Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

und zwar im Namen jenes schwedischen Bedrückers und Erbfein¬
des von Rom. Ist das nicht Hochverrath? Heißt dies nicht den
dreißigjährigen Krieg aus dem Grabe wecken? Wie, wenn die Baiern
einen Tilly verein gründeten, -- und Tilly war doch ein Deutscher,
seine Verwüstungen und Mordbrennereien in Deutschland waren
doch wenigstens national. Nachdem der bairische Verfechter der deut¬
schen Einheit diese Seite der Gustav-Adolphvereinsfrage richtig erle¬
digt hat, reißt er endlich dem protestantischen Vereine ganz die Larve
ab. Dieser Verein ist nichts Geringeres als eine Carbonariverschwörung,
ein revolutionärer Bund, um Thron und Altar zu stürzen und alle
möglichen Gräuel über das conservative Deutschland zu bringen. Mögen
sich die Könige von Preußen und Württemberg wegen ihrer Bethei¬
ligung an diesem Himmelsstürmerclub rechtfertigen, wenn sie können;
mögen sie sich reinigen von dem schweren Verdacht der heimlichen
Demagogie und des Sansculottenthums, der von nun an auf ihnen
lastet. Diese Entdeckung und diese Anklage werden nicht ohne Folgen
sein; denn es wird sich nun fragen, ob man den Protestantismus, bei
seiner Hinneigung zu solchen Umtrieben, überhaupt noch dulden soll
in Deutschland! Am wenigsten übrigens hatte man sich solcher Hin¬
terlist von der preußischen Regierung versehen, die doch seit dem Jahre
1840 dem katholischen Deutschland solche Bürgschaften der Ruhe und
der Ordnung gab und dafür so unbegrenztes Vertrauen erntete. Das
ist nun der Dank! --




II.
Notizen.

Halle'scher Löwentrotz, gezähmt! -- Schelling ein Rabbiner. -- Ein deutscher
Professor an O'Connell. -- Die polnischen Emigranten.-- Bernadotte'ö Tod.--
Erklärung der Emilie Carien. -- Politische Poesie. -- Gcsangbuchspoesic.

-- Ein Studirender in Halle beabsichtigte eine Studentenzeitung
herauszugeben, die eine Vertretung des redlichen Willens der deut¬
schen Studentenschaft, zugleich aber gegen verschiedene Einseitigkeiten
und Abstraktionen, die bei den sonst so erfreulichen Bestrebungen der
akademischen Jugend sich geltend machen, gerichtet sein sollte. Der
junge Mann hatte noch keinen Verleger, aber schon eine Untersuchung
auf dem Halse. Ein Buchhändler, mit dem er über das Project --
gesprochen, bekam polizeilichen Besuch und wurde, als er ausweichend
antwortete, vor dem Magistrat auf seinen Bürgereid befragt, ob ihm
ein solcher Antrag gemacht worden sei. Auf seine Aussage kam der
Student in Untersuchung -- wegen einer projectirten Zeitung, deren


und zwar im Namen jenes schwedischen Bedrückers und Erbfein¬
des von Rom. Ist das nicht Hochverrath? Heißt dies nicht den
dreißigjährigen Krieg aus dem Grabe wecken? Wie, wenn die Baiern
einen Tilly verein gründeten, — und Tilly war doch ein Deutscher,
seine Verwüstungen und Mordbrennereien in Deutschland waren
doch wenigstens national. Nachdem der bairische Verfechter der deut¬
schen Einheit diese Seite der Gustav-Adolphvereinsfrage richtig erle¬
digt hat, reißt er endlich dem protestantischen Vereine ganz die Larve
ab. Dieser Verein ist nichts Geringeres als eine Carbonariverschwörung,
ein revolutionärer Bund, um Thron und Altar zu stürzen und alle
möglichen Gräuel über das conservative Deutschland zu bringen. Mögen
sich die Könige von Preußen und Württemberg wegen ihrer Bethei¬
ligung an diesem Himmelsstürmerclub rechtfertigen, wenn sie können;
mögen sie sich reinigen von dem schweren Verdacht der heimlichen
Demagogie und des Sansculottenthums, der von nun an auf ihnen
lastet. Diese Entdeckung und diese Anklage werden nicht ohne Folgen
sein; denn es wird sich nun fragen, ob man den Protestantismus, bei
seiner Hinneigung zu solchen Umtrieben, überhaupt noch dulden soll
in Deutschland! Am wenigsten übrigens hatte man sich solcher Hin¬
terlist von der preußischen Regierung versehen, die doch seit dem Jahre
1840 dem katholischen Deutschland solche Bürgschaften der Ruhe und
der Ordnung gab und dafür so unbegrenztes Vertrauen erntete. Das
ist nun der Dank! —




