Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Erfolges zweihundert bis vierhundert Pfund ein. Drurylane bewil¬
ligte dreiunddreißig Pfund, sechs Shilling, acht Pence für jede Dar¬
stellung bis zur neunten und einen Nachschuß von hundert Pfund
bei der zwanzigsten. In den sechs der Untersuchung vorhergegange¬
nen Jahren hatten die beiden großen Theater jedes fünfzehnhundert
Pfund an Autorenantheil ausgegeben. Die Theater zweiten Ranges
hatten andere Tarife. DaS Citytheater gab zehn Pfund für das Stück,
das Coburgtheater zwanzig bis fünfundzwanzig Pfund, niemals dar¬
über; mitunter gab man den Verfassern eine Guinee oder eine halbe
Guinee für die Vorstellung, aber keine Benefizvorstellung. Die Pos¬
sen brachten gewöhnlich fünfzig Pfund in drei Vorstellungen. Nach
mehreren Aussagen hatte kein Autor in einem Jahre mehr als fünf
tausend Pfund bezogen. Indeß beklagten sich die Schriftsteller weni¬
ger über die Mäßigkeit deö Tarifs, als über die Schwierigkeit, ihre
Stücke zur Aufführung zu bringen. Coventgarden und Drurylane,
die früher regelmäßig in jeder season zwei oder drei Komödien und
eine große Anzahl legitimer Possen darstellten, gaben fast keine Neuig¬
keiten mehr. Man gab alljährlich beim Director von Haymarket
hundert bis hundert und fünfzig Stücke ein, und er spielte um fünf
oder sechs. In Summa also, abgesehen von . den Mißbräuchen, welche
die Bill von I8Z3 abzustellen versucht hat, scheint das Theater we¬
nig ergiebig für die Schriftsteller, die Bill hat nothwendigerweise ihre
Lage verbessert, indem sie den Spoliationen ein Ziel setzte: wir zwei¬
feln indessen, ob sie zu ihrem Vortheile Hilfsquellen geschaffen hat,
welche der sehr precäre Zustand der dramatischen Schriftsteller hätte
erwarten lassen.

Die Untersuchung von 1832 ergab außerdem noch bemerkens-
werthe Data über die Schauspieler. London besitzt keine dramatische
Schule, kein Institut, ähnlich dem Pariser Conservatorium und sei¬
nen Klassen für Declamation und Musik. So bilden sich daselbst
auch keine Darsteller für das classische Repertoire, Shakspeare, Ot-
way u. s. w. Die Provinzialtheater dienen als Pflanzschule für die
Hauptstadt, York, Bath, Dublin und Liverpool haben den Ruf, die
besten Schauspieler zu bilden. Kean ist auf den Prövinzialtheatern
erzogen.

Die Stellung der Schauspieler ist im Allgemeinen unsicher, schwie¬
rig und gar wenig beneidenswerth; weit entfernt davon, sich zu ver-


98 "

Erfolges zweihundert bis vierhundert Pfund ein. Drurylane bewil¬
ligte dreiunddreißig Pfund, sechs Shilling, acht Pence für jede Dar¬
stellung bis zur neunten und einen Nachschuß von hundert Pfund
bei der zwanzigsten. In den sechs der Untersuchung vorhergegange¬
nen Jahren hatten die beiden großen Theater jedes fünfzehnhundert
Pfund an Autorenantheil ausgegeben. Die Theater zweiten Ranges
hatten andere Tarife. DaS Citytheater gab zehn Pfund für das Stück,
das Coburgtheater zwanzig bis fünfundzwanzig Pfund, niemals dar¬
über; mitunter gab man den Verfassern eine Guinee oder eine halbe
Guinee für die Vorstellung, aber keine Benefizvorstellung. Die Pos¬
sen brachten gewöhnlich fünfzig Pfund in drei Vorstellungen. Nach
mehreren Aussagen hatte kein Autor in einem Jahre mehr als fünf
tausend Pfund bezogen. Indeß beklagten sich die Schriftsteller weni¬
ger über die Mäßigkeit deö Tarifs, als über die Schwierigkeit, ihre
Stücke zur Aufführung zu bringen. Coventgarden und Drurylane,
die früher regelmäßig in jeder season zwei oder drei Komödien und
eine große Anzahl legitimer Possen darstellten, gaben fast keine Neuig¬
keiten mehr. Man gab alljährlich beim Director von Haymarket
hundert bis hundert und fünfzig Stücke ein, und er spielte um fünf
oder sechs. In Summa also, abgesehen von . den Mißbräuchen, welche
die Bill von I8Z3 abzustellen versucht hat, scheint das Theater we¬
nig ergiebig für die Schriftsteller, die Bill hat nothwendigerweise ihre
Lage verbessert, indem sie den Spoliationen ein Ziel setzte: wir zwei¬
feln indessen, ob sie zu ihrem Vortheile Hilfsquellen geschaffen hat,
welche der sehr precäre Zustand der dramatischen Schriftsteller hätte
erwarten lassen.

