Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

leressanteste darüber wäre eine Schilderung, nicht seiner Leistungen,
sondern seiner Hindernisse, die fast in Ihr Novellcnheft gehörte und
füglich nur geschrieben werden dürste von einem Verstorbenen oder
Abgereisten, was dasselbe ist. Es sind gerade keine besonderen diplo¬
matischen Persönlichkeiten da, vielleicht ein Paar, die man als künf¬
tige Brunows und Medems signalisiren könnte. (Graf Buol Schauen¬
stein, der sich hier viele Freunde erworben hat, verlaßt uns.) Freilich
verschlingen sich hier einige Knoten der österreichischen und preußischen
Hegemonie; es ist ein Bohren im Stillen, dem man den Widerstand
der Trägheit, des Nichtverstehens entgegenstellt; aber wenn man die
Faden kennt und den Zettel, wornach im Geheimen gesponnen und
gewoben wird, so weiß man es dem hinkenden Teufel wenig Dank,
der das Dach lüftet an dem Bau dieses Stilllebens -- anders nicht
über die Stellung des Kronprinzen, des Prinzenklubs, der Standes¬
herrlichen Partei, der oberschwäbischen politico-religiösen Roskolniks --
alle diese bel-ma <Imo>'" klaffenden, zankenden, vor Wuth lispelnden
Widersacher werden sich vereinigen in einen gemeinschaftlichen Schrei
des Unwillens gegen den Verhaßten, der an ihnen zum Publicisten
wird Hat so ein Mensch nicht sonst Stoss genug, die Anlagen, den
Rosenstein, den Besenbach, die Eisenbahnen, den Pfcrdemarkt -- wie
kann er sich vergreifen an respectablen Personen, das heißt an sol¬
chen, die sich entehrt glauben, wenn ihr Name anders vorkommt in
einer Zeitung, als in einer allergnädigsten Beförderungsliste? Was
öffentlich geworden, ist gemein -- so meinen jene -- gemein ist Al¬
les, was, aus dem Kreise der Besonderheit gehoben, allgemeines Wis¬
sensgut geworden; kann man eine Neuigkeit im Munde führen, die
Alle'wissen können? Das wäre fast so arg, als sich am Sonntag
putzen. Das ist der Zustand des Patienten, den ich behandeln soll

Der bekannte sinnige Eorrespondent der Deutschen All-,
c".."t^.!^,^ ..^^N- ^. . . / " ""ö
nen aus Berlin entwickelte unlängst klar und scharf de" 'um^s^"^
zwischen dem freien Vortrag auf den Universitäten und der von
Eichhorn angeordneten neuen dialogischen Lehrmethode; im-"- s"k. ^
denkende Hörer, diese setzt Schüler voraus, jener ist el.^wisse isb^-
licher Unterricht, diese ist pädagogisch, erziehend. Außerdem hL
allerhand drum und dran. Ein ungeschickter Claaue.. A,'^
Ministeriums in der Deutschen Allgemeinen in!w7"' ^e.?^ ^
komischen Stoßseufzer, hätte man diese probate Method nur frühe
gehabt, dann wurde es Hegel nicht so leicht geworden sein die Welt
über seine Tendenzen zu täuschen und die Regierung hätte soaleick ae-
wußt woran sie mit ihm sei. Bravo- Es kann sich hierVblos
um philosophische Dunkelheiten handeln, sonst würde es dem Elaqueur
nicht entgehen, daß sah-klug mit seiner mystischen Speculation, bei
einer acht blos vom Lehrer, sondern auch vom Zuhörer ausgehenden


leressanteste darüber wäre eine Schilderung, nicht seiner Leistungen,
sondern seiner Hindernisse, die fast in Ihr Novellcnheft gehörte und
füglich nur geschrieben werden dürste von einem Verstorbenen oder
Abgereisten, was dasselbe ist. Es sind gerade keine besonderen diplo¬
matischen Persönlichkeiten da, vielleicht ein Paar, die man als künf¬
tige Brunows und Medems signalisiren könnte. (Graf Buol Schauen¬
stein, der sich hier viele Freunde erworben hat, verlaßt uns.) Freilich
verschlingen sich hier einige Knoten der österreichischen und preußischen
Hegemonie; es ist ein Bohren im Stillen, dem man den Widerstand
der Trägheit, des Nichtverstehens entgegenstellt; aber wenn man die
Faden kennt und den Zettel, wornach im Geheimen gesponnen und
gewoben wird, so weiß man es dem hinkenden Teufel wenig Dank,
der das Dach lüftet an dem Bau dieses Stilllebens — anders nicht
über die Stellung des Kronprinzen, des Prinzenklubs, der Standes¬
herrlichen Partei, der oberschwäbischen politico-religiösen Roskolniks —
alle diese bel-ma <Imo>'« klaffenden, zankenden, vor Wuth lispelnden
Widersacher werden sich vereinigen in einen gemeinschaftlichen Schrei
des Unwillens gegen den Verhaßten, der an ihnen zum Publicisten
wird Hat so ein Mensch nicht sonst Stoss genug, die Anlagen, den
Rosenstein, den Besenbach, die Eisenbahnen, den Pfcrdemarkt — wie
kann er sich vergreifen an respectablen Personen, das heißt an sol¬
chen, die sich entehrt glauben, wenn ihr Name anders vorkommt in
einer Zeitung, als in einer allergnädigsten Beförderungsliste? Was
öffentlich geworden, ist gemein — so meinen jene — gemein ist Al¬
les, was, aus dem Kreise der Besonderheit gehoben, allgemeines Wis¬
sensgut geworden; kann man eine Neuigkeit im Munde führen, die
Alle'wissen können? Das wäre fast so arg, als sich am Sonntag
putzen. Das ist der Zustand des Patienten, den ich behandeln soll

