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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Artikel der Review ist mit Ruhe und liebenswürdiger Eleganz ge¬
schrieben.

-- In einem vor Kurzem erschienenen Werke von l)r. Rath¬
geber (Annalen der niederländischen Malerei :c.) wird Rubens der
Maler des Lichts, und Rembrandt der Maler des Dunkels genannt.
Sehr treffend.

-- Die Eisenbahnen als Beförderer der deutschen dramatischen
Literatur. Ist dies nicht ein närrischer Titel für einen Aufsatz ? Aber
es ließe sich ein prächtiges Feuilleton darüber schreiben. Ohne die
Eisenbahn würde manches neue Stück unausgeführt geblieben^ sein.
Unsere Theaterdirectoren zu einem Schritt zu bewegen, bedarf es ei¬
ner Dampfmaschine. Gutzkow geht nach Berlin, um Zopf und
Schwert durchzusetzen. Laube reist nach Berlin, um über den Struen-
see Verhaltungsmaßregeln zu geben. Prutz betreibt dort die Auffüh¬
rung seines Moritz von Sachsen. Der Redacteur dieser Blätter hatte
drei Jahre ein von der Berliner Bühne angenommenes Stück dort
müßig liegen. Erst als er sich auf die Eisenbahn setzte, um selbst
dort zuzuschauen, legte man die Hand an's Werk. Wer nimmt sich
der dramatischen Autoren an, die entfernt von der Eisenbahn leben
und ihr Talent verkümmert sehen, weil sie den gestrengen Herrn Di-
rectoren nicht persönlich ihr Manuscript unter die Nase halten können?

-- Der Schwanenorden wird in der Zeitungspresse bald die
Rolle einer zweiten Seeschlange spielen. Wir dachten, er sei bereits
an den Nagel gehängt und mehrere Anzeichen ließen mit Recht schlie¬
ßen, daß diese weder bei Katholiken noch bei Protestanten beliebte
Restauration im Stillen einschlafen werde; aber was sollte die schnar¬
rende Zukunftstrompete aus Berlin melden, gäbe es nicht glücklicher
Weise Schwanenorden, Sonntagsfeier und andere/mehr in's Theolo¬
gische als Politische schlagende Staatsereignisse? So heißt es denn
jeden Augenblick: "Die Statuten des Schwanenordens sollen nur noch
einmal berathen und dann veröffentlicht werden." -- Gottlob, nun
sind wir ruhig. Dann wieder: "Man behauptet, der Schwanenorden
gehe einer neuen Organisation entgegen.,. Auch gut. Oder: "Die
Statuten des Schwanenordens sind in Revision begriffen." Waren
sie schon in Eorrectur? Merkwürdig bleibt es, daß die neuen Berliner
Wirren und Wehen sammt und sonders sich um's Ministerium der
geistlichen Angelegenheiten drehen. Auch die Studentenuntersuchungen,
Professorenabsetzungen :c. gehen ja vom geistlichen Ministerium aus.
O großer Friedrich!




Bcrlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kurauda.
Druck von Friedrich Andrä.

Artikel der Review ist mit Ruhe und liebenswürdiger Eleganz ge¬
schrieben.

— In einem vor Kurzem erschienenen Werke von l)r. Rath¬
geber (Annalen der niederländischen Malerei :c.) wird Rubens der
Maler des Lichts, und Rembrandt der Maler des Dunkels genannt.
Sehr treffend.

— Die Eisenbahnen als Beförderer der deutschen dramatischen
Literatur. Ist dies nicht ein närrischer Titel für einen Aufsatz ? Aber
es ließe sich ein prächtiges Feuilleton darüber schreiben. Ohne die
Eisenbahn würde manches neue Stück unausgeführt geblieben^ sein.
Unsere Theaterdirectoren zu einem Schritt zu bewegen, bedarf es ei¬
ner Dampfmaschine. Gutzkow geht nach Berlin, um Zopf und
Schwert durchzusetzen. Laube reist nach Berlin, um über den Struen-
see Verhaltungsmaßregeln zu geben. Prutz betreibt dort die Auffüh¬
rung seines Moritz von Sachsen. Der Redacteur dieser Blätter hatte
drei Jahre ein von der Berliner Bühne angenommenes Stück dort
müßig liegen. Erst als er sich auf die Eisenbahn setzte, um selbst
dort zuzuschauen, legte man die Hand an's Werk. Wer nimmt sich
der dramatischen Autoren an, die entfernt von der Eisenbahn leben
und ihr Talent verkümmert sehen, weil sie den gestrengen Herrn Di-
rectoren nicht persönlich ihr Manuscript unter die Nase halten können?

