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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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gehegten Erwartungen nichts weniger als befriedigt. Man hatte sich
in der Montenegro eine Kunstgröße ersten Ranges versprochen; das
ist sie nun freilich nicht, doch eben so wenig verdiente sie eine so
entschieden ungünstige Aufnahme. Ihre Stimme besitzt Wohllaut
und Umfang, ihre Methode ist vortrefflich, Spiel und Gestalt durch¬
aus edel. Vor der Hand macht man ihr's zum Werbrechen, daß sie
kein Genie ist; indessen wäre es wohl möglich, daß sie mit der Zeit
doch durchdränge und bei ihrem unbestreitbaren Talent die Sympathie
och hiesigen Publikums sich erwürbe. Der Tenor Ferretti hat eine
sehr schöne Stimme, eine erträgliche Methode und ein abscheuliches
Spiel. Marini's Baß klingt wie Posaunenschall, allein er hat das
Unglück, beständig zu distoniren, und zwar in einer Weise, die das
Parterre in das unauslöschliche Gelächter der Olympier ausbrechen
macht. Bei der svettinl-, Unan, 8jAnnr", <"ille!,n<-c> fällt jede Ungleich¬
heit zwischen Stimme, Methode, Spiel und Gestalt hinweg; es ist
Alles gleich schlecht.

Uebrigens sind Duellgeschichten unser tägliches Brot, es vergeht
keine Woche, wo man nicht von dergleichen hört. Viel Aufsehen
erregte ein politischer Aweikampf zwischen dem Barus von Croatien,
Grafen Haller und dem Oppositionsmitglied Grafen Teleki. -- Guizot citi-
cend, hatte der Barus in Bezug auf seine Gegenpartei den Aus¬
druck avei-un gebraucht, worauf Graf T. erwiederte: Aloi vt mein p-u-ti
iioiiü vrus rvuirons es "kmtimLrit "r oomme unus "oimnv" j>In" ncmibreux
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Ijiw IIMI8 <1u vull'L. Das Duell fand in der Nahe von Preßburg
statt; Graf T. wurde durch den Arm geschossen, der Barus blieb unver¬
letzt. Vorgestern schlug sichGrafSchönborn mit Baron Arnstein ; Ursache
dieses Aweikampfs war Baron A.'s Weigerung, den Grafen als
Schiedsrichter über eine ziemlich gleichgiltige Wette anzuerkennen, was
von Seiten des Letzteren so beleidigende Aeußerungen zur Folge hatte,
daß eine blutige Ausgleichung nöthig schien. Man traf die Verab¬
redung, am Ostermontag bei Preßburg zusammenzutreffen, und zwar
am frühen Morgen, um, wie Graf sah. das Schicksal herausfordernd
sagte, die Praterstunde nicht zu versäumen. Seine Vorsicht war
überflüssig, denn er sollte diese Stunde nicht erleben; Baron A.'s
Kugel traf ihn in's Herz. -- Sie sehen, wir leben fast wie unter
Ludwig dem Dreizehnter, den kleinen Umstand abgerechnet, daß wir
keinen Cardinal Richelieu haben./


Francis.


Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda
Druck von Friedrich Andrä.

gehegten Erwartungen nichts weniger als befriedigt. Man hatte sich
in der Montenegro eine Kunstgröße ersten Ranges versprochen; das
ist sie nun freilich nicht, doch eben so wenig verdiente sie eine so
entschieden ungünstige Aufnahme. Ihre Stimme besitzt Wohllaut
und Umfang, ihre Methode ist vortrefflich, Spiel und Gestalt durch¬
aus edel. Vor der Hand macht man ihr's zum Werbrechen, daß sie
kein Genie ist; indessen wäre es wohl möglich, daß sie mit der Zeit
doch durchdränge und bei ihrem unbestreitbaren Talent die Sympathie
och hiesigen Publikums sich erwürbe. Der Tenor Ferretti hat eine
sehr schöne Stimme, eine erträgliche Methode und ein abscheuliches
Spiel. Marini's Baß klingt wie Posaunenschall, allein er hat das
Unglück, beständig zu distoniren, und zwar in einer Weise, die das
Parterre in das unauslöschliche Gelächter der Olympier ausbrechen
macht. Bei der svettinl-, Unan, 8jAnnr», <"ille!,n<-c> fällt jede Ungleich¬
heit zwischen Stimme, Methode, Spiel und Gestalt hinweg; es ist
Alles gleich schlecht.