Die Untersuchung von 1832 ergab außerdem noch bemerkens-
werthe Data über die Schauspieler. London besitzt keine dramatische
Schule, kein Institut, ähnlich dem Pariser Conservatorium und sei¬
nen Klassen für Declamation und Musik. So bilden sich daselbst
auch keine Darsteller für das classische Repertoire, Shakspeare, Ot-
way u. s. w. Die Provinzialtheater dienen als Pflanzschule für die
Hauptstadt, York, Bath, Dublin und Liverpool haben den Ruf, die
besten Schauspieler zu bilden. Kean ist auf den Prövinzialtheatern
erzogen.

Die Stellung der Schauspieler ist im Allgemeinen unsicher, schwie¬
rig und gar wenig beneidenswerth; weit entfernt davon, sich zu ver-


98 »
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0767" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180480"/>
            <p xml:id="ID_1985" prev="#ID_1984"> Erfolges zweihundert bis vierhundert Pfund ein. Drurylane bewil¬<lb/>
ligte dreiunddreißig Pfund, sechs Shilling, acht Pence für jede Dar¬<lb/>
stellung bis zur neunten und einen Nachschuß von hundert Pfund<lb/>
bei der zwanzigsten. In den sechs der Untersuchung vorhergegange¬<lb/>
nen Jahren hatten die beiden großen Theater jedes fünfzehnhundert<lb/>
Pfund an Autorenantheil ausgegeben. Die Theater zweiten Ranges<lb/>
hatten andere Tarife. DaS Citytheater gab zehn Pfund für das Stück,<lb/>
das Coburgtheater zwanzig bis fünfundzwanzig Pfund, niemals dar¬<lb/>
über; mitunter gab man den Verfassern eine Guinee oder eine halbe<lb/>
Guinee für die Vorstellung, aber keine Benefizvorstellung. Die Pos¬<lb/>
sen brachten gewöhnlich fünfzig Pfund in drei Vorstellungen. Nach<lb/>
mehreren Aussagen hatte kein Autor in einem Jahre mehr als fünf<lb/>
tausend Pfund bezogen. Indeß beklagten sich die Schriftsteller weni¬<lb/>
ger über die Mäßigkeit deö Tarifs, als über die Schwierigkeit, ihre<lb/>
Stücke zur Aufführung zu bringen. Coventgarden und Drurylane,<lb/>
die früher regelmäßig in jeder season zwei oder drei Komödien und<lb/>
eine große Anzahl legitimer Possen darstellten, gaben fast keine Neuig¬<lb/>
keiten mehr. Man gab alljährlich beim Director von Haymarket<lb/>
hundert bis hundert und fünfzig Stücke ein, und er spielte um fünf<lb/>
oder sechs. In Summa also, abgesehen von . den Mißbräuchen, welche<lb/>
die Bill von I8Z3 abzustellen versucht hat, scheint das Theater we¬<lb/>
nig ergiebig für die Schriftsteller, die Bill hat nothwendigerweise ihre<lb/>
Lage verbessert, indem sie den Spoliationen ein Ziel setzte: wir zwei¬<lb/>
feln indessen, ob sie zu ihrem Vortheile Hilfsquellen geschaffen hat,<lb/>
welche der sehr precäre Zustand der dramatischen Schriftsteller hätte<lb/>
erwarten lassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1986"> Die Untersuchung von 1832 ergab außerdem noch bemerkens-<lb/>
werthe Data über die Schauspieler. London besitzt keine dramatische<lb/>
Schule, kein Institut, ähnlich dem Pariser Conservatorium und sei¬<lb/>
nen Klassen für Declamation und Musik. So bilden sich daselbst<lb/>
auch keine Darsteller für das classische Repertoire, Shakspeare, Ot-<lb/>
