Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.Episteln von Franz G r,' l l p a r z e r. Weil mich Geselligkeit mit Vielen nicht vereint, I. Ihr wollt denn wirklich deutsche Poesie, Die es auch sei, nicht blos nur so sich nenne? Gerecht're Wünsche hörte man wohl nie. Doch deutsche Art macht erst, daß ich sie kenne. Ich weiß Euch ruhig, fest, von schlichtem Sinn, Zum Handeln minder rührig als zum Denken, Doch seh' ich auf des Tags Gestalten hin, Muß ich zum Widerspiel die Meinung lenken. Da lärmt's und prahlt und tobt und schreit und droht, Vernichtet jede Stunde zehn Tyrannen, ' Will Freiheit, galt es hundertfachen Tod Und führt doch Krieg nur mit den vollen Kannen. Ihr rühmt der Väter Biedersinn und Art. ' Historisch, nur historisch, rufts histerisch, Im Glauben ruht das Heil der Gegenwart! Und Strauß macht Euch mit seinen Mythen närrisch. Freund Hegel gibt Euch einen neuen Gott,' Und Schelling stutzt Euch zu aufs neu den alten. Die Welt aus Nichts, war schon ein hart Gebot, ^ Doch Nichts, -- das eine Welt -- will gar nicht halten. Grenzboten 184". l. in"
Episteln von Franz G r,' l l p a r z e r. Weil mich Geselligkeit mit Vielen nicht vereint, I. Ihr wollt denn wirklich deutsche Poesie, Die es auch sei, nicht blos nur so sich nenne? Gerecht're Wünsche hörte man wohl nie. Doch deutsche Art macht erst, daß ich sie kenne. Ich weiß Euch ruhig, fest, von schlichtem Sinn, Zum Handeln minder rührig als zum Denken, Doch seh' ich auf des Tags Gestalten hin, Muß ich zum Widerspiel die Meinung lenken. Da lärmt's und prahlt und tobt und schreit und droht, Vernichtet jede Stunde zehn Tyrannen, ' Will Freiheit, galt es hundertfachen Tod Und führt doch Krieg nur mit den vollen Kannen. Ihr rühmt der Väter Biedersinn und Art. ' Historisch, nur historisch, rufts histerisch, Im Glauben ruht das Heil der Gegenwart! Und Strauß macht Euch mit seinen Mythen närrisch. Freund Hegel gibt Euch einen neuen Gott,' Und Schelling stutzt Euch zu aufs neu den alten. Die Welt aus Nichts, war schon ein hart Gebot, ^ Doch Nichts, — das eine Welt — will gar nicht halten. Grenzboten 184«. l. in»
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Episteln
von Franz G r,' l l p a r z e r.
Weil mich Geselligkeit mit Vielen nicht vereint,
Hält man mich hie und da für einen Menschenfeind.
Euch flieht nur mein Verstand, mein Herz ist Euch
geblieben,
Und ich entferne mich, um fürder Euch zu lieben.
I.
Ihr wollt denn wirklich deutsche Poesie,
Die es auch sei, nicht blos nur so sich nenne?
Gerecht're Wünsche hörte man wohl nie.
Doch deutsche Art macht erst, daß ich sie kenne. Ich weiß Euch ruhig, fest, von schlichtem Sinn,
Zum Handeln minder rührig als zum Denken,
Doch seh' ich auf des Tags Gestalten hin,
Muß ich zum Widerspiel die Meinung lenken. Da lärmt's und prahlt und tobt und schreit und droht,
Vernichtet jede Stunde zehn Tyrannen,
'
Will Freiheit, galt es hundertfachen Tod
Und führt doch Krieg nur mit den vollen Kannen.
Ihr rühmt der Väter Biedersinn und Art.
'
Historisch, nur historisch, rufts histerisch,
Im Glauben ruht das Heil der Gegenwart!
Und Strauß macht Euch mit seinen Mythen närrisch.
Freund Hegel gibt Euch einen neuen Gott,'
Und Schelling stutzt Euch zu aufs neu den alten.
Die Welt aus Nichts, war schon ein hart Gebot, ^
Doch Nichts, — das eine Welt — will gar nicht halten.
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