judenthums mit dem Staatsbürgerthum unserer Zeit, sobald er den¬
selben als Irrthum erkannt hatte, öffentlich zurückzunehmen. Ueber¬
haupt scheute er sich nicht, ungeachtet der in gewissen Regionen vor¬
herrschenden Neigung zu religiöser Schwärmerei seine rationellen An¬
sichten sowohl in Prosa als in Versen („Die Höllenqualen der Frömm¬
ler", ein in deutschen Terzinen gedichtetes Capriccio) auszusprechen.
Dies und der Umstand, daß ihm ein jüngerer Staatsbeamter vorge¬
setzt wurde, soll übrigens im Jahr 1842 der Anlaß gewesen sein, daß
er seinen Abschied forderte. — In der Theaterwelt wird das Abgehen
Beckmann's vom Königstädtischen Theater und das bevorstehende Auf>
treten Nestroy's auf dieser Bühne viel besprochen. Ersteres ist aller¬
dings ein empfindlicher Verlust, über das Letztere hoffe ich Ihnen in
einem meiner nächsten Berichte etwas Näheres melden zu können.
Justus.
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