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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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sein übrigens doch wohl nicht allzu zart von ihrem Gemahl, besser
Gebieter, behandelt worden sein, und es besonders schwer gehalten
haben, dem pointillcusen Ceremonie! ihres jetzigen Standes zu seiner
Zufriedenheit zu entsprechen; doch gut und nachgebend, wie sie war,
hatte sie sich mit der Zeit in Alles schicken gelernt und erfreute sich
jetzt wirklich von seiner Seite achtungsvoller Rücksichten. Noch besser
war aber das Betragen ihrer Stiefsöhne gegen sie. Es eristirten
deren vier, die sich in Ehrfurcht vor dem Vater beugten. Der älteste
Sohn des Hauses mit dem Titel secuncl" x"5"nu8, Herzog von Ca-
stiglione, war längst mit der einzigen Tochter eines Millionärs aus
Pisa, eines ehemaligen Lieferanten, verheirathet, und hatten bei die¬
ser Partie ähnliche Rücksichten, als bei der späteren väterlichen vor¬
gewaltet. Auch war er, sonst ziemlich unbedeutend, mit den errun¬
genen Vortheilen ganz zufrieden und ließ seine Gemahlin, wie sie
wollte, auf dem Fuße der großen Welt in Florenz leben. Der zweite
Sohn, Marquis Cajatico betitelt, ist zugleich Gouverneur von Li-
vorno, Marmechef und General, und zwar ohne jemals Lieutenant
gewesen zu sein, welche Stufe doch sogar der große Napoleon, der
noch eine gewichtigere Carriere machte, sieben Jahre besetzt halten
mußte. Er war zugleich der Glückliche, der in einer reichen auch eine
ebenbürtige Gemahlin sich errang, und bereits Vater einer zahlreichen
Familie. Für Thomaso und Lorenzo, deren specielle Bekanntschaft
wir bereits gemacht, eristirten leider keine Titel mehr in der Familie
und sie hießen Dorf, wie nach spanischer Etikette alle nachgebornen
Sohne von Fürsten, für die keine Auszeichnungen der Art mehr üb¬
rig geblieben. Sie lebten im Palaste des Vaters und besaßen wei¬
ter keine Alimente, als die er ihnen eben nicht allzu freigebig verab¬
reichte; ihre Arbeiten im Ministerium des Oheims, Don Heri, hat¬
ten außer der Ehre bis jetzt auch noch weiter keine Früchte getragen.
Unstreitig empfanden die jungen Leute ihre drückende Abhängigkeit
tief. Hätte Fürst Thomas gewollt, konnte er sie längst günstiger
stellen, doch von seinem Haupte mußten alle Strahlen des Familien¬
glanzes ausgehen, und das nahm, wie er behauptete, seine ganze
Baarschaft in Anspruch. Warum machten es die jüngeren nicht
den älteren Brüdern nach und consolidirten sich durch reiche Heira-
then? waren sie doch schöne Männer, denen es garnicht fehlen konnte,
wenn sie sich nnr nicht allzu wählerisch bewiesen. Aber all Ihr Hei-


sein übrigens doch wohl nicht allzu zart von ihrem Gemahl, besser
Gebieter, behandelt worden sein, und es besonders schwer gehalten
haben, dem pointillcusen Ceremonie! ihres jetzigen Standes zu seiner
Zufriedenheit zu entsprechen; doch gut und nachgebend, wie sie war,
hatte sie sich mit der Zeit in Alles schicken gelernt und erfreute sich
jetzt wirklich von seiner Seite achtungsvoller Rücksichten. Noch besser
war aber das Betragen ihrer Stiefsöhne gegen sie. Es eristirten
deren vier, die sich in Ehrfurcht vor dem Vater beugten. Der älteste
Sohn des Hauses mit dem Titel secuncl» x«5»nu8, Herzog von Ca-
stiglione, war längst mit der einzigen Tochter eines Millionärs aus
Pisa, eines ehemaligen Lieferanten, verheirathet, und hatten bei die¬
ser Partie ähnliche Rücksichten, als bei der späteren väterlichen vor¬
gewaltet. Auch war er, sonst ziemlich unbedeutend, mit den errun¬
genen Vortheilen ganz zufrieden und ließ seine Gemahlin, wie sie
wollte, auf dem Fuße der großen Welt in Florenz leben. Der zweite
Sohn, Marquis Cajatico betitelt, ist zugleich Gouverneur von Li-
vorno, Marmechef und General, und zwar ohne jemals Lieutenant
gewesen zu sein, welche Stufe doch sogar der große Napoleon, der
noch eine gewichtigere Carriere machte, sieben Jahre besetzt halten
mußte. Er war zugleich der Glückliche, der in einer reichen auch eine
ebenbürtige Gemahlin sich errang, und bereits Vater einer zahlreichen
Familie. Für Thomaso und Lorenzo, deren specielle Bekanntschaft
wir bereits gemacht, eristirten leider keine Titel mehr in der Familie
und sie hießen Dorf, wie nach spanischer Etikette alle nachgebornen
Sohne von Fürsten, für die keine Auszeichnungen der Art mehr üb¬
rig geblieben. Sie lebten im Palaste des Vaters und besaßen wei¬
ter keine Alimente, als die er ihnen eben nicht allzu freigebig verab¬
reichte; ihre Arbeiten im Ministerium des Oheims, Don Heri, hat¬
ten außer der Ehre bis jetzt auch noch weiter keine Früchte getragen.