Der bekannte sinnige Eorrespondent der Deutschen All-,
c»..»t^.!^,^ ..^^N- ^. . . / " ""ö
nen aus Berlin entwickelte unlängst klar und scharf de» 'um^s^"^
zwischen dem freien Vortrag auf den Universitäten und der von
Eichhorn angeordneten neuen dialogischen Lehrmethode; im-»- s»k. ^
denkende Hörer, diese setzt Schüler voraus, jener ist el.^wisse isb^-
licher Unterricht, diese ist pädagogisch, erziehend. Außerdem hL
allerhand drum und dran. Ein ungeschickter Claaue.. A,'^
Ministeriums in der Deutschen Allgemeinen in!w7"' ^e.?^ ^
komischen Stoßseufzer, hätte man diese probate Method nur frühe
gehabt, dann wurde es Hegel nicht so leicht geworden sein die Welt
über seine Tendenzen zu täuschen und die Regierung hätte soaleick ae-
wußt woran sie mit ihm sei. Bravo- Es kann sich hierVblos
um philosophische Dunkelheiten handeln, sonst würde es dem Elaqueur
nicht entgehen, daß sah-klug mit seiner mystischen Speculation, bei
einer acht blos vom Lehrer, sondern auch vom Zuhörer ausgehenden


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0707" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180420"/>
            <p xml:id="ID_1820" prev="#ID_1819"> leressanteste darüber wäre eine Schilderung, nicht seiner Leistungen,<lb/>
sondern seiner Hindernisse, die fast in Ihr Novellcnheft gehörte und<lb/>
füglich nur geschrieben werden dürste von einem Verstorbenen oder<lb/>
Abgereisten, was dasselbe ist. Es sind gerade keine besonderen diplo¬<lb/>
matischen Persönlichkeiten da, vielleicht ein Paar, die man als künf¬<lb/>
tige Brunows und Medems signalisiren könnte. (Graf Buol Schauen¬<lb/>
stein, der sich hier viele Freunde erworben hat, verlaßt uns.) Freilich<lb/>
verschlingen sich hier einige Knoten der österreichischen und preußischen<lb/>
Hegemonie; es ist ein Bohren im Stillen, dem man den Widerstand<lb/>
der Trägheit, des Nichtverstehens entgegenstellt; aber wenn man die<lb/>
Faden kennt und den Zettel, wornach im Geheimen gesponnen und<lb/>
gewoben wird, so weiß man es dem hinkenden Teufel wenig Dank,<lb/>
der das Dach lüftet an dem Bau dieses Stilllebens &#x2014; anders nicht<lb/>
über die Stellung des Kronprinzen, des Prinzenklubs, der Standes¬<lb/>
herrlichen Partei, der oberschwäbischen politico-religiösen Roskolniks &#x2014;<lb/>
alle diese bel-ma &lt;Imo&gt;'« klaffenden, zankenden, vor Wuth lispelnden<lb/>
Widersacher werden sich vereinigen in einen gemeinschaftlichen Schrei<lb/>
des Unwillens gegen den Verhaßten, der an ihnen zum Publicisten<lb/>
wird Hat so ein Mensch nicht sonst Stoss genug, die Anlagen, den<lb/>
Rosenstein, den Besenbach, die Eisenbahnen, den Pfcrdemarkt &#x2014; wie<lb/>
kann er sich vergreifen an respectablen Personen, das heißt an sol¬<lb/>
chen, die sich entehrt glauben, wenn ihr Name anders vorkommt in<lb/>
einer Zeitung, als in einer allergnädigsten Beförderungsliste? Was<lb/>
öffentlich geworden, ist gemein &#x2014; so meinen jene &#x2014; gemein ist Al¬<lb/>
les, was, aus dem Kreise der Besonderheit gehoben, allgemeines Wis¬<lb/>
sensgut geworden; kann man eine Neuigkeit im Munde führen, die<lb/>
Alle'wissen können? Das wäre fast so arg, als sich am Sonntag<lb/>
putzen. Das ist der Zustand des Patienten, den ich behandeln soll</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1821" next="#ID_1822"> Der bekannte sinnige Eorrespondent der Deutschen All-,<lb/>
c»..»t^.!^,^ ..^^N- ^. . .   / " ""ö<lb/>
nen aus Berlin entwickelte unlängst klar und scharf de» 'um^s^"^<lb/>
zwischen dem freien Vortrag auf den Universitäten und der von<lb/>
Eichhorn angeordneten neuen dialogischen Lehrmethode; im-»- s»k. ^<lb/>
denkende Hörer, diese setzt Schüler voraus, jener ist el.^wisse isb^-<lb/>
licher Unterricht, diese ist pädagogisch, erziehend. Außerdem hL<lb/>
