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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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im müssen die Theater auch noch außerdem von dem Kanzler oder
Vicekanzler der Universität autorisire sein, welcher gleichfalls bei vor¬
kommenden Unordnungen die Erlaubniß zurücknehmen kann. Jeder
Schauspieler, welcher auf einem nicht autorisirten Theater spielt, setzt sich
einer Straft aus, deren Mannum zehn Pfund Sterling sür die
Vorstellung ist; das Gesetz ist anwendbar auf jede Vorstellung, für
welche die Zuschauer eine Summe Geldes, eine directe oder indirecte
Vergütung geben, oder irgend etwas kaufen müssen, sie erstreckt sich
auch auf Schenken, Kaffeehäuser u. s. w., welche Komödie spielen lassen;
es ist auf'ö Formellste bestimmt, daß im Falle einer gerichtlichen Ver¬
folgung das angeklagte Theater den Besitz der Autorisation zu bewei¬
sen hat und als nicht autorisire zu betrachten ist, sobald es seine
Licenz nicht beibringen kann. Ausgenommen von diesen Vorschriften
sind die Vorstellungen, welche von den Localbehörden bei Jahrmärk¬
te!?, Festen und sonstigen gebräuchlichen derartigen Versammlungen
gestattet werden. Die von den Friedensrichtern ergriffenen Maßregeln
können Anlaß geben zu einem Recurs an die nächste Vierteljahrs¬
sitzung. Das sind die angenommenen Verordnungen. Der Entwurf
schlug noch vor, den Theatern, welche das ausschließliche Privilegium
hatten, Shakspeare'sche Stücke zu geben, dieses Recht vorzuenthalten
und dem Lordkämmerer die Ertheilung desselben an andere Theater
zu verweigern. Dieser Vorschlag wurde nicht angenommen. Das
Parlament erklärte, es müsse jedem Theater frei stehen, die Meister¬
stücke des Nationaldichters dem Beifall des Publicums darzubieten:
es ist dies eine dem Genie dargebrachte legitime Huldigung und eine sehr
unschuldige Befriedigung englischen Stolzes, denn es ist genügend be¬
kannt und festgestellt, daß die Tragödien Shakspeare's selten gege¬
ben werden und nur ein kleines Publicum anlocken.

Bis zu der Bill von 1840 beschränkten die den Unternehmun¬
gen ertheilten Privilegien dieselben aufein bestimmtes Genre von Wer¬
ken. Die großen Theater waren blos befugt, Tragödie, Komödie und
jede Art von Stücken zu spielen, welche unter der Kategorie
des legitimen Dramas begriffen werden. Die Theater zweiten
Ranges (minor ttinureZ) waren auf komische Oper oder das Vau-
deville (durlotws) und Ballete beschränkt; aber diese verschiedenen
Genres verschmolzen in einander und wurden nicht streng geschieden,
entweder weil die Reglements unzureichend waren, oder eine genaue


im müssen die Theater auch noch außerdem von dem Kanzler oder
Vicekanzler der Universität autorisire sein, welcher gleichfalls bei vor¬
kommenden Unordnungen die Erlaubniß zurücknehmen kann. Jeder
Schauspieler, welcher auf einem nicht autorisirten Theater spielt, setzt sich
einer Straft aus, deren Mannum zehn Pfund Sterling sür die
Vorstellung ist; das Gesetz ist anwendbar auf jede Vorstellung, für
welche die Zuschauer eine Summe Geldes, eine directe oder indirecte
Vergütung geben, oder irgend etwas kaufen müssen, sie erstreckt sich
auch auf Schenken, Kaffeehäuser u. s. w., welche Komödie spielen lassen;
es ist auf'ö Formellste bestimmt, daß im Falle einer gerichtlichen Ver¬
folgung das angeklagte Theater den Besitz der Autorisation zu bewei¬
sen hat und als nicht autorisire zu betrachten ist, sobald es seine
Licenz nicht beibringen kann. Ausgenommen von diesen Vorschriften
sind die Vorstellungen, welche von den Localbehörden bei Jahrmärk¬
te!?, Festen und sonstigen gebräuchlichen derartigen Versammlungen
gestattet werden. Die von den Friedensrichtern ergriffenen Maßregeln
können Anlaß geben zu einem Recurs an die nächste Vierteljahrs¬
sitzung. Das sind die angenommenen Verordnungen. Der Entwurf
schlug noch vor, den Theatern, welche das ausschließliche Privilegium
hatten, Shakspeare'sche Stücke zu geben, dieses Recht vorzuenthalten
und dem Lordkämmerer die Ertheilung desselben an andere Theater
zu verweigern. Dieser Vorschlag wurde nicht angenommen. Das
Parlament erklärte, es müsse jedem Theater frei stehen, die Meister¬
stücke des Nationaldichters dem Beifall des Publicums darzubieten:
es ist dies eine dem Genie dargebrachte legitime Huldigung und eine sehr
unschuldige Befriedigung englischen Stolzes, denn es ist genügend be¬
kannt und festgestellt, daß die Tragödien Shakspeare's selten gege¬
ben werden und nur ein kleines Publicum anlocken.

