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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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abstrahtrt werden, um zum logischen Sein zu gelangen ^ und den¬
noch wird noch ein Unterschied festgehalten, sei er auch selbst wieder
ein verschwindender, sei er auch selbst nur ein Unterschied des Na¬
mens. -- Das ist das klarste Zugeständniß der Unmöglichkeit solchen
Abstrahirenö. Dieses ewige Sollen und doch nicht wirklich Können
-- es ist der fortlaufende Widerspruch des Systems. - Man wird
lneraus denn schon ermessen können, welche Bewandtnis; es mit der
Entwickelung solchen Anfangs zum weiteren Inhalt hat.
niliila nihil in! Das ist ein so alter Satz, daß ihm selbst die ur¬
alte crvütil) <- vit.it" Nichts anhaben darf; mit einem Wunder läßt
sich bekanntlich nicht rechten. Man darf aber nur die nächste Kate¬
gorie ein wenig sorgfältiger prüfen, um ihn von Neuem bewahrheitet
zu finden. Aus der Einheit von Sein und Nichts soll das Werden
resultiren. "Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe.
"Was die Wahrheit ist, ist weder das Sein, noch das Nichts, son¬
dern daß das Sein in Nichts und daS Nichts in Sein nicht über¬
sehe, sondern übergegangen ist. Aber eben so sehr ist die Wahrheit
"nicht ihre Ununterschiedenheit, sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie
"absolut unterschieden, aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind
"und unmittelbar jedes in seinem Gegentheil verschwindet. Ihre
"Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens
"des Einen in dem Andern, das Werden, eine Bewegung, worin
"beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich ebenso
"unmittelbar aufgelöst hat." ") Wir mochten es unsMicht versagen,
diese ganze Stelle herzusetzen: sie ist ein charakteristisches Beispiel der
dialektischen Methode. -- Es wird Etwas zu einem anderen Etwas:
etwa Wasser zu Eis, ein Samenkorn zu einem Baume. Das Was¬
ser ist als solches in einem fortwährenden Verschwinden begriffen, bis
es Eis geworden, -- zugleich ist aber damit unmittelbar das Ent¬
stehen des Eises verknüpft, das bis dahin nicht vorhanden gewesen.
Wenn dies die Weise alles Werdens ist, so ist doch ein solches nicht
ohne ein bestimmtes Ding, das da wird, gedenkbar. Entzieht man
dieses Substrat, so ist das Werden selbst vernichtet - denn es wird
Nichts. -- Das Werden ist also untrennbar von den werdenden
Dingen, man mag etwa sagen, die allgemeine Eigenschaft solcher.



") Siehe Hegel lox. I. S. 73, 74. 2te Aufl.

abstrahtrt werden, um zum logischen Sein zu gelangen ^ und den¬
noch wird noch ein Unterschied festgehalten, sei er auch selbst wieder
ein verschwindender, sei er auch selbst nur ein Unterschied des Na¬
mens. — Das ist das klarste Zugeständniß der Unmöglichkeit solchen
Abstrahirenö. Dieses ewige Sollen und doch nicht wirklich Können
— es ist der fortlaufende Widerspruch des Systems. - Man wird
lneraus denn schon ermessen können, welche Bewandtnis; es mit der
Entwickelung solchen Anfangs zum weiteren Inhalt hat.
niliila nihil in! Das ist ein so alter Satz, daß ihm selbst die ur¬
alte crvütil) <- vit.it» Nichts anhaben darf; mit einem Wunder läßt
sich bekanntlich nicht rechten. Man darf aber nur die nächste Kate¬
gorie ein wenig sorgfältiger prüfen, um ihn von Neuem bewahrheitet
zu finden. Aus der Einheit von Sein und Nichts soll das Werden
resultiren. „Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe.
„Was die Wahrheit ist, ist weder das Sein, noch das Nichts, son¬
dern daß das Sein in Nichts und daS Nichts in Sein nicht über¬
sehe, sondern übergegangen ist. Aber eben so sehr ist die Wahrheit
„nicht ihre Ununterschiedenheit, sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie
„absolut unterschieden, aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind
„und unmittelbar jedes in seinem Gegentheil verschwindet. Ihre
„Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens
„des Einen in dem Andern, das Werden, eine Bewegung, worin
„beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich ebenso
„unmittelbar aufgelöst hat." ») Wir mochten es unsMicht versagen,
diese ganze Stelle herzusetzen: sie ist ein charakteristisches Beispiel der
dialektischen Methode. — Es wird Etwas zu einem anderen Etwas:
etwa Wasser zu Eis, ein Samenkorn zu einem Baume. Das Was¬
ser ist als solches in einem fortwährenden Verschwinden begriffen, bis
es Eis geworden, — zugleich ist aber damit unmittelbar das Ent¬
stehen des Eises verknüpft, das bis dahin nicht vorhanden gewesen.
Wenn dies die Weise alles Werdens ist, so ist doch ein solches nicht
ohne ein bestimmtes Ding, das da wird, gedenkbar. Entzieht man
dieses Substrat, so ist das Werden selbst vernichtet - denn es wird
Nichts. — Das Werden ist also untrennbar von den werdenden
Dingen, man mag etwa sagen, die allgemeine Eigenschaft solcher.