II.
Notizen.

Halle'scher Löwentrotz, gezähmt! — Schelling ein Rabbiner. — Ein deutscher
Professor an O'Connell. — Die polnischen Emigranten.— Bernadotte'ö Tod.—
Erklärung der Emilie Carien. — Politische Poesie. — Gcsangbuchspoesic.

— Ein Studirender in Halle beabsichtigte eine Studentenzeitung
herauszugeben, die eine Vertretung des redlichen Willens der deut¬
schen Studentenschaft, zugleich aber gegen verschiedene Einseitigkeiten
und Abstraktionen, die bei den sonst so erfreulichen Bestrebungen der
akademischen Jugend sich geltend machen, gerichtet sein sollte. Der
junge Mann hatte noch keinen Verleger, aber schon eine Untersuchung
auf dem Halse. Ein Buchhändler, mit dem er über das Project —
gesprochen, bekam polizeilichen Besuch und wurde, als er ausweichend
antwortete, vor dem Magistrat auf seinen Bürgereid befragt, ob ihm
ein solcher Antrag gemacht worden sei. Auf seine Aussage kam der
Student in Untersuchung — wegen einer projectirten Zeitung, deren


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180167"/>
            <p xml:id="ID_1212" prev="#ID_1211"> und zwar im Namen jenes schwedischen Bedrückers und Erbfein¬<lb/>
des von Rom. Ist das nicht Hochverrath? Heißt dies nicht den<lb/>
dreißigjährigen Krieg aus dem Grabe wecken? Wie, wenn die Baiern<lb/>
einen Tilly verein gründeten, &#x2014; und Tilly war doch ein Deutscher,<lb/>
seine Verwüstungen und Mordbrennereien in Deutschland waren<lb/>
doch wenigstens national. Nachdem der bairische Verfechter der deut¬<lb/>
schen Einheit diese Seite der Gustav-Adolphvereinsfrage richtig erle¬<lb/>
digt hat, reißt er endlich dem protestantischen Vereine ganz die Larve<lb/>
ab. Dieser Verein ist nichts Geringeres als eine Carbonariverschwörung,<lb/>
ein revolutionärer Bund, um Thron und Altar zu stürzen und alle<lb/>
möglichen Gräuel über das conservative Deutschland zu bringen. Mögen<lb/>
sich die Könige von Preußen und Württemberg wegen ihrer Bethei¬<lb/>
ligung an diesem Himmelsstürmerclub rechtfertigen, wenn sie können;<lb/>
mögen sie sich reinigen von dem schweren Verdacht der heimlichen<lb/>
Demagogie und des Sansculottenthums, der von nun an auf ihnen<lb/>
lastet. Diese Entdeckung und diese Anklage werden nicht ohne Folgen<lb/>
sein; denn es wird sich nun fragen, ob man den Protestantismus, bei<lb/>
seiner Hinneigung zu solchen Umtrieben, überhaupt noch dulden soll<lb/>
in Deutschland! Am wenigsten übrigens hatte man sich solcher Hin¬<lb/>
terlist von der preußischen Regierung versehen, die doch seit dem Jahre<lb/>
1840 dem katholischen Deutschland solche Bürgschaften der Ruhe und<lb/>
der Ordnung gab und dafür so unbegrenztes Vertrauen erntete. Das<lb/>
ist nun der Dank! &#x2014;</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> II.<lb/>
Notizen.</head><lb/>
            <note type="argument"> Halle'scher Löwentrotz, gezähmt! &#x2014; Schelling ein Rabbiner. &#x2014; Ein deutscher<lb/>
Professor an O'Connell. &#x2014; Die polnischen Emigranten.&#x2014; Bernadotte'ö Tod.&#x2014;<lb/>
Erklärung der Emilie Carien. &#x2014; Politische Poesie. &#x2014; Gcsangbuchspoesic.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1213" next="#ID_1214"> &#x2014; Ein Studirender in Halle beabsichtigte eine Studentenzeitung<lb/>
herauszugeben, die eine Vertretung des redlichen Willens der deut¬<lb/>