Uebrigens sind Duellgeschichten unser tägliches Brot, es vergeht
keine Woche, wo man nicht von dergleichen hört. Viel Aufsehen
erregte ein politischer Aweikampf zwischen dem Barus von Croatien,
Grafen Haller und dem Oppositionsmitglied Grafen Teleki. — Guizot citi-
cend, hatte der Barus in Bezug auf seine Gegenpartei den Aus¬
druck avei-un gebraucht, worauf Graf T. erwiederte: Aloi vt mein p-u-ti
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statt; Graf T. wurde durch den Arm geschossen, der Barus blieb unver¬
letzt. Vorgestern schlug sichGrafSchönborn mit Baron Arnstein ; Ursache
dieses Aweikampfs war Baron A.'s Weigerung, den Grafen als
Schiedsrichter über eine ziemlich gleichgiltige Wette anzuerkennen, was
von Seiten des Letzteren so beleidigende Aeußerungen zur Folge hatte,
daß eine blutige Ausgleichung nöthig schien. Man traf die Verab¬
redung, am Ostermontag bei Preßburg zusammenzutreffen, und zwar
am frühen Morgen, um, wie Graf sah. das Schicksal herausfordernd
sagte, die Praterstunde nicht zu versäumen. Seine Vorsicht war
überflüssig, denn er sollte diese Stunde nicht erleben; Baron A.'s
Kugel traf ihn in's Herz. — Sie sehen, wir leben fast wie unter
Ludwig dem Dreizehnter, den kleinen Umstand abgerechnet, daß wir
keinen Cardinal Richelieu haben./


Francis.


Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda
Druck von Friedrich Andrä.
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[0548] gehegten Erwartungen nichts weniger als befriedigt. Man hatte sich in der Montenegro eine Kunstgröße ersten Ranges versprochen; das ist sie nun freilich nicht, doch eben so wenig verdiente sie eine so entschieden ungünstige Aufnahme. Ihre Stimme besitzt Wohllaut und Umfang, ihre Methode ist vortrefflich, Spiel und Gestalt durch¬ aus edel. Vor der Hand macht man ihr's zum Werbrechen, daß sie kein Genie ist; indessen wäre es wohl möglich, daß sie mit der Zeit doch durchdränge und bei ihrem unbestreitbaren Talent die Sympathie och hiesigen Publikums sich erwürbe. Der Tenor Ferretti hat eine sehr schöne Stimme, eine erträgliche Methode und ein abscheuliches Spiel. Marini's Baß klingt wie Posaunenschall, allein er hat das Unglück, beständig zu distoniren, und zwar in einer Weise, die das Parterre in das unauslöschliche Gelächter der Olympier ausbrechen macht. Bei der svettinl-, Unan, 8jAnnr», <"ille!,n<-c> fällt jede Ungleich¬ heit zwischen Stimme, Methode, Spiel und Gestalt hinweg; es ist Alles gleich schlecht. Uebrigens sind Duellgeschichten unser tägliches Brot, es vergeht keine Woche, wo man nicht von dergleichen hört. Viel Aufsehen erregte ein politischer Aweikampf zwischen dem Barus von Croatien, Grafen Haller und dem Oppositionsmitglied Grafen Teleki. — Guizot citi- cend, hatte der Barus in Bezug auf seine Gegenpartei den Aus¬ druck avei-un gebraucht, worauf Graf T. erwiederte: Aloi vt mein p-u-ti iioiiü vrus rvuirons es «kmtimLrit «r oomme unus «oimnv« j>In« ncmibreux >ju>- vn>is, onus clevv? von« ti'nnvvr I>im plus >'<<:o>ib!>;8 hin vull« <Il!äaiii Ijiw IIMI8 <1u vull'L. Das Duell fand in der Nahe von Preßburg statt; Graf T. wurde durch den Arm geschossen, der Barus blieb unver¬ letzt. Vorgestern schlug sichGrafSchönborn mit Baron Arnstein ; Ursache dieses Aweikampfs war Baron A.'s Weigerung, den Grafen als Schiedsrichter über eine ziemlich gleichgiltige Wette anzuerkennen, was von Seiten des Letzteren so beleidigende Aeußerungen zur Folge hatte, daß eine blutige Ausgleichung nöthig schien. Man traf die Verab¬ redung, am Ostermontag bei Preßburg zusammenzutreffen, und zwar am frühen Morgen, um, wie Graf sah. das Schicksal herausfordernd sagte, die Praterstunde nicht zu versäumen. Seine Vorsicht war überflüssig, denn er sollte diese Stunde nicht erleben; Baron A.'s Kugel traf ihn in's Herz. — Sie sehen, wir leben fast wie unter Ludwig dem Dreizehnter, den kleinen Umstand abgerechnet, daß wir keinen Cardinal Richelieu haben./ Francis. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/548>, abgerufen am 29.06.2024.