Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.und mit keinen anderen Bundesgenossen, als der Propaganda und Der Prozeß des Ministeriums Polignac sollte bald zur Verhand¬ Vor der Kammer sprach Laffitte sich selbst über seine Abweichun¬ Aus diesem Programm geht hervor, daß das Ministerium Laf¬ Aber weil Laffitte Alle zufrieden stellen wollte, befriedigte er Kei¬ Grenzl'öde" 1"^'-!- >- 58
und mit keinen anderen Bundesgenossen, als der Propaganda und Der Prozeß des Ministeriums Polignac sollte bald zur Verhand¬ Vor der Kammer sprach Laffitte sich selbst über seine Abweichun¬ Aus diesem Programm geht hervor, daß das Ministerium Laf¬ Aber weil Laffitte Alle zufrieden stellen wollte, befriedigte er Kei¬ Grenzl'öde» 1«^'-!- >- 58
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0449" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180162"/> <p xml:id="ID_1194" prev="#ID_1193"> und mit keinen anderen Bundesgenossen, als der Propaganda und<lb/> der Marseillaise. Auf der anderen Seite standen kältere Männer<lb/> mit tiefblickenden Geiste und gebieterischer Energie wie Mol«-, de<lb/> Broglic, Guizot, denen jede Revolution ein Zufall ist, den man sich<lb/> beeilen muß zu regeln. Sie erstrebten nichts Geringeres, als die<lb/> angeschwollene Fluth sogleich wieder in ihr altes Bett zuleiten, anstatt den<lb/> tobenden Wogen ein neues anzuweisen. Das Werk war schwer und,<lb/> den Zeiten und Personen gegenüber, fast unmöglich. Die gemäßigte<lb/> und doch unpopuläre Partei des Ministeriums mußte sich zurückziehen;<lb/> ihre Stunde war noch nicht gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1195"> Der Prozeß des Ministeriums Polignac sollte bald zur Verhand¬<lb/> lung kommen; man brauchte einen populären Namen, um den blut¬<lb/> gierigen Forderungen des großen Haufens auszuweichen; Laffitte<lb/> wurde am 3. November Präsident des Conseils.</p><lb/> <p xml:id="ID_1196"> Vor der Kammer sprach Laffitte sich selbst über seine Abweichun¬<lb/> gen von der früheren Administration wie folgt, aus: Alle Welt weiß,<lb/> daß die Julirevolution'sich in gewissen Grenzen halten mußte, daß man<lb/> Europa mit ihr versöhnen mußte, indem man mit ihrer Würde eine stand¬<lb/> hafte Mäßigung verband. Ueber diesen Punkt waren wir einig, da nur<lb/> verständige Männer im Conseil sich befanden. Aber es war Unei¬<lb/> nigkeit darüber, wie die Revolution zu würdigen und zu leiten sei;<lb/> man glaubte nicht, daß sie so bald zur Monarchie ausarten dürfe,<lb/> daß man sich so bald gegen sie werde schützen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1197"> Aus diesem Programm geht hervor, daß das Ministerium Laf¬<lb/> fitte sich zugleich auf die Neuerer wie auf die Konservativen stützen<lb/> wollte. Es war ein wahres ^ufte milieu zwischen dem Fortschritt<lb/> und dem Status ano, zwischen der Polizei und der Propaganda.</p><lb/> <p xml:id="ID_1198" next="#ID_1199"> Aber weil Laffitte Alle zufrieden stellen wollte, befriedigte er Kei¬<lb/> nen, und seine Stellung der Kammer gegenüber wurde von Tag zu<lb/> Tag schwieriger. Die Linke beklagte sich bald, daß man sie mit<lb/> Knauserei behandle, und warf Laffitte's Communalgesetz, welches dem<lb/> König die Finanzen der Municipalitäten gab, Illiberalität vor. Sie<lb/> brandmarkte mit dem Namen I» 6o»xivmv loi 6s l'amour das Ge¬<lb/> setz über die Preßvergehen, welches seitdem durch strengere Verfügun¬<lb/> gen ersetzt worden ist, und welches damals unter dem Vorwand, das<lb/> Rechtsverfahren abzukürzen, dem Angeklagten die Garantie einer ersten<lb/> Instanz entzog, indem sie den Kammern das Recht nahm, über die</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig"> Grenzl'öde» 1«^'-!- >- 58</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0449]
und mit keinen anderen Bundesgenossen, als der Propaganda und
der Marseillaise. Auf der anderen Seite standen kältere Männer
mit tiefblickenden Geiste und gebieterischer Energie wie Mol«-, de
Broglic, Guizot, denen jede Revolution ein Zufall ist, den man sich
beeilen muß zu regeln. Sie erstrebten nichts Geringeres, als die
angeschwollene Fluth sogleich wieder in ihr altes Bett zuleiten, anstatt den
tobenden Wogen ein neues anzuweisen. Das Werk war schwer und,
den Zeiten und Personen gegenüber, fast unmöglich. Die gemäßigte
und doch unpopuläre Partei des Ministeriums mußte sich zurückziehen;
ihre Stunde war noch nicht gekommen.
Der Prozeß des Ministeriums Polignac sollte bald zur Verhand¬
lung kommen; man brauchte einen populären Namen, um den blut¬
gierigen Forderungen des großen Haufens auszuweichen; Laffitte
wurde am 3. November Präsident des Conseils.
Vor der Kammer sprach Laffitte sich selbst über seine Abweichun¬
gen von der früheren Administration wie folgt, aus: Alle Welt weiß,
daß die Julirevolution'sich in gewissen Grenzen halten mußte, daß man
Europa mit ihr versöhnen mußte, indem man mit ihrer Würde eine stand¬
hafte Mäßigung verband. Ueber diesen Punkt waren wir einig, da nur
verständige Männer im Conseil sich befanden. Aber es war Unei¬
nigkeit darüber, wie die Revolution zu würdigen und zu leiten sei;
man glaubte nicht, daß sie so bald zur Monarchie ausarten dürfe,
daß man sich so bald gegen sie werde schützen müssen.
Aus diesem Programm geht hervor, daß das Ministerium Laf¬
fitte sich zugleich auf die Neuerer wie auf die Konservativen stützen
wollte. Es war ein wahres ^ufte milieu zwischen dem Fortschritt
und dem Status ano, zwischen der Polizei und der Propaganda.
Aber weil Laffitte Alle zufrieden stellen wollte, befriedigte er Kei¬
nen, und seine Stellung der Kammer gegenüber wurde von Tag zu
Tag schwieriger. Die Linke beklagte sich bald, daß man sie mit
Knauserei behandle, und warf Laffitte's Communalgesetz, welches dem
König die Finanzen der Municipalitäten gab, Illiberalität vor. Sie
brandmarkte mit dem Namen I» 6o»xivmv loi 6s l'amour das Ge¬
setz über die Preßvergehen, welches seitdem durch strengere Verfügun¬
gen ersetzt worden ist, und welches damals unter dem Vorwand, das
Rechtsverfahren abzukürzen, dem Angeklagten die Garantie einer ersten
Instanz entzog, indem sie den Kammern das Recht nahm, über die
Grenzl'öde» 1«^'-!- >- 58
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |