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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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te'6 persönliche Angelegenheiten litten während seiner ministeriellen
Laufbahn. Seine Finanzverhältnisse verlangten seine ganze Aufmerk¬
samkeit; vergebens kaufte ihm der König für zehn Millionen den
Wald von Breteuil ab und gab seine Garantie bei der Bank für
eine Anleihe von sechs Millionen; als Laffitte aufhörte, Minister zu
sein, war er finanziell ruinirt.

Die Julirevolution hatte seinem Credit schon einen schweren
Schlag gegeben; sein Eintritt in die ministerielle Laufbahn, wodurch
er gezwungen wurde, die Leitung seines Geschäftes aufzugeben, voll^
endete seinen Sturz. Als Depositär bedeutender Summen sah er
sich jetzt plötzlich um deren Auszahlung gedrängt. Seit 1818 hatte
er seine Kasse erschöpft, und um den Pariser Handel zu retten, der
Bank sechs Millionen vorgeschossen. Nach den Juliereignissen stellte
er abermals seine Kasse zur Disposition der provisorischen Regierung;
jeder vermeintliche oder wirkliche Unglückliche griff mit vollen Händen
sinum; die finanzielle Krisis erschöpfte sie vollends. In dieser trau¬
riger Lage widmete sich Laffitte ganz der Liquidation seiner Geschäfte;
er bezahlte fünfzig Millionen, indem er alle seine Güter verkaufte,
und um die Bank zu befriedigen, bot er sein Hütel aus. Aber
Frankreich wollte nicht, daß das erste Asyl der Julirevolution unter
den Hammer des Auktionators falle, und eine Nationalsubscription
gab Laffitte den Besitz seines Hütels wieder.

As Laffitte in der ersten Kammersitzung nach dem Zusammen¬
treten les Ministeriums Perier vergeblich als Candidat der Präsi¬
dentschaft auftrat, nahm er seinen Platz aus den Bänken der Oppo¬
sition, b'kämpfte mit Reden und Abstimmungen alle energischen Ma߬
regeln der Verwaltung vom 13. März, unterzeichnete später das
Compte tendu, und nahm am 5. und 6. Juli Theil an den Depu¬
tationen, reiche dem König seiner Wahl die Beschwerden der Oppo¬
sition vorbgen sollten; an einem schönen Tage endlich trat er, erbit¬
tert vom Mißgeschick, auf die Tribüne und bat Gott und die Men¬
schen feierlich wegen seines Antheils ein der Jultrevolution um Ver¬
zeihung.

Seitdem, obgleich immer noch unermüdlich in den Reiben der
Opposition sümpfend, ist Laffitte zu den anfänglichen Arbeiten seines
Lebens zurükgekehrt; aber wie er unter der Restauration den öffent¬
lichen Credit gründete, so gründet er jetzt den privaten; er hat seine


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te'6 persönliche Angelegenheiten litten während seiner ministeriellen
Laufbahn. Seine Finanzverhältnisse verlangten seine ganze Aufmerk¬
samkeit; vergebens kaufte ihm der König für zehn Millionen den
Wald von Breteuil ab und gab seine Garantie bei der Bank für
eine Anleihe von sechs Millionen; als Laffitte aufhörte, Minister zu
sein, war er finanziell ruinirt.

Die Julirevolution hatte seinem Credit schon einen schweren
Schlag gegeben; sein Eintritt in die ministerielle Laufbahn, wodurch
er gezwungen wurde, die Leitung seines Geschäftes aufzugeben, voll^
endete seinen Sturz. Als Depositär bedeutender Summen sah er
sich jetzt plötzlich um deren Auszahlung gedrängt. Seit 1818 hatte
er seine Kasse erschöpft, und um den Pariser Handel zu retten, der
Bank sechs Millionen vorgeschossen. Nach den Juliereignissen stellte
er abermals seine Kasse zur Disposition der provisorischen Regierung;
jeder vermeintliche oder wirkliche Unglückliche griff mit vollen Händen
sinum; die finanzielle Krisis erschöpfte sie vollends. In dieser trau¬
riger Lage widmete sich Laffitte ganz der Liquidation seiner Geschäfte;
er bezahlte fünfzig Millionen, indem er alle seine Güter verkaufte,
und um die Bank zu befriedigen, bot er sein Hütel aus. Aber
Frankreich wollte nicht, daß das erste Asyl der Julirevolution unter
den Hammer des Auktionators falle, und eine Nationalsubscription
gab Laffitte den Besitz seines Hütels wieder.

