Theater und ambulanten Gesellschaften gewählt waren. Acht Auto¬ ren und ein Komponist reclamirten das literarische Eigenthumsrecht. Die Erfordernisse der Regierung und der Polizei hatten zwei obrig¬ keitliche Personen, einen Controleur im Departement des Kämmerers und zwei Censoren zu Organen. Offizielle Actenstücke wurden in Menge beigebracht, und auf dieser gründlichen Untersuchung fußend, erschienen zwei auf die festgestellte Erfahrung gegründete Bills. Eng¬ land ist ein freies Land; die Presse genießt daselbst fast der unbe¬ schränktesten Freiheiten, die Obrigkeit verhält sich beinahe immer ganz passiv und übt nur sehr engumgrenzte Rechte aus. Man sollte dar¬ aus schließen, daß die Theater daher gar keinem Zwange unterwor¬ fen, daß das Recht, sie zu eröffnen, aus dem Prinzip der industriel¬ len' Freiheit abzuleiten sei, so wie das Recht, Vorstellungen zu geben aus dem Rechte, zuschreiben, zu sprechen und sich zu versammeln; ein Recht, welches durch das gewöhnliche Gesetz anerkannt ist. Nichts¬ destoweniger hat zu allen Zeiten auf den Theatern die beschränkendste Gesetzgebung gelastet, die Unternehmungen sind der unumgänglichen Autorisation der Behörden und die Darstellungen der Censur unter¬ worfen. Der Usus der Privilegien war seit undenklichen Zeiten im Schwange und die Untersuchung von 1832 weit entfernt, ihn im Prinzip anzugreifen, scheint nur die Absicht gehabt zu haben, dies riniwirkamer durchzuführen.
zEs läßt sich schwer begreifen, wie das Gesetz über Theater lange Zeit ganz in Abkommen gerathen war, wenn man nicht die Schwie¬ rigkeiten und Hindernisse kennt, welche dessen Anwendung in den Weg gelegt wurden. Das Theater vom Strand war seit zwanzig, ein anderes seit vierzehn Jahren geöffnet, ohne jemals eine Autorisation gehabt zu haben. Der dem Theaterwesen als Behörde vorgesetzte Kämmerer sah seine Macht durch eine sonderbare Subtilität paraly- sirt. Seine Gewalt, sagte man, sei eine Gewalt "der Erlaubniß, nicht des Verhinderns". Vergeblich drohten die privilegirten Theater mit gerichtlichen Verfolgungen, dieselben halfen ihnen meistentheils Nichts. Wenn eines von ihnen auf die Gefahr hin, sich durch Ge- richtskosten zu ruiniren, einen Vortheil erlangte, so substituirten die Verurtheilten sich Jemanden, welcher den Namen dazu hergab und durch seine eigene Insolvenz der Strafe ledig war. Am häufigsten nahmen sogar die Obrigkeiten selbst gegen die Klagenden Partei, in-
Theater und ambulanten Gesellschaften gewählt waren. Acht Auto¬ ren und ein Komponist reclamirten das literarische Eigenthumsrecht. Die Erfordernisse der Regierung und der Polizei hatten zwei obrig¬ keitliche Personen, einen Controleur im Departement des Kämmerers und zwei Censoren zu Organen. Offizielle Actenstücke wurden in Menge beigebracht, und auf dieser gründlichen Untersuchung fußend, erschienen zwei auf die festgestellte Erfahrung gegründete Bills. Eng¬ land ist ein freies Land; die Presse genießt daselbst fast der unbe¬ schränktesten Freiheiten, die Obrigkeit verhält sich beinahe immer ganz passiv und übt nur sehr engumgrenzte Rechte aus. Man sollte dar¬ aus schließen, daß die Theater daher gar keinem Zwange unterwor¬ fen, daß das Recht, sie zu eröffnen, aus dem Prinzip der industriel¬ len' Freiheit abzuleiten sei, so wie das Recht, Vorstellungen zu geben aus dem Rechte, zuschreiben, zu sprechen und sich zu versammeln; ein Recht, welches durch das gewöhnliche Gesetz anerkannt ist. Nichts¬ destoweniger hat zu allen Zeiten auf den Theatern die beschränkendste Gesetzgebung gelastet, die Unternehmungen sind der unumgänglichen Autorisation der Behörden und die Darstellungen der Censur unter¬ worfen. Der Usus der Privilegien war seit undenklichen Zeiten im Schwange und die Untersuchung von 1832 weit entfernt, ihn im Prinzip anzugreifen, scheint nur die Absicht gehabt zu haben, dies riniwirkamer durchzuführen.