— Der Schwanenorden wird in der Zeitungspresse bald die
Rolle einer zweiten Seeschlange spielen. Wir dachten, er sei bereits
an den Nagel gehängt und mehrere Anzeichen ließen mit Recht schlie¬
ßen, daß diese weder bei Katholiken noch bei Protestanten beliebte
Restauration im Stillen einschlafen werde; aber was sollte die schnar¬
rende Zukunftstrompete aus Berlin melden, gäbe es nicht glücklicher
Weise Schwanenorden, Sonntagsfeier und andere/mehr in's Theolo¬
gische als Politische schlagende Staatsereignisse? So heißt es denn
jeden Augenblick: „Die Statuten des Schwanenordens sollen nur noch
einmal berathen und dann veröffentlicht werden." — Gottlob, nun
sind wir ruhig. Dann wieder: „Man behauptet, der Schwanenorden
gehe einer neuen Organisation entgegen.,. Auch gut. Oder: „Die
Statuten des Schwanenordens sind in Revision begriffen." Waren
sie schon in Eorrectur? Merkwürdig bleibt es, daß die neuen Berliner
Wirren und Wehen sammt und sonders sich um's Ministerium der
geistlichen Angelegenheiten drehen. Auch die Studentenuntersuchungen,
Professorenabsetzungen :c. gehen ja vom geistlichen Ministerium aus.
O großer Friedrich!




Bcrlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kurauda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0488] Artikel der Review ist mit Ruhe und liebenswürdiger Eleganz ge¬ schrieben. — In einem vor Kurzem erschienenen Werke von l)r. Rath¬ geber (Annalen der niederländischen Malerei :c.) wird Rubens der Maler des Lichts, und Rembrandt der Maler des Dunkels genannt. Sehr treffend. — Die Eisenbahnen als Beförderer der deutschen dramatischen Literatur. Ist dies nicht ein närrischer Titel für einen Aufsatz ? Aber es ließe sich ein prächtiges Feuilleton darüber schreiben. Ohne die Eisenbahn würde manches neue Stück unausgeführt geblieben^ sein. Unsere Theaterdirectoren zu einem Schritt zu bewegen, bedarf es ei¬ ner Dampfmaschine. Gutzkow geht nach Berlin, um Zopf und Schwert durchzusetzen. Laube reist nach Berlin, um über den Struen- see Verhaltungsmaßregeln zu geben. Prutz betreibt dort die Auffüh¬ rung seines Moritz von Sachsen. Der Redacteur dieser Blätter hatte drei Jahre ein von der Berliner Bühne angenommenes Stück dort müßig liegen. Erst als er sich auf die Eisenbahn setzte, um selbst dort zuzuschauen, legte man die Hand an's Werk. Wer nimmt sich der dramatischen Autoren an, die entfernt von der Eisenbahn leben und ihr Talent verkümmert sehen, weil sie den gestrengen Herrn Di- rectoren nicht persönlich ihr Manuscript unter die Nase halten können? — Der Schwanenorden wird in der Zeitungspresse bald die Rolle einer zweiten Seeschlange spielen. Wir dachten, er sei bereits an den Nagel gehängt und mehrere Anzeichen ließen mit Recht schlie¬ ßen, daß diese weder bei Katholiken noch bei Protestanten beliebte Restauration im Stillen einschlafen werde; aber was sollte die schnar¬ rende Zukunftstrompete aus Berlin melden, gäbe es nicht glücklicher Weise Schwanenorden, Sonntagsfeier und andere/mehr in's Theolo¬ gische als Politische schlagende Staatsereignisse? So heißt es denn jeden Augenblick: „Die Statuten des Schwanenordens sollen nur noch einmal berathen und dann veröffentlicht werden." — Gottlob, nun sind wir ruhig. Dann wieder: „Man behauptet, der Schwanenorden gehe einer neuen Organisation entgegen.,. Auch gut. Oder: „Die Statuten des Schwanenordens sind in Revision begriffen." Waren sie schon in Eorrectur? Merkwürdig bleibt es, daß die neuen Berliner Wirren und Wehen sammt und sonders sich um's Ministerium der geistlichen Angelegenheiten drehen. Auch die Studentenuntersuchungen, Professorenabsetzungen :c. gehen ja vom geistlichen Ministerium aus. O großer Friedrich! Bcrlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kurauda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/488>, abgerufen am 29.06.2024.