Bis zu der Bill von 1840 beschränkten die den Unternehmun¬
gen ertheilten Privilegien dieselben aufein bestimmtes Genre von Wer¬
ken. Die großen Theater waren blos befugt, Tragödie, Komödie und
jede Art von Stücken zu spielen, welche unter der Kategorie
des legitimen Dramas begriffen werden. Die Theater zweiten
Ranges (minor ttinureZ) waren auf komische Oper oder das Vau-
deville (durlotws) und Ballete beschränkt; aber diese verschiedenen
Genres verschmolzen in einander und wurden nicht streng geschieden,
entweder weil die Reglements unzureichend waren, oder eine genaue


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[0758] im müssen die Theater auch noch außerdem von dem Kanzler oder Vicekanzler der Universität autorisire sein, welcher gleichfalls bei vor¬ kommenden Unordnungen die Erlaubniß zurücknehmen kann. Jeder Schauspieler, welcher auf einem nicht autorisirten Theater spielt, setzt sich einer Straft aus, deren Mannum zehn Pfund Sterling sür die Vorstellung ist; das Gesetz ist anwendbar auf jede Vorstellung, für welche die Zuschauer eine Summe Geldes, eine directe oder indirecte Vergütung geben, oder irgend etwas kaufen müssen, sie erstreckt sich auch auf Schenken, Kaffeehäuser u. s. w., welche Komödie spielen lassen; es ist auf'ö Formellste bestimmt, daß im Falle einer gerichtlichen Ver¬ folgung das angeklagte Theater den Besitz der Autorisation zu bewei¬ sen hat und als nicht autorisire zu betrachten ist, sobald es seine Licenz nicht beibringen kann. Ausgenommen von diesen Vorschriften sind die Vorstellungen, welche von den Localbehörden bei Jahrmärk¬ te!?, Festen und sonstigen gebräuchlichen derartigen Versammlungen gestattet werden. Die von den Friedensrichtern ergriffenen Maßregeln können Anlaß geben zu einem Recurs an die nächste Vierteljahrs¬ sitzung. Das sind die angenommenen Verordnungen. Der Entwurf schlug noch vor, den Theatern, welche das ausschließliche Privilegium hatten, Shakspeare'sche Stücke zu geben, dieses Recht vorzuenthalten und dem Lordkämmerer die Ertheilung desselben an andere Theater zu verweigern. Dieser Vorschlag wurde nicht angenommen. Das Parlament erklärte, es müsse jedem Theater frei stehen, die Meister¬ stücke des Nationaldichters dem Beifall des Publicums darzubieten: es ist dies eine dem Genie dargebrachte legitime Huldigung und eine sehr unschuldige Befriedigung englischen Stolzes, denn es ist genügend be¬ kannt und festgestellt, daß die Tragödien Shakspeare's selten gege¬ ben werden und nur ein kleines Publicum anlocken. Bis zu der Bill von 1840 beschränkten die den Unternehmun¬ gen ertheilten Privilegien dieselben aufein bestimmtes Genre von Wer¬ ken. Die großen Theater waren blos befugt, Tragödie, Komödie und jede Art von Stücken zu spielen, welche unter der Kategorie des legitimen Dramas begriffen werden. Die Theater zweiten Ranges (minor ttinureZ) waren auf komische Oper oder das Vau- deville (durlotws) und Ballete beschränkt; aber diese verschiedenen Genres verschmolzen in einander und wurden nicht streng geschieden, entweder weil die Reglements unzureichend waren, oder eine genaue

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/758>, abgerufen am 01.07.2024.