zEs läßt sich schwer begreifen, wie das Gesetz über Theater lange Zeit ganz in Abkommen gerathen war, wenn man nicht die Schwie¬ rigkeiten und Hindernisse kennt, welche dessen Anwendung in den Weg gelegt wurden. Das Theater vom Strand war seit zwanzig, ein anderes seit vierzehn Jahren geöffnet, ohne jemals eine Autorisation gehabt zu haben. Der dem Theaterwesen als Behörde vorgesetzte Kämmerer sah seine Macht durch eine sonderbare Subtilität paraly- sirt. Seine Gewalt, sagte man, sei eine Gewalt „der Erlaubniß, nicht des Verhinderns". Vergeblich drohten die privilegirten Theater mit gerichtlichen Verfolgungen, dieselben halfen ihnen meistentheils Nichts. Wenn eines von ihnen auf die Gefahr hin, sich durch Ge- richtskosten zu ruiniren, einen Vortheil erlangte, so substituirten die Verurtheilten sich Jemanden, welcher den Namen dazu hergab und durch seine eigene Insolvenz der Strafe ledig war. Am häufigsten nahmen sogar die Obrigkeiten selbst gegen die Klagenden Partei, in-
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Theater und ambulanten Gesellschaften gewählt waren. Acht Auto¬
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Die Erfordernisse der Regierung und der Polizei hatten zwei obrig¬
keitliche Personen, einen Controleur im Departement des Kämmerers
und zwei Censoren zu Organen. Offizielle Actenstücke wurden in
Menge beigebracht, und auf dieser gründlichen Untersuchung fußend,
erschienen zwei auf die festgestellte Erfahrung gegründete Bills. Eng¬
land ist ein freies Land; die Presse genießt daselbst fast der unbe¬
schränktesten Freiheiten, die Obrigkeit verhält sich beinahe immer ganz
passiv und übt nur sehr engumgrenzte Rechte aus. Man sollte dar¬
aus schließen, daß die Theater daher gar keinem Zwange unterwor¬
fen, daß das Recht, sie zu eröffnen, aus dem Prinzip der industriel¬
len' Freiheit abzuleiten sei, so wie das Recht, Vorstellungen zu geben
aus dem Rechte, zuschreiben, zu sprechen und sich zu versammeln; ein
Recht, welches durch das gewöhnliche Gesetz anerkannt ist. Nichts¬
destoweniger hat zu allen Zeiten auf den Theatern die beschränkendste
Gesetzgebung gelastet, die Unternehmungen sind der unumgänglichen
Autorisation der Behörden und die Darstellungen der Censur unter¬
worfen. Der Usus der Privilegien war seit undenklichen Zeiten im
Schwange und die Untersuchung von 1832 weit entfernt, ihn im
Prinzip anzugreifen, scheint nur die Absicht gehabt zu haben, dies
riniwirkamer durchzuführen.
zEs läßt sich schwer begreifen, wie das Gesetz über Theater lange
Zeit ganz in Abkommen gerathen war, wenn man nicht die Schwie¬
rigkeiten und Hindernisse kennt, welche dessen Anwendung in den Weg
gelegt wurden. Das Theater vom Strand war seit zwanzig, ein
anderes seit vierzehn Jahren geöffnet, ohne jemals eine Autorisation
gehabt zu haben. Der dem Theaterwesen als Behörde vorgesetzte
Kämmerer sah seine Macht durch eine sonderbare Subtilität paraly-
sirt. Seine Gewalt, sagte man, sei eine Gewalt „der Erlaubniß,
nicht des Verhinderns". Vergeblich drohten die privilegirten Theater
mit gerichtlichen Verfolgungen, dieselben halfen ihnen meistentheils
Nichts. Wenn eines von ihnen auf die Gefahr hin, sich durch Ge-
richtskosten zu ruiniren, einen Vortheil erlangte, so substituirten die
Verurtheilten sich Jemanden, welcher den Namen dazu hergab und
durch seine eigene Insolvenz der Strafe ledig war. Am häufigsten
nahmen sogar die Obrigkeiten selbst gegen die Klagenden Partei, in-
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/755>, abgerufen am 22.12.2024.
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