Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.belehrend. -- Ein junger Mann, der im Civil sich mit der Musik Jetzt, Brüderchen, sagte der Eine der lustigen Brüder zu dem belehrend. — Ein junger Mann, der im Civil sich mit der Musik Jetzt, Brüderchen, sagte der Eine der lustigen Brüder zu dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180670"/> <p xml:id="ID_241" prev="#ID_240"> belehrend. — Ein junger Mann, der im Civil sich mit der Musik<lb/> ernährt, und daher «-o ipso von der leichten Sorte war, schloß sich<lb/> gleich nach seiner Assentirung an einige Kameraden an, die keine<lb/> Furcht vor Strafe erschreckte, sobald es sich darum handelte, die<lb/> bezeichnete Grenze der militärischen Freiheit zu überschreiten, um ih¬<lb/> ren noblen Trieben nach Unterhaltung und feineren Vergnügungen<lb/> zu stöhnen, — kurzum, es waren wahre Freiheitsmänner. Diesen<lb/> lustigen Brüdern schloß sich der vorerwähnte Rekrut an, mit welchen<lb/> derselbe in den ersten Wochen seiner Dienstzeit wegen Ausbleiben<lb/> über den Zapfenstreich arretirt wurde. Damals galt ein scharfer<lb/> Befehl hinsichtlich dieses Vergehens; denn jeder Schuldige wurde ohne<lb/> Rücksicht auf Conduite mit vierzig Stockstreichen bestraft. Ich befand<lb/> mich gerade auf der Wache, als diese fünf Mann arretirt wurden,<lb/> und erinnere mich lebhaft ihres Gespräches.</p><lb/> <p xml:id="ID_242" next="#ID_243"> Jetzt, Brüderchen, sagte der Eine der lustigen Brüder zu dem<lb/> neuen Compagnon, jetzt gilt es Deine Jungfrauschaft. Wenn Du<lb/> ein Kerl bist, so wirst Du uns keine Schande machen und Dich<lb/> auf der Bank nicht wie ein Matt geberden. — Es handelt sich nur<lb/> um fünf oder sechs Streiche, sind diese einmal oben und das Fleisch<lb/> erwärmt, dann spürt und fühlt man ohnehin Nichts mehr, und man<lb/> kann auf sich hernach losdreschen lassen, daß es eine Freude ist, und<lb/> der beste Hauer muß zu Schanden werden. Vergiß jedoch nicht, ei¬<lb/> nen Knäuel Tabak in den Mund zu stecken, und so oft als der Kor¬<lb/> poral den Stock fallen läßt, beiße herzhaft drein und hüte Dich,<lb/> einen Schrei auszustoßen. — Du mußt jedoch, fuhr er fort, nicht<lb/> vergessen, den Offizier, der die Eremtion führen wird, um Nachsicht<lb/> zu bitten, sonst könnte Dir diese Unterlassung als Halsstarrigkeit aus¬<lb/> gelegt und Du wegen dieser aufs Neue bestraft werden. Der Neu¬<lb/> unterrichtete erwiederte diese wohlmeinende Zusprache mit einem iro¬<lb/> nischen Lächeln und zeigte oder affectirte eine Ruhe, die Alle in Ver¬<lb/> wunderung setzte. Glaubt Ihr denn, sagte er, daß ich Euch Schande<lb/> machen werde? Ich will Euch zeigen, daß Ihr alle stolz auf mich<lb/> sein könnt. — Die Arretirtcn mußten beim Compagnierapport er¬<lb/> scheinen; der betreffende Hauptmann war ein humaner Mann, und<lb/> wo derselbe die Strenge der höheren Befehle unten konnte, so that<lb/> er es gewiß. Er sagte daher den vier bekannten Freiheitsmännern:<lb/> Ihr seid vier incurable Lumpe, und wenn ich Euch höheren Orts</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
belehrend. — Ein junger Mann, der im Civil sich mit der Musik
ernährt, und daher «-o ipso von der leichten Sorte war, schloß sich
gleich nach seiner Assentirung an einige Kameraden an, die keine
Furcht vor Strafe erschreckte, sobald es sich darum handelte, die
bezeichnete Grenze der militärischen Freiheit zu überschreiten, um ih¬
ren noblen Trieben nach Unterhaltung und feineren Vergnügungen
zu stöhnen, — kurzum, es waren wahre Freiheitsmänner. Diesen
lustigen Brüdern schloß sich der vorerwähnte Rekrut an, mit welchen
derselbe in den ersten Wochen seiner Dienstzeit wegen Ausbleiben
über den Zapfenstreich arretirt wurde. Damals galt ein scharfer
Befehl hinsichtlich dieses Vergehens; denn jeder Schuldige wurde ohne
Rücksicht auf Conduite mit vierzig Stockstreichen bestraft. Ich befand
mich gerade auf der Wache, als diese fünf Mann arretirt wurden,
und erinnere mich lebhaft ihres Gespräches.
Jetzt, Brüderchen, sagte der Eine der lustigen Brüder zu dem
neuen Compagnon, jetzt gilt es Deine Jungfrauschaft. Wenn Du
ein Kerl bist, so wirst Du uns keine Schande machen und Dich
auf der Bank nicht wie ein Matt geberden. — Es handelt sich nur
um fünf oder sechs Streiche, sind diese einmal oben und das Fleisch
erwärmt, dann spürt und fühlt man ohnehin Nichts mehr, und man
kann auf sich hernach losdreschen lassen, daß es eine Freude ist, und
der beste Hauer muß zu Schanden werden. Vergiß jedoch nicht, ei¬
nen Knäuel Tabak in den Mund zu stecken, und so oft als der Kor¬
poral den Stock fallen läßt, beiße herzhaft drein und hüte Dich,
einen Schrei auszustoßen. — Du mußt jedoch, fuhr er fort, nicht
vergessen, den Offizier, der die Eremtion führen wird, um Nachsicht
zu bitten, sonst könnte Dir diese Unterlassung als Halsstarrigkeit aus¬
gelegt und Du wegen dieser aufs Neue bestraft werden. Der Neu¬
unterrichtete erwiederte diese wohlmeinende Zusprache mit einem iro¬
nischen Lächeln und zeigte oder affectirte eine Ruhe, die Alle in Ver¬
wunderung setzte. Glaubt Ihr denn, sagte er, daß ich Euch Schande
machen werde? Ich will Euch zeigen, daß Ihr alle stolz auf mich
sein könnt. — Die Arretirtcn mußten beim Compagnierapport er¬
scheinen; der betreffende Hauptmann war ein humaner Mann, und
wo derselbe die Strenge der höheren Befehle unten konnte, so that
er es gewiß. Er sagte daher den vier bekannten Freiheitsmännern:
Ihr seid vier incurable Lumpe, und wenn ich Euch höheren Orts
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