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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Leidenschaftlichkeit seines Charakters, welche sich durch die krampfhaft
zackenden Mundwinkel und den feuersprühenden, dunklen Blick kund
gab, entgegnete er: Semwr, sagen Sie denen, die Sie geschickt ha¬
ben, Sie hätten Villareal gefunden, -- hungrig, denn bei meiner
Ehre, seit vierundzwanzig Stunden ist diese Tasse Chocolade, die hier
noch unangetastet vor mir steht, meine erste Nahrung, wir Factiosen
haben auf fremder Erde kein Geld zum Schlemmen, -- durstig,
denn noch steht das Glas Wasser, welches ich erst trinken werde,
hier auf dem Tische, -- frierend, denn (einen spöttischen Blick
auf die Lumpen werfend, die ihn umhüllten) in diesem Stutzeranzug
ist der Winter diesseits der Pyrenäen ziemlich frostig, -- aber e r und
seine Kameraden, wenn sie in der Verbannung hungern, dursten
und frieren, sehnen sich nach dem Augenblicke und trösten sich mit
der sicheren Hoffnung, daß er über kurz oder lang wieder kommen
wird, wo sie in christinischcm Blute sich sättigen und am Brande
christinischer Häuser sich werden erwärmen können!

Es liegt eine furchtbare Energie in dieser Antwort, und sie ist
nur zu begreifen, wenn man sich den rachedürstenden Spanier, der
in seiner Religion, in seiner Nationalität und in seiner Persönlichkeit
sich gekränkt glaubt, und somit den Brand seiner Kirche, die Unter¬
drückung seines Volkes, das Elend, was er selbst erleidet, oder den
Tod seiner Angehörigen mit dreifacher Vergeltung an demselben Feinde
zu sühnen hat, nicht mit cisrhenanischen, sondern mit transpyrenäi-
schen Augen und Ansichten sieht und beurtheilt.

Seinen Grundsätzen getreu, lebte Villareal im Elende fort und
war nie zu bewegen, durch irgend eine Demonstration der siegenden
Partei eine Art von Concession zu machen, oder die gefallene zu
verläugnen.

"Victrix cnusit illis placuit, sea viela (.^tom!^




Leidenschaftlichkeit seines Charakters, welche sich durch die krampfhaft
zackenden Mundwinkel und den feuersprühenden, dunklen Blick kund
gab, entgegnete er: Semwr, sagen Sie denen, die Sie geschickt ha¬
ben, Sie hätten Villareal gefunden, — hungrig, denn bei meiner
Ehre, seit vierundzwanzig Stunden ist diese Tasse Chocolade, die hier
noch unangetastet vor mir steht, meine erste Nahrung, wir Factiosen
haben auf fremder Erde kein Geld zum Schlemmen, — durstig,
denn noch steht das Glas Wasser, welches ich erst trinken werde,
hier auf dem Tische, — frierend, denn (einen spöttischen Blick
auf die Lumpen werfend, die ihn umhüllten) in diesem Stutzeranzug
ist der Winter diesseits der Pyrenäen ziemlich frostig, — aber e r und
seine Kameraden, wenn sie in der Verbannung hungern, dursten
und frieren, sehnen sich nach dem Augenblicke und trösten sich mit
der sicheren Hoffnung, daß er über kurz oder lang wieder kommen
wird, wo sie in christinischcm Blute sich sättigen und am Brande
christinischer Häuser sich werden erwärmen können!

Es liegt eine furchtbare Energie in dieser Antwort, und sie ist
nur zu begreifen, wenn man sich den rachedürstenden Spanier, der
in seiner Religion, in seiner Nationalität und in seiner Persönlichkeit
sich gekränkt glaubt, und somit den Brand seiner Kirche, die Unter¬
drückung seines Volkes, das Elend, was er selbst erleidet, oder den
Tod seiner Angehörigen mit dreifacher Vergeltung an demselben Feinde
zu sühnen hat, nicht mit cisrhenanischen, sondern mit transpyrenäi-
schen Augen und Ansichten sieht und beurtheilt.

Seinen Grundsätzen getreu, lebte Villareal im Elende fort und
war nie zu bewegen, durch irgend eine Demonstration der siegenden
Partei eine Art von Concession zu machen, oder die gefallene zu
verläugnen.

„Victrix cnusit illis placuit, sea viela (.^tom!^




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[0696] Leidenschaftlichkeit seines Charakters, welche sich durch die krampfhaft zackenden Mundwinkel und den feuersprühenden, dunklen Blick kund gab, entgegnete er: Semwr, sagen Sie denen, die Sie geschickt ha¬ ben, Sie hätten Villareal gefunden, — hungrig, denn bei meiner Ehre, seit vierundzwanzig Stunden ist diese Tasse Chocolade, die hier noch unangetastet vor mir steht, meine erste Nahrung, wir Factiosen haben auf fremder Erde kein Geld zum Schlemmen, — durstig, denn noch steht das Glas Wasser, welches ich erst trinken werde, hier auf dem Tische, — frierend, denn (einen spöttischen Blick auf die Lumpen werfend, die ihn umhüllten) in diesem Stutzeranzug ist der Winter diesseits der Pyrenäen ziemlich frostig, — aber e r und seine Kameraden, wenn sie in der Verbannung hungern, dursten und frieren, sehnen sich nach dem Augenblicke und trösten sich mit der sicheren Hoffnung, daß er über kurz oder lang wieder kommen wird, wo sie in christinischcm Blute sich sättigen und am Brande christinischer Häuser sich werden erwärmen können! Es liegt eine furchtbare Energie in dieser Antwort, und sie ist nur zu begreifen, wenn man sich den rachedürstenden Spanier, der in seiner Religion, in seiner Nationalität und in seiner Persönlichkeit sich gekränkt glaubt, und somit den Brand seiner Kirche, die Unter¬ drückung seines Volkes, das Elend, was er selbst erleidet, oder den Tod seiner Angehörigen mit dreifacher Vergeltung an demselben Feinde zu sühnen hat, nicht mit cisrhenanischen, sondern mit transpyrenäi- schen Augen und Ansichten sieht und beurtheilt. Seinen Grundsätzen getreu, lebte Villareal im Elende fort und war nie zu bewegen, durch irgend eine Demonstration der siegenden Partei eine Art von Concession zu machen, oder die gefallene zu verläugnen. „Victrix cnusit illis placuit, sea viela (.^tom!^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/696>, abgerufen am 29.06.2024.