Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Dann tritt die regelmäßige Dachreihe des Arsenals hervor, das kleine, Da singen plötzlich auf der deutschen Kirche des Glockenspieles Dann tritt die regelmäßige Dachreihe des Arsenals hervor, das kleine, Da singen plötzlich auf der deutschen Kirche des Glockenspieles <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180831"/> <p xml:id="ID_640" prev="#ID_639"> Dann tritt die regelmäßige Dachreihe des Arsenals hervor, das kleine,<lb/> trotzige Kastell, die runde, basilikenartige Schiffsholmkirche mit ihrer<lb/> Kuppel, und dahinter breite, leuchtend weiße Kasernengebäude. Eine<lb/> Laufbrücke, platt auf dem Wellenspiegel ruhend, geht von dort nach<lb/> dem Nordermalm, und links unter uns hebt sich aus der innern<lb/> Stadt das königliche Schloß, hell und hoch und compact, aber ohne<lb/> Schwerfälligkeit empor. Ringsum ragen Kirchthürme, verschieden an<lb/> Form und Färbung, aus dem Häuserwald, welcher sich an belaubte<lb/> Felsrücken lehnt. Und dazwischen ist viel Helles Wasser in stolzen<lb/> Krümmungen; gerade zu unsern Füßen führt eine Brücke über dasselbe,<lb/> daneben sind ungeheure Eisenmassen aufgestapelt, geschäftig eilen die<lb/> Arbeiter dort umher, und bis zu uns tont das Klirren der geworfe¬<lb/> nen Stangen. Ein bretterner Gemüsemarkt schwimmt im Halbrund<lb/> auf den Wogen, er ist bunt mit Mädchen und Frauen vollgedrängt,<lb/> und rings haben Boote angelegt, in denen die grüne Waare feil¬<lb/> geboten wird. Zahllose Schiffe, groß und klein, kommen und segeln<lb/> ab, die Stadt mit Kanonenschüssen grüßend, und sie vollenden das<lb/> herrliche Bild.</p><lb/> <p xml:id="ID_641"> Da singen plötzlich auf der deutschen Kirche des Glockenspieles<lb/> fromme Klänge durch die blaue Luft. Es ist das einzige in Schwe¬<lb/> den, und nach einer alten königlichen Erlaubniß darf „bei frohen<lb/> und traurigen Fällen" damit geläutet werden. Also war wohl einem<lb/> reichen Bürger der ersehnte Erbe seines Namens und seiner Güter<lb/> geboren, oder zwei Leute reichten sich mit stürmischen Hoffnungen<lb/> von Glück die Hand am Altare, oder es hatte sich ein Auge ge¬<lb/> schlossen, um die Sonne nie mehr strahlen zu sehen. Und doch lag<lb/> sie eben so goldig hell auf der schönen Landschaft; nur zuweilen flo¬<lb/> gen einzelne Wolkenschatten darüber hin.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
Dann tritt die regelmäßige Dachreihe des Arsenals hervor, das kleine,
trotzige Kastell, die runde, basilikenartige Schiffsholmkirche mit ihrer
Kuppel, und dahinter breite, leuchtend weiße Kasernengebäude. Eine
Laufbrücke, platt auf dem Wellenspiegel ruhend, geht von dort nach
dem Nordermalm, und links unter uns hebt sich aus der innern
Stadt das königliche Schloß, hell und hoch und compact, aber ohne
Schwerfälligkeit empor. Ringsum ragen Kirchthürme, verschieden an
Form und Färbung, aus dem Häuserwald, welcher sich an belaubte
Felsrücken lehnt. Und dazwischen ist viel Helles Wasser in stolzen
Krümmungen; gerade zu unsern Füßen führt eine Brücke über dasselbe,
daneben sind ungeheure Eisenmassen aufgestapelt, geschäftig eilen die
Arbeiter dort umher, und bis zu uns tont das Klirren der geworfe¬
nen Stangen. Ein bretterner Gemüsemarkt schwimmt im Halbrund
auf den Wogen, er ist bunt mit Mädchen und Frauen vollgedrängt,
und rings haben Boote angelegt, in denen die grüne Waare feil¬
geboten wird. Zahllose Schiffe, groß und klein, kommen und segeln
ab, die Stadt mit Kanonenschüssen grüßend, und sie vollenden das
herrliche Bild.
Da singen plötzlich auf der deutschen Kirche des Glockenspieles
fromme Klänge durch die blaue Luft. Es ist das einzige in Schwe¬
den, und nach einer alten königlichen Erlaubniß darf „bei frohen
und traurigen Fällen" damit geläutet werden. Also war wohl einem
reichen Bürger der ersehnte Erbe seines Namens und seiner Güter
geboren, oder zwei Leute reichten sich mit stürmischen Hoffnungen
von Glück die Hand am Altare, oder es hatte sich ein Auge ge¬
schlossen, um die Sonne nie mehr strahlen zu sehen. Und doch lag
sie eben so goldig hell auf der schönen Landschaft; nur zuweilen flo¬
gen einzelne Wolkenschatten darüber hin.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |