Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.melde, so bekommt Ihr Jeder vierzig Streiche; allein ich will es melde, so bekommt Ihr Jeder vierzig Streiche; allein ich will es <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0112" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180671"/> <p xml:id="ID_243" prev="#ID_242" next="#ID_244"> melde, so bekommt Ihr Jeder vierzig Streiche; allein ich will es<lb/> dieses Mal bei einer Compagniestrafe bewenden lassen aus Rücksicht<lb/> für den jungen Mann, den Ihr verführt habt; und indem er sich an<lb/> diesen wendete, sagte er: Er fängt seine Laufbahn äußerst schlecht<lb/> an, ich will dieses Mal aus Seine, Jugend und auf Seine Un-<lb/> erfahrenheit Rücksicht nehmen, sonst würde ich Ihn ebenso wie Seine<lb/> sauberen Kameraden heute schon strecken lassen. — Dieser erinnerte sich<lb/> der väterlichen Worte, welche an ihn in der Wachstube gerichtet wor¬<lb/> den waren, er erinnerte sich ferner seiner Zusage, daß er seinen Ka<<lb/> meraden keine Schande machen wolle, und brannte daher vor Be¬<lb/> gierde, diesen schönen Beweis seiner erhabenen Gesinnung an den<lb/> Tag zu legen. Er erwiederte daher dem Hauptmann: Euer Gnaden,<lb/> Herr Hauptmann, ich bitte unterthänigst, mit mir keine Ausnahme<lb/> zu machen; es wäre eine Schande für mich, wenn ich beim gleichen<lb/> Vergehen mit meinen Kameraden einer Nachsicht theilhaftig würde,<lb/> ich will jede Strafe mit ihnen theilen. Der edeldenkende Hauptmann<lb/> war keineswegs ein Mann, der nicht den scheinbar edelmüthigen An¬<lb/> trag zu würdigen gewußt hätte, wenn derselbe aus einer edleren<lb/> Quelle entsprungen wäre. Uebrigens lag schon in dem übermüthigen<lb/> Antrag ein spöttischer Trotz, der mit dem militärischen Geiste unver¬<lb/> träglich ist und daher mit Recht geahndet werden mußte. Er wurde<lb/> mit den übrigen vier Kanonieren mit fünfundzwanzig Stockstreichen<lb/> und zwar zuletzt abgestraft. Seine Vorgänger hatten ihre Strafe mit<lb/> verdientem Beifall, wie sich von solchen routinirten Leuten erwarten<lb/> ließ, überstanden: allein er selbst ercellirte. — Als ihn die Tour zum<lb/> Niederlegen traf, stellte sich derselbe zur Bank und sagte in einem<lb/> trotzigen, nicht bittenden Tone zum Offizier: Herr Lieutenant, schen¬<lb/> ken Sie mir was von meiner Strafe, — und ohne seine Antwort<lb/> abzuwarten, legte er sich hurtig nieder, und fünf Streiche waren be¬<lb/> reits gefallen, wo derselbe nach einem jeden zur Belustigung der Zu¬<lb/> schauer spöttisch lächelte. Da befahl der Offizier, er solle aufstehen,<lb/> in ein nahes Zimmer geführt und dort untersucht werden, ob sein<lb/> Beinkleid nicht etwa ausgestopft wäre. Man sand Nichts! Die Ko¬<lb/> mödie wurde auf gleiche Art fortgesetzt. Erst nach dem zwölften oder<lb/> dreizehnten Streiche wiederholte er lächelnd seine frühere Bitte: Herr<lb/> Lieutenant, schenken Sie mir was! Der Lieutenant antwortete: Er weiß<lb/> ja, daß ich Ihm Nichts schenken kann. Da entgegnete er ihm: Ich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0112]
melde, so bekommt Ihr Jeder vierzig Streiche; allein ich will es
dieses Mal bei einer Compagniestrafe bewenden lassen aus Rücksicht
für den jungen Mann, den Ihr verführt habt; und indem er sich an
diesen wendete, sagte er: Er fängt seine Laufbahn äußerst schlecht
an, ich will dieses Mal aus Seine, Jugend und auf Seine Un-
erfahrenheit Rücksicht nehmen, sonst würde ich Ihn ebenso wie Seine
sauberen Kameraden heute schon strecken lassen. — Dieser erinnerte sich
der väterlichen Worte, welche an ihn in der Wachstube gerichtet wor¬
den waren, er erinnerte sich ferner seiner Zusage, daß er seinen Ka<
meraden keine Schande machen wolle, und brannte daher vor Be¬
gierde, diesen schönen Beweis seiner erhabenen Gesinnung an den
Tag zu legen. Er erwiederte daher dem Hauptmann: Euer Gnaden,
Herr Hauptmann, ich bitte unterthänigst, mit mir keine Ausnahme
zu machen; es wäre eine Schande für mich, wenn ich beim gleichen
Vergehen mit meinen Kameraden einer Nachsicht theilhaftig würde,
ich will jede Strafe mit ihnen theilen. Der edeldenkende Hauptmann
war keineswegs ein Mann, der nicht den scheinbar edelmüthigen An¬
trag zu würdigen gewußt hätte, wenn derselbe aus einer edleren
Quelle entsprungen wäre. Uebrigens lag schon in dem übermüthigen
Antrag ein spöttischer Trotz, der mit dem militärischen Geiste unver¬
träglich ist und daher mit Recht geahndet werden mußte. Er wurde
mit den übrigen vier Kanonieren mit fünfundzwanzig Stockstreichen
und zwar zuletzt abgestraft. Seine Vorgänger hatten ihre Strafe mit
verdientem Beifall, wie sich von solchen routinirten Leuten erwarten
ließ, überstanden: allein er selbst ercellirte. — Als ihn die Tour zum
Niederlegen traf, stellte sich derselbe zur Bank und sagte in einem
trotzigen, nicht bittenden Tone zum Offizier: Herr Lieutenant, schen¬
ken Sie mir was von meiner Strafe, — und ohne seine Antwort
abzuwarten, legte er sich hurtig nieder, und fünf Streiche waren be¬
reits gefallen, wo derselbe nach einem jeden zur Belustigung der Zu¬
schauer spöttisch lächelte. Da befahl der Offizier, er solle aufstehen,
in ein nahes Zimmer geführt und dort untersucht werden, ob sein
Beinkleid nicht etwa ausgestopft wäre. Man sand Nichts! Die Ko¬
mödie wurde auf gleiche Art fortgesetzt. Erst nach dem zwölften oder
dreizehnten Streiche wiederholte er lächelnd seine frühere Bitte: Herr
Lieutenant, schenken Sie mir was! Der Lieutenant antwortete: Er weiß
ja, daß ich Ihm Nichts schenken kann. Da entgegnete er ihm: Ich
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