Unstreitig empfanden die jungen Leute ihre drückende Abhängigkeit
tief. Hätte Fürst Thomas gewollt, konnte er sie längst günstiger
stellen, doch von seinem Haupte mußten alle Strahlen des Familien¬
glanzes ausgehen, und das nahm, wie er behauptete, seine ganze
Baarschaft in Anspruch. Warum machten es die jüngeren nicht
den älteren Brüdern nach und consolidirten sich durch reiche Heira-
then? waren sie doch schöne Männer, denen es garnicht fehlen konnte,
wenn sie sich nnr nicht allzu wählerisch bewiesen. Aber all Ihr Hei-


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[0255] sein übrigens doch wohl nicht allzu zart von ihrem Gemahl, besser Gebieter, behandelt worden sein, und es besonders schwer gehalten haben, dem pointillcusen Ceremonie! ihres jetzigen Standes zu seiner Zufriedenheit zu entsprechen; doch gut und nachgebend, wie sie war, hatte sie sich mit der Zeit in Alles schicken gelernt und erfreute sich jetzt wirklich von seiner Seite achtungsvoller Rücksichten. Noch besser war aber das Betragen ihrer Stiefsöhne gegen sie. Es eristirten deren vier, die sich in Ehrfurcht vor dem Vater beugten. Der älteste Sohn des Hauses mit dem Titel secuncl» x«5»nu8, Herzog von Ca- stiglione, war längst mit der einzigen Tochter eines Millionärs aus Pisa, eines ehemaligen Lieferanten, verheirathet, und hatten bei die¬ ser Partie ähnliche Rücksichten, als bei der späteren väterlichen vor¬ gewaltet. Auch war er, sonst ziemlich unbedeutend, mit den errun¬ genen Vortheilen ganz zufrieden und ließ seine Gemahlin, wie sie wollte, auf dem Fuße der großen Welt in Florenz leben. Der zweite Sohn, Marquis Cajatico betitelt, ist zugleich Gouverneur von Li- vorno, Marmechef und General, und zwar ohne jemals Lieutenant gewesen zu sein, welche Stufe doch sogar der große Napoleon, der noch eine gewichtigere Carriere machte, sieben Jahre besetzt halten mußte. Er war zugleich der Glückliche, der in einer reichen auch eine ebenbürtige Gemahlin sich errang, und bereits Vater einer zahlreichen Familie. Für Thomaso und Lorenzo, deren specielle Bekanntschaft wir bereits gemacht, eristirten leider keine Titel mehr in der Familie und sie hießen Dorf, wie nach spanischer Etikette alle nachgebornen Sohne von Fürsten, für die keine Auszeichnungen der Art mehr üb¬ rig geblieben. Sie lebten im Palaste des Vaters und besaßen wei¬ ter keine Alimente, als die er ihnen eben nicht allzu freigebig verab¬ reichte; ihre Arbeiten im Ministerium des Oheims, Don Heri, hat¬ ten außer der Ehre bis jetzt auch noch weiter keine Früchte getragen. Unstreitig empfanden die jungen Leute ihre drückende Abhängigkeit tief. Hätte Fürst Thomas gewollt, konnte er sie längst günstiger stellen, doch von seinem Haupte mußten alle Strahlen des Familien¬ glanzes ausgehen, und das nahm, wie er behauptete, seine ganze Baarschaft in Anspruch. Warum machten es die jüngeren nicht den älteren Brüdern nach und consolidirten sich durch reiche Heira- then? waren sie doch schöne Männer, denen es garnicht fehlen konnte, wenn sie sich nnr nicht allzu wählerisch bewiesen. Aber all Ihr Hei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/255>, abgerufen am 23.07.2024.