schen Studentenschaft, zugleich aber gegen verschiedene Einseitigkeiten<lb/>
und Abstraktionen, die bei den sonst so erfreulichen Bestrebungen der<lb/>
akademischen Jugend sich geltend machen, gerichtet sein sollte. Der<lb/>
junge Mann hatte noch keinen Verleger, aber schon eine Untersuchung<lb/>
auf dem Halse. Ein Buchhändler, mit dem er über das Project &#x2014;<lb/>
gesprochen, bekam polizeilichen Besuch und wurde, als er ausweichend<lb/>
antwortete, vor dem Magistrat auf seinen Bürgereid befragt, ob ihm<lb/>
ein solcher Antrag gemacht worden sei. Auf seine Aussage kam der<lb/>
Student in Untersuchung &#x2014; wegen einer projectirten Zeitung, deren</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0454] und zwar im Namen jenes schwedischen Bedrückers und Erbfein¬ des von Rom. Ist das nicht Hochverrath? Heißt dies nicht den dreißigjährigen Krieg aus dem Grabe wecken? Wie, wenn die Baiern einen Tilly verein gründeten, — und Tilly war doch ein Deutscher, seine Verwüstungen und Mordbrennereien in Deutschland waren doch wenigstens national. Nachdem der bairische Verfechter der deut¬ schen Einheit diese Seite der Gustav-Adolphvereinsfrage richtig erle¬ digt hat, reißt er endlich dem protestantischen Vereine ganz die Larve ab. Dieser Verein ist nichts Geringeres als eine Carbonariverschwörung, ein revolutionärer Bund, um Thron und Altar zu stürzen und alle möglichen Gräuel über das conservative Deutschland zu bringen. Mögen sich die Könige von Preußen und Württemberg wegen ihrer Bethei¬ ligung an diesem Himmelsstürmerclub rechtfertigen, wenn sie können; mögen sie sich reinigen von dem schweren Verdacht der heimlichen Demagogie und des Sansculottenthums, der von nun an auf ihnen lastet. Diese Entdeckung und diese Anklage werden nicht ohne Folgen sein; denn es wird sich nun fragen, ob man den Protestantismus, bei seiner Hinneigung zu solchen Umtrieben, überhaupt noch dulden soll in Deutschland! Am wenigsten übrigens hatte man sich solcher Hin¬ terlist von der preußischen Regierung versehen, die doch seit dem Jahre 1840 dem katholischen Deutschland solche Bürgschaften der Ruhe und der Ordnung gab und dafür so unbegrenztes Vertrauen erntete. Das ist nun der Dank! — II. Notizen. Halle'scher Löwentrotz, gezähmt! — Schelling ein Rabbiner. — Ein deutscher Professor an O'Connell. — Die polnischen Emigranten.— Bernadotte'ö Tod.— Erklärung der Emilie Carien. — Politische Poesie. — Gcsangbuchspoesic. — Ein Studirender in Halle beabsichtigte eine Studentenzeitung herauszugeben, die eine Vertretung des redlichen Willens der deut¬ schen Studentenschaft, zugleich aber gegen verschiedene Einseitigkeiten und Abstraktionen, die bei den sonst so erfreulichen Bestrebungen der akademischen Jugend sich geltend machen, gerichtet sein sollte. Der junge Mann hatte noch keinen Verleger, aber schon eine Untersuchung auf dem Halse. Ein Buchhändler, mit dem er über das Project — gesprochen, bekam polizeilichen Besuch und wurde, als er ausweichend antwortete, vor dem Magistrat auf seinen Bürgereid befragt, ob ihm ein solcher Antrag gemacht worden sei. Auf seine Aussage kam der Student in Untersuchung — wegen einer projectirten Zeitung, deren

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/454
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/454>, abgerufen am 22.12.2024.