allerhand drum und dran.  Ein ungeschickter Claaue.. A,'^<lb/>
Ministeriums in der Deutschen Allgemeinen in!w7"'  ^e.?^ ^<lb/>
komischen Stoßseufzer, hätte man diese probate Method  nur frühe<lb/>
gehabt, dann wurde es Hegel nicht so leicht geworden sein die Welt<lb/>
über seine Tendenzen zu täuschen und die Regierung hätte soaleick ae-<lb/>
wußt woran sie mit ihm sei.  Bravo- Es kann sich hierVblos<lb/>
um philosophische Dunkelheiten handeln, sonst würde es dem Elaqueur<lb/>
nicht entgehen, daß sah-klug mit seiner mystischen Speculation, bei<lb/>
einer acht blos vom Lehrer, sondern auch vom Zuhörer ausgehenden</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0707] leressanteste darüber wäre eine Schilderung, nicht seiner Leistungen, sondern seiner Hindernisse, die fast in Ihr Novellcnheft gehörte und füglich nur geschrieben werden dürste von einem Verstorbenen oder Abgereisten, was dasselbe ist. Es sind gerade keine besonderen diplo¬ matischen Persönlichkeiten da, vielleicht ein Paar, die man als künf¬ tige Brunows und Medems signalisiren könnte. (Graf Buol Schauen¬ stein, der sich hier viele Freunde erworben hat, verlaßt uns.) Freilich verschlingen sich hier einige Knoten der österreichischen und preußischen Hegemonie; es ist ein Bohren im Stillen, dem man den Widerstand der Trägheit, des Nichtverstehens entgegenstellt; aber wenn man die Faden kennt und den Zettel, wornach im Geheimen gesponnen und gewoben wird, so weiß man es dem hinkenden Teufel wenig Dank, der das Dach lüftet an dem Bau dieses Stilllebens — anders nicht über die Stellung des Kronprinzen, des Prinzenklubs, der Standes¬ herrlichen Partei, der oberschwäbischen politico-religiösen Roskolniks — alle diese bel-ma <Imo>'« klaffenden, zankenden, vor Wuth lispelnden Widersacher werden sich vereinigen in einen gemeinschaftlichen Schrei des Unwillens gegen den Verhaßten, der an ihnen zum Publicisten wird Hat so ein Mensch nicht sonst Stoss genug, die Anlagen, den Rosenstein, den Besenbach, die Eisenbahnen, den Pfcrdemarkt — wie kann er sich vergreifen an respectablen Personen, das heißt an sol¬ chen, die sich entehrt glauben, wenn ihr Name anders vorkommt in einer Zeitung, als in einer allergnädigsten Beförderungsliste? Was öffentlich geworden, ist gemein — so meinen jene — gemein ist Al¬ les, was, aus dem Kreise der Besonderheit gehoben, allgemeines Wis¬ sensgut geworden; kann man eine Neuigkeit im Munde führen, die Alle'wissen können? Das wäre fast so arg, als sich am Sonntag putzen. Das ist der Zustand des Patienten, den ich behandeln soll Der bekannte sinnige Eorrespondent der Deutschen All-, c»..»t^.!^,^ ..^^N- ^. . . / " ""ö nen aus Berlin entwickelte unlängst klar und scharf de» 'um^s^"^ zwischen dem freien Vortrag auf den Universitäten und der von Eichhorn angeordneten neuen dialogischen Lehrmethode; im-»- s»k. ^ denkende Hörer, diese setzt Schüler voraus, jener ist el.^wisse isb^- licher Unterricht, diese ist pädagogisch, erziehend. Außerdem hL allerhand drum und dran. Ein ungeschickter Claaue.. A,'^ Ministeriums in der Deutschen Allgemeinen in!w7"' ^e.?^ ^ komischen Stoßseufzer, hätte man diese probate Method nur frühe gehabt, dann wurde es Hegel nicht so leicht geworden sein die Welt über seine Tendenzen zu täuschen und die Regierung hätte soaleick ae- wußt woran sie mit ihm sei. Bravo- Es kann sich hierVblos um philosophische Dunkelheiten handeln, sonst würde es dem Elaqueur nicht entgehen, daß sah-klug mit seiner mystischen Speculation, bei einer acht blos vom Lehrer, sondern auch vom Zuhörer ausgehenden

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/707
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/707>, abgerufen am 01.07.2024.