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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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er war sehr erfreut über einige neue Chansons und kleine Theater¬
stücke, die ich von Paris mitgebracht hatte, und er hoffte einige der
letzteren sür die deutsche Bühne zu bearbeiten.

Schlegel und Robert machten sich lustig über den Abb"-, wie
ihre Mienen deutlich zeigten, und suchten durch verständigende Winke
auch mich in den Scherz hineinzuziehen. Eben hatte aber die Wir¬
thin ihre Augen dorthin gewandt und drückte mit ernstem Blicke ihre
Mißbilligung aus, als die Thüre aufging und eine rasche allerliebste
Dame hereinstürmte, die mit heiterem Lachen auf Demoiselle Levin
zudrang und neben ihr auf einen Lehnstuhl sich mehr hinfallen ließ
als setzte. Alle begrüßten sie mit Jubel.

-- Aber was ist das? hob Demoiselle Levin an, ist denn nicht
heute Maria Stuart? und ich denke, Sie sind ....

-- Ja, denken Sie nur! versetzte die reizende, muntere Frau,
Mortimer ist krank, und da schiebt Jffland geschwind ein anderes
Stück vor, worin ich Nichts zu thun habe; ich mache mir das zu
Nutze und komme zu Ihnen, und wenn Sie mich wollen, bleibe ich
den ganzen Abend.

-- Prächtig! rief Demoiselle Levin, und wie treffen Sie es!
Gleich zwei Ihrer Anbeter finden Sie hier, Schlegel und meinen
Bruder . . .

Es ist die Unzelmann! hatte mir Brinkmann zugeflüstert. Sie
war vor nicht langer Zeit von Weimar zurückgekehrt, wo sie großes
Glück gemacht und Goethe oft gesprochen hatte, von dem sie so be¬
zaubert war, daß sie dessen Iphigenia nun trotz Jffland's heimlicher
Abneigung mit Gewalt als ihre Beneficevorstellung auf's Theater
bringen wollte. Brinkmann war zu ungeduldig, mir weitere Erklä¬
rungen zu geben, und nahm einen vollen Anlauf, sich als den wah¬
ren Anbeter der Dame zu bezeigen, als Schlegel unerwartet ihm
vortrat und sich gegen sie entschuldigte, etwas feierlich und verlegen,
aber dennoch kühn, es sei eigentlich sein Bruder August Wilhelm,
der ein Anbeter von ihr heißen könne, und der sie als das Fcenkind
besungen habe. Mir wurde ganz warm, eine solche deutsche Tölpelei
war mir noch nicht vorgekommen. Aber die muntere Frau erwiederte
lachend: Ich weiß es recht gut und unterscheide die ungleichen Brü¬
der sehr wohl! Doch wenn ich von Ihnen, lieber Schlegel, nicht
mehr fordere, als von Ihrem Bruder, so können Sie in Gottes


er war sehr erfreut über einige neue Chansons und kleine Theater¬
stücke, die ich von Paris mitgebracht hatte, und er hoffte einige der
letzteren sür die deutsche Bühne zu bearbeiten.

Schlegel und Robert machten sich lustig über den Abb«-, wie
ihre Mienen deutlich zeigten, und suchten durch verständigende Winke
auch mich in den Scherz hineinzuziehen. Eben hatte aber die Wir¬
thin ihre Augen dorthin gewandt und drückte mit ernstem Blicke ihre
Mißbilligung aus, als die Thüre aufging und eine rasche allerliebste
Dame hereinstürmte, die mit heiterem Lachen auf Demoiselle Levin
zudrang und neben ihr auf einen Lehnstuhl sich mehr hinfallen ließ
als setzte. Alle begrüßten sie mit Jubel.

— Aber was ist das? hob Demoiselle Levin an, ist denn nicht
heute Maria Stuart? und ich denke, Sie sind ....

— Ja, denken Sie nur! versetzte die reizende, muntere Frau,
Mortimer ist krank, und da schiebt Jffland geschwind ein anderes
Stück vor, worin ich Nichts zu thun habe; ich mache mir das zu
Nutze und komme zu Ihnen, und wenn Sie mich wollen, bleibe ich
den ganzen Abend.

— Prächtig! rief Demoiselle Levin, und wie treffen Sie es!
Gleich zwei Ihrer Anbeter finden Sie hier, Schlegel und meinen
Bruder . . .

Es ist die Unzelmann! hatte mir Brinkmann zugeflüstert. Sie
war vor nicht langer Zeit von Weimar zurückgekehrt, wo sie großes
Glück gemacht und Goethe oft gesprochen hatte, von dem sie so be¬
zaubert war, daß sie dessen Iphigenia nun trotz Jffland's heimlicher
Abneigung mit Gewalt als ihre Beneficevorstellung auf's Theater
bringen wollte. Brinkmann war zu ungeduldig, mir weitere Erklä¬
rungen zu geben, und nahm einen vollen Anlauf, sich als den wah¬
ren Anbeter der Dame zu bezeigen, als Schlegel unerwartet ihm
vortrat und sich gegen sie entschuldigte, etwas feierlich und verlegen,
aber dennoch kühn, es sei eigentlich sein Bruder August Wilhelm,
der ein Anbeter von ihr heißen könne, und der sie als das Fcenkind
besungen habe. Mir wurde ganz warm, eine solche deutsche Tölpelei
war mir noch nicht vorgekommen. Aber die muntere Frau erwiederte
lachend: Ich weiß es recht gut und unterscheide die ungleichen Brü¬
der sehr wohl! Doch wenn ich von Ihnen, lieber Schlegel, nicht
mehr fordere, als von Ihrem Bruder, so können Sie in Gottes


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/718>, abgerufen am 22.12.2024.