") Siehe Hegel lox. I. S. 73, 74. 2te Aufl.
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[0119] abstrahtrt werden, um zum logischen Sein zu gelangen ^ und den¬ noch wird noch ein Unterschied festgehalten, sei er auch selbst wieder ein verschwindender, sei er auch selbst nur ein Unterschied des Na¬ mens. — Das ist das klarste Zugeständniß der Unmöglichkeit solchen Abstrahirenö. Dieses ewige Sollen und doch nicht wirklich Können — es ist der fortlaufende Widerspruch des Systems. - Man wird lneraus denn schon ermessen können, welche Bewandtnis; es mit der Entwickelung solchen Anfangs zum weiteren Inhalt hat. niliila nihil in! Das ist ein so alter Satz, daß ihm selbst die ur¬ alte crvütil) <- vit.it» Nichts anhaben darf; mit einem Wunder läßt sich bekanntlich nicht rechten. Man darf aber nur die nächste Kate¬ gorie ein wenig sorgfältiger prüfen, um ihn von Neuem bewahrheitet zu finden. Aus der Einheit von Sein und Nichts soll das Werden resultiren. „Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe. „Was die Wahrheit ist, ist weder das Sein, noch das Nichts, son¬ dern daß das Sein in Nichts und daS Nichts in Sein nicht über¬ sehe, sondern übergegangen ist. Aber eben so sehr ist die Wahrheit „nicht ihre Ununterschiedenheit, sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie „absolut unterschieden, aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind „und unmittelbar jedes in seinem Gegentheil verschwindet. Ihre „Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens „des Einen in dem Andern, das Werden, eine Bewegung, worin „beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich ebenso „unmittelbar aufgelöst hat." ») Wir mochten es unsMicht versagen, diese ganze Stelle herzusetzen: sie ist ein charakteristisches Beispiel der dialektischen Methode. — Es wird Etwas zu einem anderen Etwas: etwa Wasser zu Eis, ein Samenkorn zu einem Baume. Das Was¬ ser ist als solches in einem fortwährenden Verschwinden begriffen, bis es Eis geworden, — zugleich ist aber damit unmittelbar das Ent¬ stehen des Eises verknüpft, das bis dahin nicht vorhanden gewesen. Wenn dies die Weise alles Werdens ist, so ist doch ein solches nicht ohne ein bestimmtes Ding, das da wird, gedenkbar. Entzieht man dieses Substrat, so ist das Werden selbst vernichtet - denn es wird Nichts. — Das Werden ist also untrennbar von den werdenden Dingen, man mag etwa sagen, die allgemeine Eigenschaft solcher. ") Siehe Hegel lox. I. S. 73, 74. 2te Aufl.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/119>, abgerufen am 03.07.2024.