As Laffitte in der ersten Kammersitzung nach dem Zusammen¬
treten les Ministeriums Perier vergeblich als Candidat der Präsi¬
dentschaft auftrat, nahm er seinen Platz aus den Bänken der Oppo¬
sition, b'kämpfte mit Reden und Abstimmungen alle energischen Ma߬
regeln der Verwaltung vom 13. März, unterzeichnete später das
Compte tendu, und nahm am 5. und 6. Juli Theil an den Depu¬
tationen, reiche dem König seiner Wahl die Beschwerden der Oppo¬
sition vorbgen sollten; an einem schönen Tage endlich trat er, erbit¬
tert vom Mißgeschick, auf die Tribüne und bat Gott und die Men¬
schen feierlich wegen seines Antheils ein der Jultrevolution um Ver¬
zeihung.

Seitdem, obgleich immer noch unermüdlich in den Reiben der
Opposition sümpfend, ist Laffitte zu den anfänglichen Arbeiten seines
Lebens zurükgekehrt; aber wie er unter der Restauration den öffent¬
lichen Credit gründete, so gründet er jetzt den privaten; er hat seine


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[0451] te'6 persönliche Angelegenheiten litten während seiner ministeriellen Laufbahn. Seine Finanzverhältnisse verlangten seine ganze Aufmerk¬ samkeit; vergebens kaufte ihm der König für zehn Millionen den Wald von Breteuil ab und gab seine Garantie bei der Bank für eine Anleihe von sechs Millionen; als Laffitte aufhörte, Minister zu sein, war er finanziell ruinirt. Die Julirevolution hatte seinem Credit schon einen schweren Schlag gegeben; sein Eintritt in die ministerielle Laufbahn, wodurch er gezwungen wurde, die Leitung seines Geschäftes aufzugeben, voll^ endete seinen Sturz. Als Depositär bedeutender Summen sah er sich jetzt plötzlich um deren Auszahlung gedrängt. Seit 1818 hatte er seine Kasse erschöpft, und um den Pariser Handel zu retten, der Bank sechs Millionen vorgeschossen. Nach den Juliereignissen stellte er abermals seine Kasse zur Disposition der provisorischen Regierung; jeder vermeintliche oder wirkliche Unglückliche griff mit vollen Händen sinum; die finanzielle Krisis erschöpfte sie vollends. In dieser trau¬ riger Lage widmete sich Laffitte ganz der Liquidation seiner Geschäfte; er bezahlte fünfzig Millionen, indem er alle seine Güter verkaufte, und um die Bank zu befriedigen, bot er sein Hütel aus. Aber Frankreich wollte nicht, daß das erste Asyl der Julirevolution unter den Hammer des Auktionators falle, und eine Nationalsubscription gab Laffitte den Besitz seines Hütels wieder. As Laffitte in der ersten Kammersitzung nach dem Zusammen¬ treten les Ministeriums Perier vergeblich als Candidat der Präsi¬ dentschaft auftrat, nahm er seinen Platz aus den Bänken der Oppo¬ sition, b'kämpfte mit Reden und Abstimmungen alle energischen Ma߬ regeln der Verwaltung vom 13. März, unterzeichnete später das Compte tendu, und nahm am 5. und 6. Juli Theil an den Depu¬ tationen, reiche dem König seiner Wahl die Beschwerden der Oppo¬ sition vorbgen sollten; an einem schönen Tage endlich trat er, erbit¬ tert vom Mißgeschick, auf die Tribüne und bat Gott und die Men¬ schen feierlich wegen seines Antheils ein der Jultrevolution um Ver¬ zeihung. Seitdem, obgleich immer noch unermüdlich in den Reiben der Opposition sümpfend, ist Laffitte zu den anfänglichen Arbeiten seines Lebens zurükgekehrt; aber wie er unter der Restauration den öffent¬ lichen Credit gründete, so gründet er jetzt den privaten; er hat seine 58»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/451>, abgerufen am 29.06.2024.