way u. s. w. Die Provinzialtheater dienen als Pflanzschule für die<lb/>
Hauptstadt, York, Bath, Dublin und Liverpool haben den Ruf, die<lb/>
besten Schauspieler zu bilden. Kean ist auf den Prövinzialtheatern<lb/>
erzogen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1987" next="#ID_1988"> Die Stellung der Schauspieler ist im Allgemeinen unsicher, schwie¬<lb/>
rig und gar wenig beneidenswerth; weit entfernt davon, sich zu ver-</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig"> 98 »</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0767] Erfolges zweihundert bis vierhundert Pfund ein. Drurylane bewil¬ ligte dreiunddreißig Pfund, sechs Shilling, acht Pence für jede Dar¬ stellung bis zur neunten und einen Nachschuß von hundert Pfund bei der zwanzigsten. In den sechs der Untersuchung vorhergegange¬ nen Jahren hatten die beiden großen Theater jedes fünfzehnhundert Pfund an Autorenantheil ausgegeben. Die Theater zweiten Ranges hatten andere Tarife. DaS Citytheater gab zehn Pfund für das Stück, das Coburgtheater zwanzig bis fünfundzwanzig Pfund, niemals dar¬ über; mitunter gab man den Verfassern eine Guinee oder eine halbe Guinee für die Vorstellung, aber keine Benefizvorstellung. Die Pos¬ sen brachten gewöhnlich fünfzig Pfund in drei Vorstellungen. Nach mehreren Aussagen hatte kein Autor in einem Jahre mehr als fünf tausend Pfund bezogen. Indeß beklagten sich die Schriftsteller weni¬ ger über die Mäßigkeit deö Tarifs, als über die Schwierigkeit, ihre Stücke zur Aufführung zu bringen. Coventgarden und Drurylane, die früher regelmäßig in jeder season zwei oder drei Komödien und eine große Anzahl legitimer Possen darstellten, gaben fast keine Neuig¬ keiten mehr. Man gab alljährlich beim Director von Haymarket hundert bis hundert und fünfzig Stücke ein, und er spielte um fünf oder sechs. In Summa also, abgesehen von . den Mißbräuchen, welche die Bill von I8Z3 abzustellen versucht hat, scheint das Theater we¬ nig ergiebig für die Schriftsteller, die Bill hat nothwendigerweise ihre Lage verbessert, indem sie den Spoliationen ein Ziel setzte: wir zwei¬ feln indessen, ob sie zu ihrem Vortheile Hilfsquellen geschaffen hat, welche der sehr precäre Zustand der dramatischen Schriftsteller hätte erwarten lassen. Die Untersuchung von 1832 ergab außerdem noch bemerkens- werthe Data über die Schauspieler. London besitzt keine dramatische Schule, kein Institut, ähnlich dem Pariser Conservatorium und sei¬ nen Klassen für Declamation und Musik. So bilden sich daselbst auch keine Darsteller für das classische Repertoire, Shakspeare, Ot- way u. s. w. Die Provinzialtheater dienen als Pflanzschule für die Hauptstadt, York, Bath, Dublin und Liverpool haben den Ruf, die besten Schauspieler zu bilden. Kean ist auf den Prövinzialtheatern erzogen. Die Stellung der Schauspieler ist im Allgemeinen unsicher, schwie¬ rig und gar wenig beneidenswerth; weit entfernt davon, sich zu ver- 98 »

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/767
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/767>, abgerufen am 01.07.2024.