Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

weiß wohl, Herr Lieutenant, daß Sie selbst Nichts haben, aber ich
thue ja nur meine Schuldigkeit. -- Mit welchem rohen Jubel er nach
überstandener Strafe von seinen Strafgenossen empfangen wurde, läßt
sich denken, und daß ihm auch die Achtung von den übrigen Kame¬
raden, die bereits den Korporalsftock verkostet hatten, nicht vorent¬
halten wurde, ist gleichfalls zu errathen. Diese allgemeine Achtung
wurde noch gesteigert, als er wegen seiner satyrischen Anspielung auf
die Armuth des Lieutenants am dritten Tage nach dein früheren
Vorfalle die ihm vom Regimentsstabe auferlegten fünfzig Stockstreiche
mit einer beispiellosen Anmuth hinnahm. Er eilte mit Riesenschritten
stillem hohen Ziele entgegen. Schon im dritten Jahre wurde er
wegen Absentirung von seinem Wachposten mit achtmaligen Gassen¬
laufen abgestraft und systemmäßig von der Artillerie zur Infanterie
übersetzt, und da derselbe dort während des Standrechts eine Deser¬
tion versuchte, soll er, wie es verlautete, durch den Strang seinen
frühzeitigen Tod gefunden haben. Hat diesen Menschen die Prügel¬
strafe gebessert?




Krenzbot-n Isi". II.,54

weiß wohl, Herr Lieutenant, daß Sie selbst Nichts haben, aber ich
thue ja nur meine Schuldigkeit. — Mit welchem rohen Jubel er nach
überstandener Strafe von seinen Strafgenossen empfangen wurde, läßt
sich denken, und daß ihm auch die Achtung von den übrigen Kame¬
raden, die bereits den Korporalsftock verkostet hatten, nicht vorent¬
halten wurde, ist gleichfalls zu errathen. Diese allgemeine Achtung
wurde noch gesteigert, als er wegen seiner satyrischen Anspielung auf
die Armuth des Lieutenants am dritten Tage nach dein früheren
Vorfalle die ihm vom Regimentsstabe auferlegten fünfzig Stockstreiche
mit einer beispiellosen Anmuth hinnahm. Er eilte mit Riesenschritten
stillem hohen Ziele entgegen. Schon im dritten Jahre wurde er
wegen Absentirung von seinem Wachposten mit achtmaligen Gassen¬
laufen abgestraft und systemmäßig von der Artillerie zur Infanterie
übersetzt, und da derselbe dort während des Standrechts eine Deser¬
tion versuchte, soll er, wie es verlautete, durch den Strang seinen
frühzeitigen Tod gefunden haben. Hat diesen Menschen die Prügel¬
strafe gebessert?




Krenzbot-n Isi«. II.,54
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180672"/>
            <p xml:id="ID_244" prev="#ID_243"> weiß wohl, Herr Lieutenant, daß Sie selbst Nichts haben, aber ich<lb/>
thue ja nur meine Schuldigkeit. &#x2014; Mit welchem rohen Jubel er nach<lb/>
überstandener Strafe von seinen Strafgenossen empfangen wurde, läßt<lb/>
sich denken, und daß ihm auch die Achtung von den übrigen Kame¬<lb/>
raden, die bereits den Korporalsftock verkostet hatten, nicht vorent¬<lb/>
halten wurde, ist gleichfalls zu errathen. Diese allgemeine Achtung<lb/>
wurde noch gesteigert, als er wegen seiner satyrischen Anspielung auf<lb/>
die Armuth des Lieutenants am dritten Tage nach dein früheren<lb/>
Vorfalle die ihm vom Regimentsstabe auferlegten fünfzig Stockstreiche<lb/>
mit einer beispiellosen Anmuth hinnahm. Er eilte mit Riesenschritten<lb/>
stillem hohen Ziele entgegen. Schon im dritten Jahre wurde er<lb/>
wegen Absentirung von seinem Wachposten mit achtmaligen Gassen¬<lb/>
laufen abgestraft und systemmäßig von der Artillerie zur Infanterie<lb/>
übersetzt, und da derselbe dort während des Standrechts eine Deser¬<lb/>
tion versuchte, soll er, wie es verlautete, durch den Strang seinen<lb/>
frühzeitigen Tod gefunden haben. Hat diesen Menschen die Prügel¬<lb/>
strafe gebessert?</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Krenzbot-n Isi«. II.,54</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0113] weiß wohl, Herr Lieutenant, daß Sie selbst Nichts haben, aber ich thue ja nur meine Schuldigkeit. — Mit welchem rohen Jubel er nach überstandener Strafe von seinen Strafgenossen empfangen wurde, läßt sich denken, und daß ihm auch die Achtung von den übrigen Kame¬ raden, die bereits den Korporalsftock verkostet hatten, nicht vorent¬ halten wurde, ist gleichfalls zu errathen. Diese allgemeine Achtung wurde noch gesteigert, als er wegen seiner satyrischen Anspielung auf die Armuth des Lieutenants am dritten Tage nach dein früheren Vorfalle die ihm vom Regimentsstabe auferlegten fünfzig Stockstreiche mit einer beispiellosen Anmuth hinnahm. Er eilte mit Riesenschritten stillem hohen Ziele entgegen. Schon im dritten Jahre wurde er wegen Absentirung von seinem Wachposten mit achtmaligen Gassen¬ laufen abgestraft und systemmäßig von der Artillerie zur Infanterie übersetzt, und da derselbe dort während des Standrechts eine Deser¬ tion versuchte, soll er, wie es verlautete, durch den Strang seinen frühzeitigen Tod gefunden haben. Hat diesen Menschen die Prügel¬ strafe gebessert? Krenzbot-n Isi«. II.,54

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/113
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/113>, abgerufen am 23.07.2024.